„ZULU“ von Jérome Salle (Co-B + R; Frankreich/Südafrika 2012/2013; Co-B: Julien Rappeneau; nach dem gleichnamigen Roman von Caryl Férey; K: Denis Rouden; M: Alexandre Desplat; 110 Minuten; Start D: 08.05.2014); der Abschlussfilm der Cannes-Filmfestspiele von 2013 besitzt sehr viel brodelndes Spannungs-FIEBER und stammt von einem interessanten französischen Drehbuch-Autoren und Regisseur: JÉROME SALLE, Jahrgang 1967. Der als Pressefotograf, Werbe- und Kurzfilmer anfing, bevor er mit seinem Spielfilm-Erstling „Anthony Zimmer“ 2005 gleich Furore machte. Der französische Thriller mit Sophie Marceau und Yvan Attal in den Hauptrollen, bei uns unter dem Titel „Fluchtpunkt Nizza“ am 12.1.2006 auf DVD herausgekommen und inzwischen mehrmals im ZDF gelaufen, wurde in seinem Herstellungsland für einen „César“ in der Kategorie „Bestes Debüt“ nominiert. 2010 schuf „Oscar“-Preisträger Florian Henckel von Donnersmarck („Das Leben der Anderen“) das mit Angelina Jolie und Johnny Depp hochkarätig besetzte Hollywood-Remake unter dem Titel „The Tourist“. Jérome Salle fand danach hierzulande „nur“ noch im Heimkino statt, stieß aber dort mit seinen beiden Comic-Adaptionen „Largo Winch“ sowie „Largo Winch II – Die Burma Verschwörung“ (s. Heimkino-KRITIKEN) auf deutliche Neugier. Sein neuer, vor Ort in Südafrika gedrehter Thriller, geht mächtig an die Bonje (wie der Berliner „den Kopf“ auch tituliert). Motto: Das weiterhin mächtige blutige Erbe der Apartheid.
Zwar sind die Jahre der Apartheid in Südafrika offiziell überwunden, doch längst noch nicht ad acta gelegt. Ganz im Gegenteil. Der filmische Einstieg erinnert daran. Indem er in das Jahr 1978 zurückblickt, wo der kleine Ali Sokhela zusehen muss, wie sein Vater von der weißen Miliz lebendig verbrannt wird. Und er nur mit viel Mühe, also Wegrennen, den Verfolgern entkommen kann. Heute, im Kapstadt von 2013, ist Ali Sokhela (FOREST WHITAKER) Chef der Mordkommission. Und ermittelt gerade im Fall einer brutal getöteten jungen Frau aus der privilegierten weißen Oberschicht. Gemeinsam mit seinem weißen Kollegen Brian Epkeen (ORLANDO BLOOM), einem ziemlich versifften Burschen mit Alkohol-Problemen. Dessen unorthodoxe Schnüffler-Methoden nicht gerade auf allgemeine Zustimmung stoßen. Ganz im Gegenteil. Beide zeigen sich gehandicapt. „Politisch“ wie privat: Ali durch einst entstandenen grausamen Verletzungen, die normale Beziehungen zu Frauen heute verhindern, und Brian durch seine chaotische Individualität. Doch sie müssen zusammenhalten, um nicht selbst unterzugehen. Denn die „alten Seilschaften“ der Apartheid „ackern“ weiterhin und kriminell im profitablen Hintergrund. Mit einer speziellen Droge. DIE, wenn sie auf „die Leute“ losgelassen wird, verheerende aggressive Wirkungen bzw. Auswirkungen zeigt. Von wegen – Menschen zu mörderischen Befehlsempfängern manipulieren zu können. Als willenlose Werkzeuge des Systems.
Erschreckend, wenn wir erfahren, dass dieses Drehbuch gedanklich wie thematisch auf Tatsachen basiert. Auf wahrhaftige diesbezügliche Versuche. Von Statthaltern der früheren Herrschaft(en). Stichwort: Das „PROJECT COAST“. Anfang der 1980er Jahre rief die Apartheid-Regierung ein Geheimprojekt ins Leben, um das Land mit chemischen und biologischen Waffen auszurüsten. Leiter war der Kardiologe Wouter Basson, Leibarzt von Präsident Pieter Willem Botha. Ursprünglich als reine Abwehrmaßnahme geplant, wurden zunehmend Angriffswaffen entwickelt. Und gegen schwarze ANC-Politiker und die Bevölkerung der schwarzen Townships eingesetzt. So sollte das Toxin Pyridin zur Sterilisierung schwarzer Männer verbreitet werden. Für die Bekämpfung von Unruhen wurde ein besonders intensives Tränengas hergestellt. Zudem arbeitete man an Giften, die durch die Haut aufgenommen wurden. Mit Waffen des „Project Coast“ wurden Gefangene der südwestafrikanischen Befreiungsorganisation sowie verhaftete Demonstranten getötet. Wie viele Menschen dem Project zum Opfer fielen, ist unbekannt. Wurde nie aufgearbeitet. Unter Präsident De Clerk wurden die schlimmsten Auswüchse aufgedeckt: das Ende der Apartheid bedeutete auch das Ende des Projects. Wouter Basson wurde 2002 von allen Anklagepunkten freigesprochen, da er auf militärische Befehle gehandelt haben soll.
„Zulu“ funktioniert als wütender Thriller. Nicht immer plausibel, dafür permanent hochemotional. Brutal. Diese widerliche Gewalt voll spüren lassend. Als extreme Wut-Wirkung pur. Auf die erhebliche Machtlosigkeit, für „Gerechtigkeit“ zu sorgen. Auf das demokratische Recht setzen zu können. Wie doch eigentlich erkämpft. Die lärmenden Signale sind eindeutig: Südafrika ist so gespalten wie diese beiden Cops. DIE von „Oscar“-Hero FOREST WHITAKER („Der letzte König von Schottland“) und vom hier britischen Anti-Sunny-Boy ORLANDO BLOOM (der Will Turner aus den „Pirates of the Caribbean“-Movies) exzellent präsent und power-fiebrig überzeugend präsentiert werden. Als dann mehr und mehr unkonventionell „argumentieren“ müssende Gesetzeshüter.
„ZULU“ ist ein beeindruckender, harter Polit-Thriller. Ist ein packender Genre-Unruhestifter (= 4 PÖNIs).