Ein Geschenk der Götter Kritik

EIN GESCHENK DER GÖTTER“ von Oliver Haffner (B + R; D 2013; K: Kaspar Kaven; M: Franz Schubert; Klavier: Rudi Spring; 102 Minuten; Start D: 09.10.2014); von den vielen Filmen, die in dieser Woche neu in die Lichtspielhäuser kommen, hätte ich auf DEN eigentlich am Allerwenigsten gesetzt. Wie schön die einheimische Überraschung!

Neulich erst kam wieder die gesellschaftliche Diskussion auf, dass viele Berufsschauspieler in Deutschland sich am Existenzminimum befinden. Darunter auch namhafte. Anna (KATHARINA MARIE SCHUBERT/„Shoppen“) verliert aus heiterem Himmel ihre Festanstellung beim Stadttheater in Ulm. Die nächsten Schritte gehen nicht mehr in Richtung Bühne, sondern landen im örtlichen Jobcenter. Mit dem Vermerk: Schwer vermittelbar. Doch dann hat die „aufgeweckte“ dortige Sachbearbeiterin eine Idee: Bevor es mit der Bildungsmaßnahme „Computer“ für acht Langzeitarbeitslose demnächst beginnt, soll doch Anna ihnen bis dahin etwas Schauspielunterricht geben. Gedacht, gemeint, getan. Natürlich stößt Anna bei ihren Schützlingen nicht gerade auf eitle Freude. Ganz im Gegenteil. „Sie sind ja noch nicht mal im ‚Tatort‘ aufgetreten“, wird sie willkommen geheißen.

In der Gruppe um einen begabten Tischler in Konkurs; den Griechen Dimitri, der von seinem eigenen Boots-Restaurant nie übers Träumen hinweg gekommen ist; Legastheniker Max; die übergewichtige Kinderpflegerin Betty; die stille und stets zu spät kommende Friederike, die zwei Kinder und einen „defekten“ Ehemann durchbringen muss; die hibbelige Dauer-Praktikantin Linda; der ledige Bibliothekar Alfred; der aufbrausende Fahrlehrer Hubert, herrscht zunächst lethargische Abwehrstimmung. Laut und deutlich. Dennoch hält Anna durch, im Gegenteil: Die antike Klassik-Tragödie „Antigone“ wird angegangen. Probiert. Und aus Aktionismus entwickelt sich nach und nach einige Team-Stimmung. Mit viel Situationsgespür und tragikomischen Folgen.

Was für ein kleiner feiner Ensemble-Film! Motto: Du hast keine Chance, also nutze sie wenigstens. Im System des Heute. Gescheit werden die Figuren vorgestellt, entwickelt, präsentiert, aber dabei nie denunziert. Autor und Regisseur Oliver Haffner („Mein Leben im Off“/2011), ein Vielstudierter – von Politikwissenschaft und Schauspiel-Regie zur Spielfilm-Regie – ist an Bühnen und in den Studios (Kurzfilme) in Österreich und Deutschland unterwegs und hat hier ein respektables, pfiffiges Kleinod geschaffen. Mit einigem „Ganz oder gar nicht“-Geschmack und –Charme. Ohne Pathos, dafür mit wohl temperiertem Mittelfinger-Spaß!

„Ein Geschenk für Götter“ ist eine gelungene, stimmungsvolle deutsche Working-Class-Komödie um Selbstachtung, Würde und solidarischer Energie (= 3 ½ PÖNIs).

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