THE BAY

Es ist inzwischen ein eigenes Filmgenre: Das FOUND FOOTAGE-Genre. Das Genre des „gefundenen wie ungeschnittenen Filmmaterials“. Das eben – angeblich oder tatsächlich – größtenteils nicht vom Filmkünstler selbst stammt, sondern das DER sich aus Archivaufnahmen, Amateurbildern, Handyfotos, wissenschaftlichen Aufnahmen, heimlichen Mitschnitten, dokumentarischen Filmfunden, authentischen Nachrichten zusammen-gestaltet hat. Zu SEINEM Film. „Found Footage“ wird vor allem im Horror-Genre angewandt. Behauptet. Genutzt. Zu den populärsten „Found Footage“-Filmen zählen „The Blair Witch Project“ (1999), „Paranormal Activity (2007) und „Cloverfield“ (2008). Jetzt wurde ein neues, hochkarätiges „Found Footage“-Hammerspiel hierzulande gleich im Heimkino gestartet, gedreht von einem der namhaftesten US-Regisseure: BARRY LEVINSON:

THE BAY“ von Barry Levinson (Co-Prod. + R; USA 2012; B: Michael Wallach; K: Josh Nussbaum; M: Marcelo Zarvos; 85 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 26.07.2013).

ER zählt zu den Spitzenvertretern des besseren US-Kinos, der am 6. April 1942 in Baltimore geborene Regisseur BARRY LEVINSON. Der vor allem in den 80er und 90er Jahren mit Filmwerken wie „American Diner“ (Debüt 1982), „Good Morning, Vietnam“, seinem Regie-„Oscar“-Hit „RAIN MAN“ (1988/mit Dustin Hoffman) oder mit seiner politischen Spitzensatire „WAG THE DOG“ von 1997 in die Liga der besten Filmemacher aufstieg. Mit „The Bay“ setzt er nun noch einmal herausragende Unterhaltungs-, sprich phantastische Mitteilungszeichen. Motto: Was geschah WIRKLICH am 4. Juli 2009, am amerikanischen Nationalfeiertag: Im beschaulichen neuenglischen Küstenort Claridge, Maryland – malerisch gelegen an der Chesapeake Bucht? Offiziell ist nie etwas verlautet oder bekannt geworden. Jetzt aber hat eine junge Journalistin, die damals vor Ort war und als Praktikantin für das Fernsehen berichtete, alles Material gesichtet. Hat weitere, bislang unbekannte und vor allem „amtlicherseits“ verbotene Bilder, Infos, Nachrichten, Skype-Gespräche zwischen lokalen Ärzten und der nationalen Epidemiezentrale sowie polizeilichen Meldungen aufgetrieben und zusammengetragen, die ein gesamtschreckliches Informationsbild von den damals grauenvollen Regionalereignissen ergeben. Das SO eigentlich niemals an die Öffentlichkeit gelangen sollte.

Natürlich geht es um das Wasser. Es ist, besser – es wurde – verseucht. Pö a pö. Im Verlaufe der Jahre. Erst ein „wenig bekanntes“ Leck am örtlichen Atomreaktor im Jahr 2002, dann die übermäßig vielen Hühnerexkremente aus dem örtlichen Viehbetrieb mit gigantischer Massentierhaltung. Führten schließlich zum Umkippen der Natur. Über das immer mehr, immer übler überbelastete Wasser. Der Bürgermeister wiegelt gerne ab, schließlich „läuft“ ja gerade die touristische profitable Sommersaison, doch die Fakten der untersuchenden Ozeanographen und Meeresbiologen, der verstörten, überforderten Experten von der Seuchenschutzbehörde, der verunsicherten Mitarbeiter von der Küstenwache sowie der ermittelnden Polizei sind eindeutig. Ein völlig neuer und „wütender“ Organismus hat sich gebildet. Ausgebreitet. Immer mehr tödlich ausgebreitet. Die hilflosen Menschen werden von Parasiten befallen und sterben. Wie die Fliegen. Weil medizinische Hilfe dagegen nicht „funktioniert“. Ungläubiges Staunen, Entsetzen und Hilflosigkeit sind überall angezeigt. Eine erste Bilanz spricht von über 700 Toten.

„4O Prozent der Bucht ist tot“, lautet der lakonische Kommentar des Bürgermeisters dazu, also wären doch 60% immerhin noch „okay“. Wozu also die „unnötigen Aufregungen“??? Doch die privaten wie TV-Aufnahmen, Überwachungsbilder, „Skype“-Gesprächsaufzeichnungen, Filme von Beteiligten und Fotos und Interviews von Überlebenden belegen eindeutig, dass sich hier gerade eine Kleinstadt „in Auflösung“ befindet. Horror-pur. Die gefräßigen Organismen sind nicht (mehr) aufzuhalten. „Keine Panik“, lautet dagegen die Anweisung aus Regierungskreisen. Man solle doch bitte an die „Verhältnismäßigkeit“ denken. Sollten „derartige“ Infos „nach draußen“ dringen, allgemein bekannt werden, würde eine „unnötige Panik“ ausbrechen. Man habe „bessere Ideen“ und bereits „Anweisungen gegeben“, um hier einzuschreiten. Und wieder „für Ordnung und Ruhe“ vor Ort zu sorgen. Und so kommt es dann auch. Und: Bis NUN ist nichts „darüber“ jemals an die amerikanische wie internationale Öffentlichkeit gelangt. Bis JETZT. Dieser Film (ver-)ändert alles.

Was Drehbuch-Experte Michael Wallach und Regisseur Barry Levinson sowie Horrorfilm-Produzent Jason Blum („Paranormal Activity“) hier unterhaltsam – besorgniserregend anstellen, ist Klasse-Hochspannung, gepaart mit fiktiven „Realfakten“. Nichts hier deutet auf „Quatsch“, Unsinn oder übertriebene Albereien hin. „The Bay“ sieht aus wie eine brillante, faszinierende, aufregende News-Entdeckung eines hausgemachten neuen Öko- und Politskandals aus dem ewigen „Krisengebiet“ USA. Wo am liebsten alles unter den Tisch gekehrt werden soll, damit „Mensch“ weiter friedlich vor sich hindämmern kann. Soll. Damit er weiter die Fäulnis der Natur vorantreibt, sich von ihr „nichts ahnend“ ernährt und daran erkrankt. Und krepiert. Was soll’s?: Die, die das verantworten, verdienen schließlich Unsummen „daran“. Haben also kein Interesse, etwas „davon“ bekannt zu machen oder gar zu verändern. „The Bay“, der heiße Spielfilm, schaut wunderbar gruselig aus. Ist anregend beklemmend und zutiefst nahe an der Wirklichkeit dran. Vielleicht nicht in unseren Gefilden, aber weiß Gott gar nicht – mehr – so weit von hier. Denn auch im vereinten Europa wird der buchstäbliche Wasser- und Raum-Dreck und die fahrlässige Hygiene in so manchen, nun nicht mehr so fernen Regionen immer mehr erkennbar. Deutlich. Alles nur Spinnerei(en)??? Von wegen.

„The Bay“ spült packende Gedanken und brandaktuelle Erkenntnisse toll wütend hoch. „Dies ist eine der schönsten Mündungen Amerikas und keiner weiß, was da unten ist“, zeigt sich einmal der Ozeanograph verbittert. Lese gerade, dass es demnächst losgehen wird, die Arktis wirtschaftlich „anzupacken“. Um sie vom Öl und Gas technisch „robust“ zu befreien“. Und überhaupt, nunmehr ganzjährig, also durchweg, befahrbar zu machen. „The Bay“ ist der Gute-Nacht-Zivilisations – Film schon mal dazu (= 4 PÖNIs).

Anbieter: „Koch Media“

 

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