WHERE TO INVADE NEXT

„WHERE TO INVADE NEXT“ von Michael Moore (B + Co-Produktion + R; USA 2014/2015; K: Richard Rowley, Jayme Roy; 110 Minuten; deutscher Kino-Start: 25.02.2016); seit Jahren ist der am 23. April 1954 geborene MICHAEL MOORE in Sachen „Amerika“, also den USA, filmisch unterwegs. Um die „Schwächen“ aufzudecken, schlimme Politik pointiert-treffsicher anzuprangern, das viele Jahrzehnte desaströse Gesundheitssystem vorzuführen. Wer sich auf die filmischen Spuren dieses wunderbar politisch unkorrekten amerikanischen Gesellschaftskritikers begeben möchte, dem empfehle ich als Einstieg meine Kritiken zu seinen beiden letzten zielstrebigen Sarkasmus-Hits „Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte“ (s. Kino-KRITIK) sowie „Sicko“ (s. Kino-KRITIK). Zur weiteren guten Erinnerung: 1990 avancierte Michael Moore auf der Berlinale mit seiner Debüt-Doku „Roger & Me“ sogleich zur Kult-Figur. Für „Bowling for Columbine“ bekam er 2003 den „Oscar“ als „Bester Dokumentarfilm“. Für „Fahrenheit 9/11“ wurde er 2004 mit der „Goldenen Palme“ von Cannes bedacht. (Es war der allererste Dokumentarfilm, der diesen Renommier-Preis bekam).

Jetzt war er wieder „international“ wie ironisch unterwegs. Gen Europa. Weil doch Amerika nach dem Zweiten Weltkrieg so viele Kriege verloren habe, hat man ihn – „von ganz Oben“ – beauftragt, herauszubekommen was woanders besser klappt. Funktioniert. Behauptet er. Süffisant. Also zieht Michael Moore forsch los, um friedlich – mit einer riesigen Ami-Fahne vorneweg – herauszubekommen, was hier an sozialen Errungenschaften vorhanden und gegebenenfalls auf – besser: IN die USA zu übertragen ist. Zum Beispiel Deutschland. Hier sei doch die medizinische Versorgung erstklassig im Vergleich zur Heimat, außerdem sei hier auch die Vergangenheitsbewältigung gelungen. Die NS-Zeit wird in der Schule behandelt, während an US-Schulen über die Ausrottung der Indianer nicht ausreichend gesprochen werde. Also: Deutsche Vergangenheitsbewältigung, ab in die USA.

Von Finnland würde er gerne das vorzügliche Bildungssystem übernehmen; aus Island die Gleichberechtigung für Frauen; von Italien die übermäßig vielen Urlaubstage (zudem: sehen diese Italiener nicht alle so entspannt aus als hätten sie gerade guten Sex gehabt?); an Frankreich imponiert ihm vieles, denn hier seien ja die Demokratie, der Existenzialismus und der Blowjob erfunden worden, außerdem sei die Schulspeisung hier formidabel; in Portugal empfehlen ihm seine Gesprächspartner – Polizisten und der Gesundheitsminister – straffreien Drogenkonsum, schließlich sei die Kriminalitätsrate deutlich gesunken; Slowenien kann auf kostenlose Universitäten verweisen; Norwegen auf Vorzeige-Gefängnisse. Und so weiter… und so fort.

Michael Moore pickt sich in der Alten Welt Themen aus, sozusagen die Rosinen der Sozialsysteme und empfiehlt sie „dringend“ seinen Landsleuten. Aber: Dies kommt längst nicht so durchtrieben `rüber, besitzt nicht mehr diesen bissigen Satire-Charme und diese freche Anarcho-Wirkung wie in seinen früheren Anpranger-Filmen. Und auch die originelle Kommentierung von Michael Moore hält sich in Mitteilungs- wie Unterhaltungsgrenzen.

Gegenüber den prächtig-provokanten Moore-Attacken von einst – auf Kapital-Diktatur, Kriegs-Politik, faules Gesundheitssystem – bietet „Where To Invade Next“ nur hübsch-respektlose Statements eines ziemlich altersmüde gewordenen Rebellen (= 3 PÖNIs).

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