DAS PERFEKTE GEHEIMNIS

PÖNIs: (4/5)

„DAS PERFEKTE GEHEIMNIS“ von Bora Dagtekin (D 2019; nach dem italienischen Spielfilm „Perfetti Sconosciuti“ von Paolo Genovese/2016; K: Moritz Anton; M: Egon Riedel; 111 Minuten; deutscher Kino-Start: 31.10.2019); dieser Film bestätigt mein Handeln – 1.) ich verweigere mich dem Handy wie auch einem Ei-Päd oder wie das Ding heißt und 2.) auf „solche Freunde“ und „solche Feten“ kann ich weiterhin gut und (sehr) gern verzichten.

Aber zunächst zum Autoren-Regisseur: BORA DAGTEKIN. Am letzten Sonntag (27.10.) wurde er 41. Stammt aus Hannover und ist einer der erfolgreichsten deutschen Filmemacher. Alleine seine drei „Fack ju Göhte“-Filme (2013/s. Kino-KRITIK; 2015/s. Kino-KRITIK sowie 2017/s. Kino-KRITIK) erreichten hierzulande über 20 Millionen Kino-Interessenten. Und wenn man seinen Hit „Türkisch für Anfänger“ von 2012 noch dazu-zählt (s. Kino-KRITIK), sind alleine für seine vier Kinofilme über 23 Millionen Zuschauer in die Lichtspielhäuser geeilt. Respekt.

Sein neues Komödien-Werk, mit vielen tragikomischen (Be-)Zügen, stammt im Ursprung aus Italien. Lief dort vor drei Jahren erfolgreich unter dem Titel „Perfetti Sconosciuti“, also „Perfekte Fremde“, und wurde danach bereits elfmal (!) international „remaked“, darunter von China, Russland, Mexiko, Spanien, Griechenland und Frankreich = dort auf Netflix mit dem Titel „Nichts zu verbergen“. Einem Titel, der auch passt.

Sie nennen sich: Freunde. Verabreden sich zu einem „gemütlichen“ Futter-, Suff- und Klön-Abend in einer feudalen Bürger-Wohnung mit großer Terrasse unter dem Dach. Bei Eva (JESSICA SCHWARZ) und Gatten Rocco (WOTAN WILKE MÖHRING). Es erscheinen: Carlotta (KAROLINE HERFURTH) & Leo (ELYAS M’BAREK); Bianca (JELLA HAASE) & Simon (FREDERICK LAU) sowie Pepe (FLORIAN DAVID FITZ), der ohne (die eigentlich angekündigte) Partnerin erscheint. Man quatscht sich langsam warm, pikt sich schon mal süffisant in Richtung Gürtellinie-oben und -unten, scherzt lächelnd provokant. Irgendwie hat man bald den Eindruck, hey, die treffen sich, um sich „zu fetzen“. Oder? Denn warum zum Beispiel tritt Gastgeberin Eva dermaßen verbal-rüde-spitzzüngig auf. Nur, weil sie mit Tochter Sophie (Emily Kusche) gerade Zoff hat(te)? Während ich, der Pöni, schon bald aus diesem Kreis der erlauchten Gemeinschaft ausgetreten bzw. abgehauen wäre, ziehen sich hier alle offensichtlich gerne diesen „harten Talk“ ‘rein. Währenddessen eifrig lecker gefuttert und dem Wein zugeprostet wird. Besonders Carlotta säuft sich ganz schön einen an. Aber warum auch nicht, wir notieren ja: Freizeit. Mit höchst unterschiedlichem „Verhalten“. Auftreten. Sowie: Formulierungen. Doch immer wieder stellt sich die Frage – mögen DIE SICH TATSÄCHLICH? So wie sie sich gegenseitig anmachen? Rüde verbal angehen?

Dann kommt dieses Spiel. Ins Spiel. Über das Handy 2, genannt: Smartphone. Eva drängt darauf. Jeder legt sein Teil auf den Tisch, und wenn es klingelt, muss auf Lautsprecher geschaltet werden, damit alle mithören können, wer da was kund-tut. Von Anfang an ist klar: ein Scheiß-Spiel. Als eigentlich Überhaupt-kein-Spiel, sondern als Ätsche-Bätsche-Ich-hab’s-doch-gewusst-Offenbarungseid. Als „lustige“ Gruppenzwangsmaßnahme. Mit SMS und WhatsApp-„Charme“. Motto: Unter-Uns hat doch niemand etwas zu verbergen. ODER? So was in der Art. Doch, natürlich stellt sich heraus, dass bei = von JEDEM fortan seine „Leichen“ über das nunmehr laute Phon präsentiert werden. Was, ganz klar und absehbar, zu Missverständnissen, Ärgernissen, Aggressionen, verbalen Wut-Attacken gegen- wie untereinander führen. Muss. So dass die Stimmung sich mehr und mehr in Richtung Tiefpunkt befindet; die einzelnen Launen in Richtung emotionaler Gefrierpunkt abdriften. Komisch ist das dann beileibe nicht mehr. Obwohl man sich dies in der „Gruppe“ nicht eingestehen will. Lange Zeit jedenfalls.

Erstens: Viele kennen DAS. Eingeladen bei Freunden. Oder Ähnlichen. Und dann diese verbale Häme-„Ekstase“. Zweitens: Dieser Wiedererkennungseffekt lässt viel schmunzeln. In und bei vielen Situationen. Auch weil, drittens: die Schauspieler ALLESAMT überzeugen. „Das perfekte Geheimnis“, der Film, lebt von seinem formidablen Ensemble. DIE SIND TATSÄCHLICH ALLESAMT RICHTIG PRÄCHTIG-GUT. Sowohl im sprachlichen Ausdruck wie auch – und vor allem – in den exzellenten körpersprachlichen Bewegungen. In den pointierten Nuancen.

Doch dann „versaut“ Bora Dagtekin seine pikant-satirische Personal-Show. In dem er „Disney“ am Ende herausfiltert. Von wegen Friede, Freunde, Eierkuchen – alles ist und alle sind wieder gut. Was für eine depperte Peinlichkeit. So ganz und gar abschließend nicht stimmend. Nur voll blöd. Sinnig. Nur unangenehm und überhaupt nicht passend. Weil aber in den 100 Minuten zuvor so vieles ironisch-doppelbödig prima funkte, „streiche“ ich einfach das schreckliche Überwohlfühl-Ende. Und bleibe bei den angepeilten: 4 PÖNIs.

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