DAS WUNDER VON TAIPEH

PÖNIs: (4/5)

„DAS WUNDER VON TAIPEH“ von John David Seidler (B; K + Schnitt; D 2019; K: Conny Beißler; M: Matthias Hornschuh; 85 Minuten; deutscher Kino-Start: 27.02.2020); ich lese: „In Deutschland spielten Frauen um die Wende zum 20. Jahrhundert eine Art Fußball, bei dem sie sich, im Kreis stehend, den Ball gegenseitig zuspielten. Das Spiel galt jedoch als moralisch verwerflich“ („Wikipedia“).

Der Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 bedeutete auch, dass in der BRD Diskussionen hochkamen von wegen: Frauen-Fußball. Am 30. Juni 1955 beschloss deshalb der DFB auf seinem Verbandstag, Frauenfußball zu verbieten. Begründung u.a.: „…dass diese Kampfsportart der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd ist, […] Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden, und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand“. Außerdem sei auch die Gebärfähigkeit beeinträchtigt.

Am 31. Mai 1970 hob der DFB auf seinem Verbandstag in Travemünde das Frauenfußball-Verbot auf. Mit Auflagen: So mussten die Frauenteams, wegen ihrer „schwächeren Natur“, eine halbjährige Winterpause einhalten; Stollenschuhe waren verboten und die Bälle waren kleiner und leichter. Und: Ein Frauenfußballspiel dauerte nur 70 Minuten. Später: 80 Minuten.

WIM THOELKE empfing 1970 im „Aktuellen ZDF-Sportstudio“ Spielerinnen der inoffiziellen deutschen Nationalmannschaft und witzelte: „Decken, decken – nicht Tisch decken“. Am 10. November 1982 fand das erste offizielle Länderspiel einer deutschen Frauen-Fußballnationalmannschaft statt; gegen die Schweiz wurde 5:1 gewonnen, Doppeltorschützin: die eingewechselte 18-jährige SILVIA NEID.

Zum Dokumentarfilm „DAS WUNDER VON TAIPEH“. Bereits 1981 wurde (West-)Deutschland erstmals Weltmeister im Frauenfußball. Allerdings – inoffiziell. „Wir“ hatten noch gar keine Frauenfußball-Nationalmannschaft, wie die DFB-Herren nach der Einladung zum Turnier in Taipeh einräumen musste. Und für die FIFA existierte „dieser Fußball“ (noch) nicht. Weil der Veranstalter aber unbedingt Vertreterinnen aus Deutschland dabeihaben wollte, wurde improvisiert. Man schickte das Team des amtierenden deutschen Frauenfußball-Meisters SSG 09 BERGISCH GLADBACH nach Fernost. Wobei man sich DFB-„amtlicherseits“ nicht an den Kosten beteiligte. Diese trieben die Spielerinnen durch zum Teil groteske Aktionen ein wie Waffeln-Verkaufen in Fußgängerzonen oder Autogrammstunden in Kaufhäusern. WIE „das“ damals lief, vermitteln in diesem informativen wie äußerst unterhaltsamen Dokumentarfilm damals Beteiligte. Wobei es vor allem darum ging, gegen die Vorurteile anzugehen. Zum Beispiel eines DFB-Funktionärs, der meinte, dass Frauen doch „besser am Kochherd“ aufgehoben seien. Und ARD-„Sportschau“-Moderator Ernst Huberty verkündete, dass Ärzte bei kickender Weiblichkeit „bereits leichte muskuläre Deformierungen“ festgestellt hätten.

Übrigens – „Deutschland“ wurde in Taipeh „Weltmeister“! Gewann alle neun Partien und besiegte im Endspiel wen – natürlich: Holland. Vielmehr: die Holländerinnen!

„DAS WUNDER VON TAIPEH“ oder: Was für eine interessante, unterhaltsame, informative Doku in Sachen Gesellschaft und Sport. Beziehungsweise umgekehrt (= 4 PÖNIs).

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