Bling Ring Kinokritik

THE BLING RING“ von Sofia Coppola (B + R; USA 2012; K: Harris Savides, Christopher Blauvelt; M: Brian Reitzell; 91 Minuten); „Bling“ ist US-Slang für Klunker und signalisiert die Richtung: Haben-Wollen, diesen Glitzer. Kram. Ausgangspunkt dieser auf tatsächlichen Begebenheiten beruhenden Geschichte ist ein Artikel in „Vanity Fair“ aus dem Jahr 2010 von Nancy Jo Sales („The Suspects Wore Louboutins“). In dem wird über eine fünfköpfige „Kinder“-Clique berichtet, die in der Umgebung vom kalifornischen Hollywood von Oktober 2008 bis August 2009 in die Villen von Promis einbrachen, um sich dort „zu bereichern“. Dabei waren sie in den – nur mäßig gesicherten – Häusern von Pars Hilton, Orlando Bloom, Megan Fox oder Lindsay Lohan unterwegs, um mit deren Klunkern, Klamotten und Autos ein „ebenso schönes Leben“ führen zu können. Sprich: Partys, Rausch, Aussehen. Coole Drinks, heiße Musik in angesagten Clubs, Drogen. „Sich-Schöner-Machen“. Ohne dafür zu bezahlen. Fratzen-Kultur schon in ganz jungen Jahren. Warum lange warten oder etwa arbeiten, wenn es doch einfach(er) geht.

Rebecca, Nicki („Hermine Granger“ EMMA WATSON) Sam, Cloe und Marc stammen aus gutbürgerlichen wie ahnungslosen L.A.-Familien und sind süchtig. Nach schnellem, unangestrengtem Wohlstand. Sie sind vertraut mit Modelabels, teuren Getränken, sozialen Netzwerken und Google Earth. Um herauszufinden, wer gerade „nicht zu Hause“ ist, wo man also nachts „abstauben“ kann. Der heftige „Jux“ gegen die Langeweile. Für den Dauer-Spaß: IN-Sein: Haben, (Vor-)Zeigen, (Aus-)Toben. Warum täglich abmühen, wenn es doch viel einfacher geht. Mit dem bunten Party-Leben. Ganz so wie bei den Promis auch. Wie zu lesen und zu hören ist. Schließlich ist man über deren luxuriösen Lebensstil umfangreich informiert. Geradezu vertraut. Aus der Dauerberichterstattung im Boulevard-TV und den einschlägigen Magazinen. Deshalb lautet das Cliquen-Motto: Warum lange warten, jetzt gleich „nehmen“. Ist doch genug für alle vorhanden. Und aufreizend geil. Ist ES auch. Der ultimative Nacht-Kick: Ab in die „Hütten“, mitgenommen, was gefällt, und rein ins Internet. Die Facebooker sollen staunen. Was man so alles draufhat. Bis die blöde Polizei überraschend vor der Haustür auftaucht. Wieso? War was? Gar illegal? Quatsch. Wir wollten doch nur „Vergnügen“ sein. Haben.

Kann man es IHNEN eigentlich verübeln? Autorin und Regisseurin Sofia Coppola, 41, längst aus den Schuhen des großen Vaters Francis Ford („Der Pate“) ´rausgewachsen und eine geschätzte Regie-Größe im Business („Lost In Translation“), verweigert eine Lösung. Hält sich in Sachen „dekadente, versaute Jugend“ zurück und blickt ausschließlich auf diesen aufsehenerregenden einzelnen „Kriminalfall“. Sie tut es allerdings mit einer Ausgiebigkeit in den Klau- & Party-Details, dass eine „gewisse Lust“ aufkommt. Am „Spaß“ der Kids. Denen man bisweilen „ein Überleben“ wünscht. Weil sich ihre Erzeuger als christlich- moralisch- dümmlich erweisen; weil es ihnen dermaßen leicht gemacht wird, ihre Individualität aufzugeben; weil schließlich die ununterbrochene Überreizung in Bild und Dauerton heutzutage die beste Empfehlung für eine „ordentliche Verführung“ / Verführbarkeit ist. Die jungen Protagonisten erweisen sich als wunderbare „Pissnelken“, stehen für ein oberflächliches, nur auf Äußerlichkeiten bedachtes leeres Da-Sein. In dem (Aus-)Bildung, Anstand, Moral-Werte und soziales (Mit-)Denken überhaupt keine Rolle mehr spielen. Eigennutz, Egoismus, Aussehen und „Öffentlichkeit“ lauten die neuen Werte. Beim Nachwuchs.

Sofia Coppola setzt dies einfühlsam, ansatzweise ironisch und milde anklägerisch um: Lifestyle-Sucht als moderne Bibelauslegung: Ich glaube an die Schönen. Und Reichen. Und „Foto-Führenden“. Bisweilen wären einige „Gedanken“ mehr hier interessant gewesen. Von Sofia Coppola. Als gesellschaftliche Nachzustandsbeschreibung. Etwa in dieser politischen wie philosophischen Phantasie-Art. Weil das Geschehen schließlich nur noch um sich selbst kreist. Nichtsdestotrotz lösen die Geschehnisse um diese hervorragend gespielte Fashion-Bande wütendes Nachdenken aus. Man wünscht sich bisweilen einen „Dirty Harry“ herbei, der diesem abstoßenden wie asozialem Glamourtreiben ein rüdes Ende setzt („Make My Day“). Um „Denen“ einzuheizen. Aber ich lese gerade, dass heutzutage von „diesen Jahrgängen“ immer weniger gelesen wird. Sowohl an Tageszeitungen wie in Büchern. Was also erwarten wir von solch bildungsfernem Pack eigentlich? Führen „wir“ sie nicht sogar immer mehr dorthin? In die vollen Villen? Und armseligen „Vergnügungen“? Wenn man diese täglichen läppischen Dauerberieselungen und verführerischen Dauerbeschallungen rundum und überall betrachtet? Marke: Mach´ den Kopf zu und hab´ FUN??? Schön eklig. Aber inzwischen ganz alltagsnormal. Verdammt noch mal!

Pardon, aber wenn ein Film für solche gedanklichen Ausraster sorgt, muss an ihm was Gutes dran sein. Und ist es natürlich auch (= 3 ½ PÖNIs).

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