THE DARK KNIGHT

PÖNIs: (5/5)

„THE DARK KNIGHT“ von Christopher Nolan (Co-B + R; USA 2007; Co-B: Jonathan Nolan; K: Wally Pfister; M: Hans Zimmer, James Newton Howard; 152 Minuten; deutscher Kino-Start: 21.08.2008); ist sowohl Ami wie auch Brite; wurde als Sohn einer US-amerikanischen Mutter und eines britischen Vaters am 30. Juli 1970 in London geboren. Fing im Alter von sieben Jahren mit der Super-8-Kamera seines Vaters an, Actionfiguren zu filmen. Drehte mit 19 seinen ersten Kurzfilm („Tarantella“/wurde 1989 auch im US-Fernsehen ausgestrahlt); studierte Englische Literatur am Londoner „University College“, schuf seine ersten Filme auf 16mm; brachte 1998 seinen ersten abendfüllenden Spielfilm auf die Leinwand: „Following“ (B + R). Schuf danach in Cineasten-Kreisen vielbeachtete Filme wie „Memento“ (2000/“Oscar“-Nominierung für das „Beste Originaldrehbuch“), den Remake-Thriller „Insomnia – Schlaflos“ (2002/mit Al Pacino, Robin Williams und Hillary Swank), bevor er 2004 mit dem Riesenprojekt „BATMAN BEGINS“ betraut wurde, für das er ein Budget von 135 Mio. Dollar zur Verfügung gestellt bekam (weltweites Einspielergebnis: 372 Mio. Dollar; s. Kino-KRITIK). Im Jahr 2006 schuf er schließlich das Magier-Duell „Prestige – Meister der Magie“, mit Hugh Jackman und Christian Bale. Hier nun wurden für den ehemaligen Low-Budget-Regisseur 180 Mio. Dollar aufgebracht, damit er die Fortsetzung von „Batman Begins“ verwirklicht.

Aber der thematischen Reihe nach: In den USA gehören Comics bzw. Comic-Figuren wie Superman oder Batman zum Kinderzimmer. So wie bei uns die Märchen der Gebrüder Grimm, wie Hänsel & Gretel oder Frau Holle, oder wie Max & Moritz von Wilhelm Busch. BATMAN hat in Nordamerika denselben Bekanntheitsgrad und Stellenwert wie Coca Cola. Die Figur BATMAN wurde 1939 von dem Autoren BILL FINGER und dem Zeichner BOB KANE ins Comic-Leben gerufen. Inspiriert u.a. von einem „Zorro“-Stummfilm sowie von einem Leonardo-da-Vinci-Gemälde, das einen Mann mit Fledermausflügeln zeigt. Hinter dem „Superman“-Konkurrenten verbirgt sich der Milliardär BRUCE WAYNE. Der hat im Alter von 8 Jahren mit-ansehen müssen, wie ein Straßenräuber seine Eltern in einer dunklen Gasse erschießt. Nach einer großzügigen Spende „übersieht“ das zuständige Sozialamt den Waisenjungen.

Bruce wird fortan vom Butler seiner Eltern, von Alfred Pennyworth, aufgezogen. Am Grab seiner Eltern legt er den Schwur ab, seine Heimatstadt Gotham City vom Verbrechen zu säubern. Dafür trainiert er hart und studiert auf der ganzen Welt Kriminologie, Chemie, Physik, Technik und zahlreiche Selbstverteidigungsarten. Er gibt sich den Namen BATMAN, als er eine Fledermaus sieht, die sich in seine Villa verirrt hat. Die Öffentlichkeit von Gotham City steht Batman von Anfang an gespalten gegenüber. Für die einen ist er Rächer und Held, für die anderen ein gesetzloser Rächer, dessen Methoden fragwürdig erscheinen. Hierzulande wurde Batman nur langsam populär. Erstmals erschien er in der ersten Ausgabe der 14-tägig herauskommenden, farbigen „Buntes-Allerlei“-Heftreihe des „Aller-Verlages“ im Jahr 1954, an der Seite von Superman. Neben diversen Zeichentrickfilmen und TV-Serien wurden nun insgesamt 7 Spielfilme realisiert. Mit Akteuren wie Adam West („Batman hält die Welt in Atem“/1966), Michael Keaton („Batman“ + „Batmans Rückkehr“/1989 + 1992; R: Tim Burton), Val Kilmer („Batman Forever“/1995), George Clooney („Batman & Robin“/1997) sowie zuletzt CHRISTIAN BALE („Batman Begins“ + hier). Allein die drei Produktionen von 1989/1992 + 1995 spielten weltweit rd. 1 Milliarde Dollar an den Kinokassen ein, so dass das Leinwand-Thema „Batman“ immer „heiß“ blieb.

Schon Nolans erster Flugversuch mit „Batman Begins“ war vor 3 Jahren kein schrilles Beliebig-Comic-Abenteuer, sondern eine ungewöhnlich düstere Parabel über Trauma-Angst und Selbstjustiz. Jetzt aber, als „dunkler Ritter“, stürzt der Bruce Wayne-Batman in noch tiefere Abgründe von Brutalität, Zerstörung und Terror. Verbunden mit den Fragen nach einer (über-)“lebensfähigen“, demokratischen Recht-und-Ordnung-Gesellschaft, in der das GESETZ über allem steht bzw. stehen sollte. Als EINZIGE WERTE-ORIENTIERUNG. Mit einer faszinierenden wie zugleich SEHR spannenden Präzision thematisiert Nolan den schmalen Grat von Gut und Böse. Und die immerwährende Versuchung, mit „bösen Mitteln“ „Gutes“ erreichen zu können/zu wollen. Denn Bruce Wayne ist müde. Fühlt sich ausgebrannt. Ist es leid, im Batman-Kostüm Schurken zu jagen. Mit Hilfe des Polizeichefs Jim Gordon (GARY OLDMAN) unterstützt er den jung-dynamischen Staatsanwalt und Gerechtigkeitsfanatiker Harvey Dent (AARON ECKHART/“Thank You For Smoking“) in seinem legalen Kampf gegen Mafia & Co. Doch ein neuer, ganz und gar finsterer Bösewicht ist inzwischen aufgetaucht und macht gemeinsame Sache mit dem Mob: Joker (HEATH LEDGER). Ein offensichtlich total enthemmter, keinerlei Skrupel kennender Psychopath, mit der ganz großen Dauer-Lust an Chaos, Gewalt, Zerstörung, Unfrieden. Der keinerlei Moral mehr kennt und nur noch satanisch gegen Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit antritt. Denn, so die trübe Botschaft, die Demokratie ist erschöpft. Hängt zeitweise „ganz schön in den Seilen“. So kann der starke Einzelne – egal, auf welcher Seite – „wirken“. Selbstjustiz lautet das Motto.

Selten war Hollywood-Mainstream dermaßen dunkel und pessimistisch. Und zugleich dicht, packend, atmosphärisch-klasse, beunruhigend-aufregend. „The Dark Knight“, so die neuesten Zahlen, hat die Zuschauermassen in den USA elektrisiert wie lange schon kein Film mehr. Einnahmen von inzwischen rd. 475 Mio. Dollar sprechen Bände und brechen Rekorde. Und lassen grimmig-aktuelle Deutungen zu: Amerika ist ebenso deprimiert. Von Kriegen, Wirtschaftszahlen, Täuschungen durch die Obrigkeit. Gotham City, die Alptraumstadt, sieht nicht mehr wie irgendeine Fiktions-Metropole aus, sondern wie eine typische moderne westliche Großstadt. In der man sich – thematisch – quasi „heimisch“ fühlt. Permanente Terrordrohungen, lähmende Sicherheitsparanoia, Lauschangriff, Telefonkontrolle, Überwachungsstaat, Folter im Gefängnis, Lynchjustiz, organisierte Kriminalität als quasi „unbesiegbare Menschen-Natur“: ein emotional wie (gesellschafts-)politisch ungemein aktueller, packender, dichter Plot. In dem sich Action mit Tiefgang paart, in dem Spannung auf Philosophie trifft, in dem Technik und Fantasy zu schwindelerregenden Gedanken-Flügen los düsen. Kunst, Business, Poesie und Entertainment bilden eine Klasse-Einheit: „The Dark Knight“ ist handwerklich, inhaltlich und darstellerisch GRANDIOS. Große Unterhaltung, die den Kopf bewundernswert „mitnimmt“.

Vergessen sind Strumpfhosen, Pappmaché, Blödsinn, Gag-Neckereien in Verbindung mit dem Leinwand-Jux BATMAN. Stattdessen dominieren tragische Helden mit Realismus-Geschmack zwischen Oper, Western und Technik-Show. Ein (zu-)packender filmischer Gigant! In dem, auch das klug-verrückt, CHRISTIAN BALE als Batman eben NICHT die „erste Geige“ spielt, sondern der sich selbst übertreffende, wahnwitzige Gothic-Clown HEATH LEDGER, der bekanntlich kurz nach den Dreharbeiten, am 22. Januar 2008, in New York im Alter von 28 Jahren verstarb. Nach bemerkenswerten Auftritten zuletzt in dem Bob-Dylan-Zyklus „I`m Not There“ und vor allem in „Brokeback Mountain“ von 2005 („Oscar“-Nominierung) mimt der in Australien geborene Schauspieler hier dermaßen diabolisch-drückend-brillant, dass man den Atem anhält vor so viel faszinierendem Seelen-BÖSEN: Sein Kopf zuckt ständig, die Zunge schnellt über die zum Grinsen vernarbten Mundwinkel; ein sadistischer Spaßvogel, der buchstäblich unter die Angst-Haut kriecht. Faszinierend wie körpersprachlich fesselnd, dieser Auftritt: die ganz große Bühne des nunmehr unvergessenen Heath Ledgers. Michael Caine, Maggie Gyllenhaal, Gary Oldman, Morgan Freeman und Eric Roberts sind die weiteren Stars in diesem ausnahmslos hervorragenden Ensemble. Während HANS ZIMMER und JAMES NEWTON HOWARD für die gewaltige musikalische Stimmungs-Reise sorgen. Ein sensationeller Hollywood-Blockbuster-Film. Er schafft über rd. 140 Minuten begeisternd den dramatischen Spagat zwischen Action- und Kopf-Kunst (= 5 PÖNIs).


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