EIN MONSTER IN PARIS

Derzeit „protzt“ das französische Kino nur so mit hochinteressanter „Ware“. Selbst auf einem Genre-Spielplatz, der bislang zumeist von den USA und von Japan beherrscht wurde: Dem ANIMATIONSFILM. Aktuelles Beispiel ist die phantastische Produktion

EIN MONSTER IN PARIS“ von Eric „Bibo“ Bergeron (Co-B+R; Fr 2010; 90 Minuten; DVD-Veröffentlichung: 20.4.2012).

„Bibo“ Bergeron, geboren in Paris, wo er auch Kunst studierte. „Bibo“ ist beileibe kein Unbekannter im globalen Animations-Geschäft.1986 startete er seine Karriere, schuf anfangs Comic-Werbespots, war dann bei „Amblin Animation“ in London als Supervisor tätig („The Adventures of Pinocchio“; „The Goofy Movie“), war als Storyboard-Zeichner aktiv („Flutsch und weg“). War an vielen nationalen wie internationalen Animationsproduktionen beteiligt („Asterix“; „Feivel, der Mauswanderer“; „Bee Movie“). 1993 gründete er in Paris mit „Bibo Films“ sein eigenes Animationsstudio. Im Jahr 2000 war er als Co-Regisseur beim US-Studio „DreamWorks“ für die Animationsproduktion „Der Weg nach El Dorado“ verantwortlich. Ebenso dann 2004 bei dem weltweiten Animations-Hit „Shark Tale“, deutscher Titel: „Große Haie – Kleine Fische“.

Mit LUC BESSON als (namhaften) Mit-Produzenten schuf er nun seinen ersten „haus“-eigenen Animationsfilm, der mit einem feudalen Budget von rd. 28 Millionen EURO ausgestattet war, den in Frankreich im Vorjahr über 1,5 Millionen Kinobesucher gesehen haben und der hierzulande gleich als DVD-Uraufführung herausgekommen ist.

Thema: „Die Schöne und das Biest“, mit Charme-Anklängen an „Das Phantom der Oper“, auch ein wenig von „Der Glöckner von Notre Dame“ sowie „Tarzan & Jane“. Und „King Kong“. Auf süffisant „französisch“.
Im Paris von 1910 heißt es teilweise „Land unter“. Durch den strengen Schnee-Winter hat die Seine an vielen Stellen die Stadt überschwemmt. Was den – zuständigen – Polizei-Chef Maynott aber wenig stört. Schert. Er, dieser großmäulige, arrogante, opportunistische Schleim- und Pfau-Beutel, bastelt gerade an seiner Kandidatur als künftiger Bürgermeister von Paris. Lässt seine Mitarbeiter kreativ ermitteln, schuften, während er sich mit deren Eifer-Erfolgen rühmt. Eindeckt. Schließlich gilt es, ein „Monster“ in der Stadt aufzuspüren. Und „angemessen“ öffentlich zu vernichten. Was für eine „politische“ Marketing-Chance. Für diesen ebenso dussligen wie mächtigen Beamten.

Doch, „das Monster“ ist kein „richtiges“, ganz im Gegenteil. Es handelt sich vielmehr um ein ulkiges Missverständnis. Herbeigeführt durch Emile, einem schüchternen Kinofilmvorführer, und seinem Kumpel Raoul, einem draufgängerischen Zusteller, Spinner-Charmbolzen und Erfinder. Der seinen kleinen „geliebten“ Lieferwagen zärtlich Catherine nennt und nichts und niemanden ernst nimmt. Beide geraten bei einer Zustellung in das Labor eines verreisten Professors und „experimentieren“ dort ein wenig. Na ja, ein wenig mehr. Mit Erfolg. Denn aus dem kleinen Floh, der bislang „gemütlich“ im Fell vom Butler-Affen des Hauses lebte, wird nun eine ebenso imposante wie „schreckliche“ Kreatur. Von DER die Bürger bald „irritiert“ sind. Angst bekommen. Dabei ist sie doch die Sanftmut „in Groß-Person“.

Weitere weibliche Mitwirkende werden nun temperamentvoll mit-eingebunden: Die hübsche Kiosk-Verkäuferin Maud, in die sich Emile verguckt hat, sowie die wunderschöne, grünäugige Cabaret-Sängerin Lucille, mit ihrer reizenden Zahnlücke, so wie sie übrigens auch ihre französische Originalsprach- und Gesangsstimme VANESSA PARADIS besitzt. Die sich andauernd mit dem unverbesserlichen Raoul nach dem Motto verbal streitet: Was sich mag, das neckt sich. Zuerst. Andauernd. Hinter der attraktiven Lucille ist natürlich auch der fiese Polizeichef her, denn „mit solch Einer“ kann er sich schließlich überall „sehen lassen“. Doch die selbstbewusste Mademoiselle hat gerade „das liebe Monster“ heimlich unter ihre Fittiche genommen. Also bei sich versteckt. Nennt ihn Francoeur, also „Ehrliches Herz“, und polt dieses unschuldige, aber talentierte Bündel KK, also Künstler-Kreatur, zum Bühnen-Partner um. Denn „dieser Kerl“ vermag so etwas von toll Instrumente spielen und singen….. , was für eine Show! Doch der Polizei-Oberst lässt nicht locker. Will unter allen Umständen „den Feind“ vernichten. Es wird immer aufregender. Und köstlich verwunschener.

„Un monstre à Paris“ kommt etwas schwerfällig in die unterhaltsamen Puschen. Ist allerdings auch nicht so eine klebrige Süß-Posse á la Disney, bei der es nur darum geht, schnell die Figuren-Positionen vorzustellen, um dann fortan die patriotische Familienfahne hochzuziehen. Sondern – das Drehbuch des Regisseurs „Bibo“ Bergeron und seiner Co-Autorin Stéphane Kazandjian startet ruhig und ungewöhnlich sorgsam in die Geschichte. Führt uns „behutsam“ an die Figuren sowie ihre Positionen heran. Und in diese zauberhafte Geschichte hinein. Um dann aber unter der Führung von Animations-Direktor FABRICE JOUBERT loszulegen. Um in das volle emotionale Programm eines herrlich phantasievollen Abenteuer-Märchen-Trick-Spektakels zu greifen. Visuell brillant, musikalisch – mit den flotten Rhythmen von MATTHIEU CHEDID (der auch das sprechende und singende Monster gibt) – von ohrwürmig bis melancholisch. Mit vielen hübschen Ideen, Überraschungen. Wendungen. Sympathischen Frechheiten. Superspannenden (Eifelturm-)Motiven.
Ein magischer, faszinierender Trick-Zauber mit viel Sonnenblumen-Atmosphäre, steht auf meinem Zettel. Und, ACHTUNG, weil ungewöhnlich: Unbedingt auch den gesamten Nachspann absitzen. Es lohnt sich.

Schelmischer Poesie-Pop-pur. Mit dem Fazit, dass erstaunlicherweise auch Flöhe „ganz propere Wesen“ sein können. Besser als ihr Ruf sind. Wenn sie nur dürfen… beziehungsweise losgelassen werden. Im Heimkino.
„Ein Monster in Paris“ ist ein formidables, tolles DVD-Animations-Erlebnis für kleine wie große Kinder.
Was für ein brillanter Floh-Markt-Zauber! (= 4 1/2 PÖNIs).

Anbieter: „Universum Film“

 

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