DIE DUNKELSTE STUNDE

PÖNIs: (4/5)

„DIE DUNKELSTE STUNDE“ von Joe Wright (GB 2016; B: Anthony McCarten; K: Bruno Delbonnel; M: Dario Marianelli; 126 Minuten; deutscher Kino-Start: 18.01.2018); SIR WINSTON CHURCHILL (*30. November 1874 – †24. Januar 1965) war einer der bedeutendsten Staatsmänner des vorigen Jahrhunderts. Ob seine Erscheinung in gleich zwei Filmen – und thematisch gar in gleich 3 binnen überschaubarer Zeit – vonnöten war/ist, wird sich zeigen. Der Schotte BRIAN COX verkörperte ihn neulich ganz formidabel in dem Spielfilm „Churchill“ (s. Kino-KRITIK), wo es um die Invasion in der Normandie von 1944 ging. In dem Kriegsdrama „Dunkirk“ von Christopher Nolan (s. Kino-KRITIK), der im letzten Sommer ins Kino kam, war die monumentale Rettungsaktion alliierter Soldaten von 1940 in Dünkirchen das Thema, an der der Politiker Churchill beteiligt war. Dieser Film setzt zu einem Moment ein, als es tatsächlich möglich schien, dass Großbritannien vor dem Untergang stünde. Ein militärischer Sieg für Nazi-Deutschland befindet sich im Mai 1940 im Bereich des Möglichen, als Winston Churchill in das Amt des britischen Premierministers gewählt wird, als Nachfolger des zurückgetretenen Neville Chamberlain. Churchill, der eine Allparteien-Regierung bildet, gilt als Kompromiss-Kandidat, dem eine starke Führungsrolle nicht zugetraut wird. Zumal er sich vehement gegen Friedensverhandlungen mit Nazi-Deutschland – vermittelt über das faschistische Italien – ausspricht. Womit er sich gegen ranghohe Kollegen und sogar gegen die Meinung des gegenüber Churchill eher misstrauischen Königs George VI. (BEN MENDELSOHN) stellt. Vehement tönt Churchill gegen die Einleitung solcher Gespräche, so dass die machtgierige „Konkurrenz“ schon die Intriganten-Messer wetzt.

Hurra-Pathos und kriegerische Scharfmacherei, nicht gerade willkommene Unterhaltungs-Attribute, aber hier handelt es sich um einen nahe an der Wirklichkeit handelnden, angelegten Historien-Film mit belegten Fakten. Dessen Triumph nicht unbedingt das Geschehen, sondern sein überragender Hauptdarsteller ist: GARY OLDMAN. Der in diesem Jahr 60 Jahre alt werdende brillante Akteur, der in vielen Filmen als charismatischer Unruhestifter oder zwiespältiger Bösewicht auftrat („Sid und Nancy“; Kennedy-Attentäter Lee Harvey Oswald in „JFK – Tatort Dallas“; der Sirius Black in den Harry Potter-Movies; „Dame König, As, Spion“ = „Oscar“-Nominierung) und so gar nicht nach diesem dicklichen, pausbäckigen, nuschelnden Winston Churchill ausschaut. Aber durch perfekte Masken-Arbeit in diesen verwandelt wurde. Und eine Performance abzieht, die aller Darsteller-Ehren wert ist. Wie er diesen knorrigen, polternden korpulenten Mann mit seinen festen Raucher- und Alkohol-Gewohnheiten wuchtig abbildet, verdient großen Respekt und alle Achtung. Wie er „dessen“ leidenschaftliche Reden hält und alle in seinen Bann zieht, immens. Wie Gary Oldman dieses politische Gewicht Churchill entwickelt, anpackt und körpersprachlich identifiziert und ausbreitet, dampft nach prächtiger „Oscar“-Klasse. An seiner menschelnden Seite: KRISTIN SCOTT THOMAS als energische wie unterstützende Ehefrau Clementine sowie LILY JAMES als sich vorsichtig emanzipierende junge Privatsekretärin.

Der britische Regisseur JOE WRIGHT ist hierzulande kein Unbekannter, hat sich mit Filmen wie „Stolz und Vorurteil“ (2005), „Abbitte“ (2007), „Der Solist“ (2009/s. Kino-KRITIK) oder „Wer ist Hanna?“ (s. Kino-KRITIK) bekannt gemacht. Sein neues Filmwerk wirkt wie ein fulminanter Bühnen-Abend. Mit einem Giganten an der Rampe: GARY OLDMAN steht mit seinem „Churchill“ auf dem Olymp (= 4 PÖNIs).

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