„TUCKER & DALE vs. EVIL“ von Eli Craig (Co-B+R; Kanada 2009; 89 Minuten; Start D: 10.02.2011); das ist für mich selbst die größte Überraschung in dieser Kinopremieren-Woche – dass ein komischer Horrorfilm, mit „lachendem Blut“ sozusagen, ganz vorne in der Sympathietemperatur steht. Vor allen anderen Kunstprodukten. Aber es ist so. Über den hierzulande unbekannten Autoren-Regisseur heißt es im Presseheft, dass er nach dem College als Bergführer tätig war („…absolvierte einige der schwierigsten Aufstiege der Welt…“). „Um auf noch abenteuerlichere Weise an seine Adrenalin-Klicks zu kommen, begann er als Autor und Regisseur zu arbeiten“. Na bitte. Nach einem Praktikum bei Clint Eastwood, so weiter im Presseheft, folgte der Abschluss an der „USC School of Cinema“, „an der er einige preisgekrönte Kurzfilme inszenierte“. Nun also der Debüt-Langfilm. Und was für einer!
Thema: Die an sich gemeinen amerikanischen Hinterwäldler. Jedenfalls DIE vom „typischen“ US-Landeier-Horror-Kino a la „Hügel der blutigen Augen“ oder aus den Klassikern „Texas Chainsaw Massacre“ (von Tobe Hooper) und „Beim Sterben ist jeder der Erste“ (von John Boorman). Der freche Film „Zombieland“ verulkte neulich schon dieses Genre um die unterbelichteten wie mörderischen Dschungelcamp-Piefkes aus dem amerikanischen Süden, jetzt aber wird die blutige Chose einmal völlig umgedreht, umgekehrt. Auf ziemlich ulkig-rabiate wie überdreht-augenzwinkernde Unterhaltungsart. Aus dem Standard-Programm. Denn wen haben wir beisammen bzw. wer stößt hier auf wen?: Ganz klar – diese ekligen Deppen aus den Tiefen der Wälder auf der einen Seite sowie eine Gruppe von „niedlichen“ wie aufgekratzten Großstadt-Teenagern beiderlei Geschlechts auf der anderen, die nichts anderes wollen als mal Spaß haben. Mit Gesöff und Getue. Abseits von Eltern, Aufpassern und Anstand. Camping im tiefen Wald. Als eine Art Freizeit-Live-Abenteuer. Und das bekommen sie dann auch „geboten“. Mehr als ihnen lieb ist und gut tut…, das All-Inclusive-Horror-Vollprogramm sozusagen.
Tucker & Dale, diese beiden schlichten Gemüter mit dem etwas gruseligen Aussehen, beabsichtigen eigentlich nur, ein schlichtes Weekend in ihrer schäbigen Waldhütte zu verbringen. Mit viel Dosenbier-Trinken und Angeln im nahe gelegen Teich. Die College-Kids aber wissen es besser, halten die Beiden für finstere Brüder. In ihrer völlig überhitzten Fantasie, gesteuert aus Unmengen von schlechtem Filmkonsum, sind sie felsenfest überzeugt, es mit kannibalistischen Inzucht-Hillbillies zu tun zu haben. Zumal doch ihre „süße Blonde“ Allisson von denen gerade entführt wurde. Gerettet, wissen wir dagegen. Denn sie wäre beim nächtlichen Bad beinahe versehentlich ertrunken. Anstatt aber nun schnellstens abzuhauen und Polizei-Hilfe zu holen, will der Nachwuchs es „mit denen“ lieber selber aufnehmen. Was irrwitzige Folgen hat. Denn zufälligerweise ergeben sich derart makabere Zufallsunfälle, dass es tatsächlich so ausschaut, als würden „die lieben Kleinen“ hier einfach weggekillt. Dabei wollen Tucker & Dale wirklich nur helfend einschreiten. Zunächst. Um sich dann gegen diese, wie sie meinen, „Selbstmordsekte“ ein bisschen zur Wehr zu setzen. Was den Klugscheißern draußen gar nicht gut bekommt. Was uns wiederum gar nicht schrecklich, sondern schrecklich komisch vorkommt.
Denn der Jux-Horror „Tucker & Dale“ spielt köstlich mit den Klischees des Genres. Die eigentlich „Bösen“ sind harmlose Gemüter mit hinterwäldlerischem Prekariats-Charme, die keiner Fliege was zuleide tun (wollen); die sonst „Guten“ dagegen führen sich auf/benehmen sich wie aggressive Psychopathen, weil ihr „hitziger Anführer“ es so will. Pech nur, das sie trotz Überzahl immer wieder „dumm ausrutschen“ und sich damit selbst unfreiwillig (komisch) dezimieren.
„Tucker & Dale“ ist total überdrehte, lachhafte Horror-Folklore. Mit absurdem Humor und bizarrer Situationskomik. Als hintergründiges, kauziges Kulturvergnügen: Denn wenn zwei so unterschiedliche „soziale Kulturkreise“ aufeinanderprallen, sind schon mal Missverständnisse und Vorurteile gut möglich. Wenn man nicht vernünftig miteinander zu kommunizieren versteht. Um sich zu verständigen. Weil wir uns aber eben im Ami-Waffenland befinden, gilt gleich das kriegerische Motto – es lebe die lustige Kettensäge. Motto: Es kommt der Tag, da will die Säge sägen.
Auf dem letztjährigen Fantasy-Filmfest war der Film ein Hit. Auch, weil mit ALAN TUDYK & TYLER LABINE zwei wirklich „komische Käuze“ als vermeintliche Massenmörder köstlich herumalbern. Mit DENEN möchte man gerne weitere „Späße“ erleben (= 3 ½ PÖNIs).