Ex_Machina

Ex_Machina“ von Alex Garland (B + R; GB 2014; K: Rob Hardy; M: Ben Salisbury, Geoff Barrow; 108 Minuten; Start D: 23.04.2015); was für ein Gegensatz – zum auch in dieser Woche startenden Großprojekt „Avengers 2“. Hier wie dort lautet das Thema: Künstliche Intelligenz. Aber welcher Machart-Unterschied. Dort klotzend, hier hintergründig. Elegant. Den Kopf, das Mitdenken, einbeziehend. Wie phantastisch.

Alex, bitte wer? ALEX GARLAND. 1970 in London geboren. Bisher als Schriftsteller („The Beach“), Drehbuch-Autor („28 Days Later“) und Produzent („Never Let Me Go“ = “Alles, was wir geben mussten“) bekannt. „Ex_Machina“ ist sein erster eigener Film. Der Titel bezieht sich auf den lateinischen Ausspruch „Deus ex machina“, was übersetzt zusammengefasst bedeutet: „Gott aus der Maschine“. Das gegenwärtige Viel-Thema im Kino: Kann es passieren, also dann sein, dass eine von Menschen erfundene Maschine zum „Menschen“ mutiert? Über die Jahrzehnte wurde diese Frage oft filmisch praktiziert, von „Metropolis“/1927 bis „Blade Runner“, beim Blockbuster „Terminator“ und neulich beim intelligenten „Her“ sowie, außerordentlich faszinierend, kürzlich in dem überragenden Streifen „Chappie“ von Neil Blomkamp.

„Ex_Machina“ setzt diese Praxis spannend fort.
Bald. In naher Zukunft. Der Typ heißt Caleb (DOMHNALL GLEESON), ist 24, erfolgreicher Web-Programmierer und freut sich einen Ast, einen firmeninternen Wettbewerb gewonnen zu haben. Schließlich darf er eine Woche in dem abgelegenen Haus seines Chefs in den Bergen von Alaska verbringen. Bei dem exzentrischen wie öffentlichkeitsscheuen Internet-Mogul Nathan (OSCAR ISAAC, gerade noch im Kino in „A Most Violent Year“ brillierend). Dessen „Hütte“ sich als architektonisches Kühl- und Wunder-Produkt erweist – eine in die umgebenden Felsen flach eingebundene, mit durchgehenden Glaswänden ausgestattete, hermetisch abgeriegelte, klimageschützte Villa. Die Exzentrik des Macho-Maestros widerspiegelnd. Um Caleb sogleich für seine Forschungszwecke einzuspannen. Der schüchterne Nerd und das protzende Alpha-Tier. Nathan hat die attraktive Ava erfunden. „Gestaltet“. Ein Roboter-Mädel. Für seine (Sex-)Zwecke. Und keineswegs, wie er selbstgefällig vorgibt, als Nützlichkeit für die Menschheit. Der große Nathan ist sich aber nicht sicher, ob sie wirklich „existiert“. Denkt. Fühlt. IST. Wie es scheint. Also soll Caleb dies herausbekommen. Sie, die Androidin, quasi geschickt testen. In ihrem Glaskasten. Ist tatsächlich ein eigenes Bewusstsein vorhanden? Oder „spielt“ Ava dies nur. So wie sie mit Caleb rein-flirtet. Was ihn zunehmend irritiert. Und unerwartete Gefühle freisetzt. Was die überschaubare Gemeinschaft hier in emotionale wie gedankliche Wallungen bringt. Und verblüffende Bewegungen.

Ein feines, hintergründiges, clever gestaltetes Kammerspiel. Als Fantasy- und Fiction-Denk-Hit. Mit coolem Real-Geschmack. Schöpfer und Kreatur: Der reiche Mensch bastelt an “menschlichem Spielzeug” und wird dann völlig überrascht. Überrumpelt. Von seiner Erfindung. Und der Wirkung. Während „das Wesen“ ihr „eigenes Ding“ durchzieht. Mittendrin im Schlagabtausch: Der staunende Lehrling. Von allen manipuliert. Der Fortschrittsgläubige mutiert zum Erlebnis-Bruder Aha.
Was denn nun also? Künstliche Intelligenz ja oder nein? Wie wäre es, wenn wir vielleicht auf mehr „irdische Intelligenz“ zunächst setzen würden? Lautet eine der vielen Empfindungen, die bei der Begleitung dieses meisterhaft-atmosphärischen Spannungswerks auftauchen. Bei dem die exquisite Bildgestaltung, mit diesen imposanten Lichtwechseln (vom angesagten britischen Kamera-As ROB HARDY), zwischen prächtiger Naturkulisse und dem kalten High Tech-Kontrast, sich enorm in die Augen-Haut pult. Erstklassig emotionalisiert.
Das kleine Ensemble wirkt prächtig und clever: Oscar Isaac („Inside Llewyn Davis“) lässt den Exzentriker mit Fassade vorzüglich posaunen; die wunderschöne schwedische Schauspielerin und Tänzerin ALICIA VIKANDER („Die Königin und ihr Leibarzt“) hält ebenbürtig mit. Und superb dagegen. Während der 31jährige Domhnall Gleeson, der älteste Sohn des irischen Hühnen-Stars Brendan Gleeson, mental aus dem Häuschen-Staunen und irritierendem Erleben gar nicht mehr herauskommt. Zumal ja auch noch Nathans stumme Dienerin Kyoko (SONOYA MIZUNO) hin und wieder auftaucht und für weitere interessante „Gleichgewichtsstörungen“ sorgt.

Wir werden immer mehr machen, forschen, herstellen, aber dabei kann es durchaus sein, dass uns dies keineswegs zufriedener, glücklicher oder klüger macht. Sondern zu zerstörerischen Auswüchsen führt. Im Da-Sein mit Denken, Handeln, Fühlen. Und dem Ich.

Kubrick hätte an dem Psycho-Thriller „EX_MACHINA“ seine Freude gehabt; Polanski sollte der Film auch gefallen (= 4 ½ PÖNIs).

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