EINSAM ZWEISAM

PÖNIs: (4/5)

„EINSAM ZWEISAM“ von Cédric Klapisch (Co-B + R; Fr/Belgien 2018; Co-B: Santiago Amigorena; K: Élodie Tahtane; M: Loic Dury, Christophe Minck; 110 Minuten; deutscher Kino-Start: 19.12.2019); ich sag’s ja – nimm ein – hier: junges – Kätzchen auf und Dir geht es sogleich besser. In Anspielung auf seine herzige Pariser Stadtteilstudie  „…und jeder sucht sein Kätzchen“ von 1996 lässt Cédric Klapisch den verschlossenen Rémy (FRANCOIS CIVIL) heute sichtbar aufblühen. Wie aber auch einst – entwischt die kleine Vierpfote. Was sich als Glücks(zu)fall herausstellen wird.

Der Reihe nach: CÉDRIC KLAPISCH, Jahrgang 1961, auch bei uns bekannt und geschätzt durch Werke wie „L´auberge espagnole“ (2002) und „L´auberge espagnole – Wiedersehen in St. Petersburg (2005) sowie „So ist Paris“ (2008/s. Kino-KRITIK) und „Mein Stück vom Kuchen“ (2008/s. Kino-KRITIK). Eigentlich geht es doch SO zu – ZWEI begegnen sich, lernen sich kennen. Und lieben. Happy End; Vorhang zu. Doch auch im Paris von heute geht es längst nicht mehr so romantisch zu. Wie einst. Heute flitzt man schon mal andauernd – unwissentlich natürlich – aneinander vorbei. Ehe man SICH entdeckt, muss erst ein Haufen Seelen- und anderer Alltagsmüll be- und verarbeitet werden. Er, Rémy, um die 30, hat damit Probleme, dass alle in seiner Firma, einem Online-Versand, entlassen wurden. Er dagegen wurde sogar befördert. Was bei ihm zu Gewissensbissen und Schlafstörungen und Panikattacken führt. Und beruflichem Ortswechsel. Während sein Beziehungsleben brach liegt. „Sie sind keineswegs verrückt“, erklärt ihm sein Therapeut.

Gleich nebenan, im Nachbar-Wohnhaus, lebt die gleichaltrige Mélanie (ANA GIRARDOT). Sie, Krebs-Forscherin in einem Labor, ist damit befasst, ihr tristes Beziehungsleben durch (desaströses) Online-Dating aufzufrischen. Doch wen beziehungsweise was sie dabei kennenlernt, ist, na ja, von zweifelhaftem Charme und Charakter. Mélanie ist gehemmt. Deprimiert. Fühlt sich von ihrer Umwelt missverstanden. Spricht sich wenigstens einmal in der Woche bei ihrer Therapeutin aus.

Zwei in der großen Stadt. Füreinander geschaffen, wie WIR das sehen, aber sich eben nicht – begegnend. Lange erzählt Cédric Klapisch, episodenhaft, von ihren mitunter ähnlichen Bemühungen, glücklicher zu sein, zu werden. Man kauft beim selben Lebensmittelhändler ein. Überquert täglich dieselbe Brücke. Fährt mit derselben Metro. „Trifft“ sich in derselben Apotheke. Manchmal sind es nur wenige Voneinander-Schritte, doch anscheinend soll es nicht sein. Dass man Notiz voneinander nimmt. Nehmen kann. Aber, so kriegt man den Eindruck, trennt man sich beiderseits so langsam aber sicher auch von dem vielen angehäuften Ballast der Vergangenheit. Die emotionalen Ausnahmezustände nehmen ab. Man kriegt mehr „Luft“ für die Gegenwart. Und: Da existiert ja auch noch dieses reizende Kätzchen.

Moderne Vereinsamung. Das (Zusammen-)Leben in Zeiten, wo soziale Medien dominieren. Der typische Klapisch-Blick auf die große urbane Stadt. Als „Organismus, der viele Anschlussmöglichkeiten bietet“ (= der schöne Satz wurde geklaut aus der aktuellen „epd film“-Kritik). Eigentlich. Mit diesem Kiez-Charme. Bei diesem sympathischen arabischen Lebensmittelhändler, der Kunden verhilft nur das zu kaufen, was sie wirklich benötigen.

Cédric Klapisch mag Menschen. Und diese Kleinigkeiten ihres Zusammen-Lebens. Die lapidaren beiläufigen Bewegungen. Er beobachtet diskret, aber nah diesem – erbärmlichen – Zeitgeist von selbst auferlegter Hektik. Beschreibt pointiert den Umgang mit Zufällen. Sein Gespür für atmosphärische Motive kitzelt. Ist anregend. „Deux moi“, „Zwei Ich“, ist ein Film, der nach einem Happy-End lächelnd „schreit“ (= 4 PÖNIs).

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