CUT BANK – KLEINE MORDE UNTER NACHBARN

Kleinstädte, also richtige Klein-Städte, sind „am schlimmsten“. Jedenfalls im amerikanischen Kino. Jeder kennt jeden, man gibt sich nett, alles scheint friedlich und gütig zu sein. Doch wehe, du blickst mal konsequent hinter die Kulissen. Dort brodelt es wie am Fegefeuer; jeden Moment kann der emotionale Vulkan in der Region ausbrechen; die gesamte Stimmung umkippen. Passive Aggressivität, wo du auch hinblickst. Und mitfühlst.

Tatsächlich: Cut Bank. In Montana. 3.000 Einwohner. Gleich am Ortseingang heißt es auf dem Schild: „Willkommen im kältesten Ort des Landes“. Gemeint ist DAS eigentlich klima-technisch, aber schon bald bekommt dieser amtliche Hinweis eine doppelbödige, pikante wie mörderische Note:

CUT BANK – KLEINE MORDE UNTER NACHBARN“ von Matt Shakman (USA 2014; B: Roberto Patino; Co-Produzent: Edward Zwick; K: Ben Richardson; M: James Newton Howard; 93 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 24.9.02015).

Deutsche Premiere eines originellen Ami-Films, der mit Stars nur so gespickt ist – LIAM HEMSWORTH, JOHN MALKOVICH, BILLY BOB THORNTON, BRUCE DERN, OLIVER PLATT -, und der es doch nicht in die hiesigen Kinos geschafft hat. Dabei entspricht die Stimmungslage einem Coen-Werk, was nicht verwundert, hat doch der viel fürs Fernsehen tätige Kino-Regisseur-Debütant Matt Shakman auch an der brillanten TV-Serie „Fargo“ mitgemischt, die auf dem gleichnamigen Hit der Coen-Brüder (von 1996) basiert. Nun also Cut Bank. Von Anfang an: Dieser zwiespältige Gut-Geruch. Man begegnet sich überfreundlich. Was Misstrauen erzeugt. Zu Recht. Denn der erste Mord überhaupt in dieser betulichen Gegend sorgt für allgemeine „Überraschung“. Aber kaum Beunruhigung. Zufällig gefilmt hat diese Tat Dwayne McLaren (Liam Hemsworth). Ein junger Highschool-Absolvent und Mechaniker, der plant, gemeinsam mit Freundin Cassandra (TERESA PALMER) so bald wie möglich von hier abzuhauen. Doch um in der Großstadt ein neues Leben anzufangen, werden bekanntlich größere Mengen von „Money“ benötigt. Also trickst Dwayne herum. Was ihn eigentlich überfordert, denn Dwayne ist im Grunde eher ein schlichter Bruder. Im Geiste. Doch nun hat er sich auf die schiefe Plan-Bahn begeben und ist perplex, wie sich alles unangenehm „verselbständigt“. Denn: Weitere Tötungsdelikte folgen. Mal „richtig“, mal vorgetäuscht. Oder umgekehrt. Will nicht zu viel verraten.

Jedenfalls bekommt der bodenständige Sheriff Vogel (John Malkovich), der derartige Gewaltdelikte nicht gewohnt ist und sich übergeben muss, mächtig zu tun. Mit am listigen, schwarzhumorigen Spiel beteiligen sich. Ein alter Von-Wegen-Freundlicher Postzusteller-Kotzbrocken (Bruce Dern), ein unterschätzter, zupackender Stotterer von Nachbar, Derby Milton, mehr Tier- denn Menschen-Freund, den die Meisten bereits als „verstorben“ geführt haben (auch grandios: MICHAEL STUHLBARG), und der eigentlich „nur“ auf der Suche nach seinem verschwundenen Post-Päckchen ist, der Papa-Stinkstiefel von Cassandra und zugleich Dwaynes Chef, Marke: Der ländliche reaktionäre Amerikaner-Alptraum „Big“ Stan Steeley (Billy Bob Thornton), der mit dem Sheriff noch eine uralte „private Rechnung“ offen hat (= natürlich ging/geht es um ein Mädel), ein rundlicher Versicherungsagent aus der Großstadt mit viel Appetit auf kulinarische Köstlichkeiten der Gemeinde (Oliver Platt). Allesamt keine Helden, sondern kantige Typen, wie eben auch Dwayne, das Jüngling-Weichei, der auch schon mal Beruhigungspillen einpfeift.

So treten sie an. Und auf. Und irgendwie läuft vieles (verständlich) aus dem Ruder. Eigenwillige Dorf-„Deppen“ werkeln an „speziellen“ unartigen Situationen. Die sich ausbreiten. Sheriff Vogel mag DAS gar nicht. Findet dies belästigend. Nach, besser – zu Cut Bank gehören Ruhe und Verständigung. Und nicht diese dauernden Friedens-„Störungen“.

Ein Klasse atmosphärischer Ironie-Thriller. Marke Coen: Durchtrieben, stets zweideutig, mit verblüffenden düster-komischen Überraschungen. Hübsch schräg wie frech-pointiert. Der diskrete Anarcho-Charme der regionalen Wut-Bürger. Wehe, wenn sie losgelassen….

„Cut Bank“, so der Originaltitel, wurde im Vorjahr in 28 Tagen im kanadischen Alberta und dessen Umgebung als stimmungsprächtige Team-Arbeit gedreht. Wie die bewährten Promi-Rampensäue im Bonusmaterial (Titel: „Schlechtes Karma: Das Leben in Cut Bank“) cool-grinsend erläutern.

„CUT BANK – Kleine Morde unter Nachbarn“: Ein schön-unfeiner Heimkino-Hit!!!! (= 4 PÖNIs).

Anbieter: „Koch Media“

 

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