BEST EXOTIC MARIGOLD HOTEL

PÖNIs: (4,5/5)

„BEST EXOTIC MARIGOLD HOTEL“ von John Madden (GB/USA 2011; B: Ol Parker; nach dem Roman „These Foolish Things“ von Deborah Moggach/2004; K: Ben Davis; M: Thomas Newman; 124 Minuten; deutscher Kino-Start: 15.03.2012); neulich war zu lesen, wie Demenz erkrankte deutsche Rentner sich nach Thailand “zurückgezogen” haben, um sich dort besser pflegen zu lassen. Man sei dort erheblich aufgeschlossener und humaner im Umgang mit älteren Menschen, wurde weiter informiert. In diesem neuen wunderbaren und „mehr britischen“ als amerikanischen Film geht es aber nur begrenzt um kranke englische Rentner, sondern eher um „nicht so begüterte“. Um insgesamt sieben ältere Herrschaften. Sie können oder wollen sich, teils selbstverschuldet, teils schicksalhaft, einen „gehobenen Lebensabend“ im kostspieligen wie klimatisch rauen britannischen Zuhause nicht (mehr) leisten und „setzen“ auf Indien. Die Anzeige war verheißungsvoll: Preiswerter Hotel-Luxus pur, feines Ambiente, beste „All inclusive“-Versorgung. Die volle indische Rundum-„Magie“. Und so ziehen die rüstigen Sieben erwartungsvoll in die Fremde: Die „frisch verwitwete“ Hausfrau, die über einen täglichen Blog ihre Familie von ihrem Treiben informiert; das bald 40 Jahre verheiratete Ehepaar, das seine Ersparnisse beim Internet-Geschäft ihrer Tochter verloren hat; Euer Exzellenz, der Richter, der einst in Indien privat sehr glücklich war; der alte Schwerenöter, der ebenso wenig seine Geburtsurkunde akzeptiert wie die viermal geschiedene, abenteuerlustige „unruhige“ Lady sowie die verbitterte, aber pfiffige, rassistische Ex-Haushälterin ohne eigene Familie, die in Indien schneller zu einer neuen Hüfte gelangen will. Die Ankunft gleicht einem Schock. Einem Kultur- wie Real-Schock. Die vermeintliche Luxus-Herberge gleicht einer hübschen Bruchbude mit „erheblichen Mängeln“, und anstatt umfangreicher Fürsorge muss schon jeder selber dafür sorgen, für sich selbst die hochgesteckten Erwartungen zu erfüllen. Also begibt sich jeder auf seine individuellen neuen Abenteuer. Wie auch im Übrigen der junge Besitzer, der sich ebenfalls auf einen „extremen“ emotionalen Findungs- wie Abnabelungskampf begibt. Einlassen muss. Beruflich wie privat.

Selbstfindung, lautet das Motto dieser zwei prächtigen Filmstunden. Zumeist werden im Kino hierfür ja die „Leiden“ von jungen, aufstrebenden, „unruhigen“ Menschen „benötigt“, ganz anders hier. Das britische „Personal“ hier hat bereits ein volles, je nachdem ausgefülltes langes Leben hinter sich. Bereitet sich nun auf den letzten Spurt vor der Ziellinie des Lebens vor. Und wagt dafür einen neuen, fremden Standort. Das exotische Indien. Mit seinen vielen neuen Reizen. Sozusagen – als letzte Herausforderung. Wenn nicht jetzt, wann dann??? Manche aus praktischen materiellen Erwägungen, andere aus purer finaler Abenteuer- und Probierlust. Das Ensemble ist vielschichtig und ganz unterschiedlich motiviert. Und wird von einem „Meister des Fachs“ prächtig gelenkt: Regisseur JOHN MADDEN, Jahrgang 1949, ist ebenso ein britischer Bühnen- wie Leinwand-Virtuose („Shakespeare in Love“). Während Drehbuch-Autor Ol Parker sich am einheimischen Bestseller-Roman „These Foolish Things“ von Deborah Moggach (Drehbuch-Autorin des Films „Shakespeare in Love“) augenzwinkernd orientierte.

WER anders als „die Engländer“ könnte „so etwas“ angenehm feinfühlig, hintergründig pointiert und darstellerisch erstklassig vorführen? Mit prächtigen Ironie-Dialogen wie „Ich will bei Geiselnahmen nicht die Erste sein, die man freilässt?“ Die Alten machen mobil. Charmant, robust, mit ihren altersspezifischen Macken und „Frechheiten“. Mit ihren tragikomischen „Befindlichkeiten“. WER anders als „die Engländer“ könnte hierbei die glaubwürdige Kunst-Balance von Seelenkitzel und bitterem Spaß amüsant zusammenführen? Ohne dass es einen verkitschten, versüßlichten Alptraum ergibt? Natürlich: Sie besitzen ja gerade „dafür“ darstellerische Spitzenkräfte. Wie die „Bond-M-Chefin“ und „Oscar“-Dame JUDI DENCH („Shakespeare in Love“, „Iris“); wie die zweifache „Oscar“-Dame MAGGIE SMIITH (zuletzt die Minerva McGonagall in den „Harry Potter“-Filmen); wie diesen köstlich „komischen“ Körpersprachen-Mimen BILL NIGHY (der unvergessene Dampfer-Boss in „Radio Rock Revolution“); wie diesen brillanten, alleine nur durch seine charismatische Präsenz die Leinwand (aus-)füllenden TOM WILKINSON (der „verrückte Anwalt“ und George Clooney-Partner in „Michael Clayton“) und … und … und: Sie alle bilden eine Crème de la Crème-Einheit von britischen Sachverständigen. In Sachen überzeugende Charakter-Figuren. Denen zuzusehen UND zuzuhören zu einem unterhaltsamen wie intelligenten Spaß-Genuss führt.

Bill Nighy hat es in einem Interview mit der Agentur „dpa“ auf den klugen Gefühlspunkt gebracht: „Falls es irgendeine Botschaft geben sollte, dann die: Egal was kommt, tanze weiter; es ist jetzt noch nicht vorbei“. Im „Best Exotic Marigold Hotel“ jedenfalls wohnt es sich kinomäßig prima. Gut SO. Schön. Amüsant. Gescheit. Köstlich (= 4 ½ PÖNIs).

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