DOGMAN

„DOGMAN“ von Matteo Garrone (Co-B, Co-Produzent + R; Italien 2017; Co-B: Ugo Chiti; Massimo Gaudioso; Jean Labadie; Jeremy Thomas; K: Nicolaj Brüel; M: Michele Braga; 102 Minuten; deutscher Kino-Start: 18.10.2018); Italien steht am Pranger. Aktuell. Stichwort: Der viele Müll. Und jetzt auch: der extreme Rechts-Ruck. Der im Frühjahr beim Festival von Cannes präsentierte Streifen erzählt über eine individuelle Geschichte sehr viel vom zerrissenen Land. Übrigens: Hauptdarsteller MARCELLO FONTE wurde in Cannes als „Bester Schauspieler“ ausgezeichnet; zudem vertritt der Film des „Gomorrha“- Regisseurs MATTEO GARRONE Italien für die kommende Auslands-„Oscar“-Nominierung.

Der reale Hintergrund: Im Februar 1988 brachte der damals 27-jährige Hundefriseur Pietro De Negri in Magliana, einem Vorort von Rom, den Schläger Giancarlo Ricci auf brutale Weise ums Leben. Es war Rache für viele Demütigungen und Erniedrigungen des weitaus stärkeren Ex-Boxers.

Marcello (Marcello Fonte) möchte nicht anecken. Der kleingewachsene Mann lebt allein in einem schäbigen Außenbezirk von Rom und betreibt dort den kleinen Laden „Dogman“. Liebevoll kümmert er sich um Hunde, pflegt diese für ihre Besitzer, betreibt eine Art Betreuungsstation für die Vierbeiner. Marcello redet nicht viel, duckt sich lieber weg mit seinem schmächtigen Körper, will im nachbarlichen Café bei den Einheimischen nur „mit-dabei“ sein, ohne richtig dazu zugehören. Ihnen allen und ganz besonders Marcello bereitet der hünenhafte Ex-Boxer und Schläger Simoncino (beängstigend-gut: EDOARDO PESCE) Probleme. Simoncino benimmt sich besitzergreifend, aggressiv und jähzornig-widerlich. So dass in der kleinen Gemeinschaft sogar über die Möglichkeit diskutiert wird, wie man diesen brutalen Schläger am besten „beseitigen“ könne. Ganz besonders leidet aber Marcello unter dessen „Fuchtel“. Muss ihm Kokain besorgen, Marcello „betätigt“ sich auch als Klein-Dealer, und auch sonst zu verbrecherischen Diensten sein. Ohne richtig aufzubegehren, macht der sanftmütige Typ alles mit. Einzigen Halt bietet ihm seine geliebte kleine Tochter Alida, mit der er manchmal (Tauch-)Ausflüge ans und unters Meer macht. Doch irgendwann zerreißt Marcellos Hündisch-Sein. Da er nicht mit der Polizei kooperiert, muss er ins Gefängnis. Als er nach einem Jahr herauskommt und ihn die Nachbarn meiden wie einen Aussätzigen, lautet fortan sein Handeln: Rache.

Der Ort, die Menschen, das Elend. „Italien“ sieht aus wie eine apokalyptische Zone. Die Lebewesen, die sich dort aufhalten, bewegen sich wie Marionetten. Die am Strang eines gewalttätigen Herrschers hängen. Dessen treuester Begleiter lange Zeit ein armer Narr ist, der sich selbst etwas vormacht bis es mit der stillen Selbstverleugnung und dauerhaften Selbstzerstörung nicht mehr funktioniert. Geht. Und er in dieser völlig verrohten Welt „Engagement“ zeigen will. Der Kleine gegen die Bestie, lautet fortan das Motto.

Wie würdest Du Dich verhalten? Als ewiger Ja-Sager? Als dauerhafter Anbiederer? Oder würdest Du irgendwann auch etwas aus dir drinnen zulassen, was du weder bist noch sein willst? Um endlich den verdienten Gemeinschafts-Respekt (wieder) zu bekommen? Und um endlich Ruhe zu haben vor dem Bösen? Co-Autor und Regisseur MATTEO GARRONE präsentiert eine aufsehenerregende, düstere italienische wie universelle Anspannungs-Studie, die schließlich in eine Western-ähnliche Konfrontation mündet. Münden muss. Der ewige Verlierer teilt/keilt zurück. Sieht keine andere private wie gesellschaftliche „Kommunikation“ mehr.

Was für ein brillanter, tief-spannender Film, mitten unter „UNS“ angesiedelt. Mit einem überragenden, fesselnden MARCELLO FONTE, dessen Seelen-Gesicht sich für alle cineastischen Zeiten schmerzhaft eingegraben hat (= 4 PÖNIs).

 

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