Europäischer Filmpreis

Kommentar zur Veranstaltung: EUROPÄISCHER FILMPREIS 1992

Ich muss zugeben, ich war skeptisch. Sehr skeptisch. Denn dreimal zuvor war die Veranstaltung um „FELIX“ den EUROPÄISCHEN FILMPREIS“ eher eine
Provinz-Posse. Zumal: Kennen Sie den italienischen Film “Porte Aperte“ von Gianni Amelio? Nein? Kein Wunder, ich auch nicht. Und doch hat dieser Film im vorigen Jahr in Glasgow den “Europäischen Preis“ als “bester Film des Jahres“ gewonnen. Was sonst bei solchen Anlässen ein streitbares Aha-Erlebnis ist, wird hier zur Fehlanzeige. Aber da bin ich bei Hollywood und dem jährlichen Trubel um die “Oscar“-Auszeichnungen. Von Anfang an hat man hier, in Europa, und ganz besonders in Berlin, den Fehler gemacht, zu sehr in Richtung Los Angeles zu schielen. Obwohl bestritten, waren doch die früheren Veranstaltungen um die „Europäischen FELIX-Filmpreise“ eher ein Hinterher hecheln Hollywoods. Das hat sich geändert. Erstmals versuchte man sich am letzten Sonntag in einer “Eigen“- Veranstaltung.

Bei der es längst nicht mehr so viele Pannen und Peinlichkeiten gab wie früher. Bei der ein durchdachtes Programm durchgezogen wurde, das sich durchaus auch international sehen lassen konnte. Natürlich: Fehltritte und Pannen eingeschlossen. Aber auch die gibt‘s in Hollywood zuhauf, nur sehen wir davon im “gereinigten“ Fernsehbild nichts mehr. Denn Hollywood ist der perfekte Verkäufer, wem es um die glitzernde Täuschung geht. Und kann natürlich auch mit Stars aufwarten, dass wir hier nur neidisch dreinblicken können. Doch bedenken wir: Während drüben nur eine Sprache gesprochen wird und auf eine funktionierende Industrie zurückgegriffen werden kann, rappeln wir uns hier in Europa erstmals etwas hoch. Mit den unterschiedlichsten Sprachen, den verschiedensten nationalen Interessen, mit neuem Selbstbewusstsein, das erst entwickelt werden und wachsen soll. Dafür allerdings war die Veranstaltung am vergangenen Sonntag okay. Die 4. Show war die bislang beste. Die beiden, mit Film sonst wenig am Hut habenden Moderatoren Desiree Nosbusch-Becker und Johannes Wilms hielten sich angenehm zurück. Namhafte Akteure wie Wim Wenders, Marcel Carné oder Bernardo Bertolucci gaben sich die Ehre. Man spürte: Erstmals steht wirklich Engagement dahinter, nicht nur Gekicher und Gefasel. Da sind Bemühungen um eine europäische Film-Identität im Gange, tatsächlich. Und dass die keine leeren Versprechungen sind, belegen erstmals die beiden hauptpreisgekrönten Filme: “TOTO, DER HELD“ für den Nachwuchs und “RIFF-RAFF“ als Endprodukt. Mögen auch die Regisseure Jaco Van Dormäl und Ken Loach in weiten Kreisen unbekannt sein, bleiben werden sie es nun nicht mehr.

“Toto, der Held“ läuft gerade im Kino und “Riff-Raff“ startet am 2. Januar. Mag sich auch manch einer eine GALA anders vorstellen, weil andauernd Hollywood-Bilder vor seinem Auge ablaufen, für uns, für EUROPA, war das am letzten Sonntag schon “was“. Und dass die müden Leute im Parkett kaum mit ihrem Hintern und dem Beifall hochkommen, dafür können die Veranstalter nichts. Vielleicht sollte man mal andere “in die ersten Reihen“ setzen…?? Jedenfalls, die Berliner und Anhang waren gute, bemühte Gastgeber, man durfte aufhorchen und sich gut unterhalten lassen. Zu den Höhepunkten des Abends zählte für mich der Auftritt der amerikanischen Europäerin Glenn Close mit ihrem Partner Armin Mueller-Stahl. Ein glänzendes Paar mit klugen Worten.

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