TAUSEND ZEILEN

PÖNIs: (4,5/5)

„TAUSEND ZEILEN“ von Michael Herbig (D 2019/2020; B: Hermann Florin; K: Torsten Breuer; M: Ralf Wengenmayr; 93 Minuten; deutscher Kino-Start: 29.9.2022);

KLASSE! SEHR UNTERHALTSAM! Titel = „TAUSEND ZEILEN“ von MICHAEL HERBIG (D 2019/2020; B: Hermann Florin; basierend auf dem Sachbuch „Das System Relotius und der deutsche Journalismus“/2019 des Journalisten Juan Moreno, der 2018 den Fall Claas Relotius aufdeckte; K: Torsten Breuer, M: Ralf Wengenmayr; 93 Minuten; deutscher Kino-Start: 29.9.2022). Billy Wilder brachte es auf den Punkt: „Du darfst drehen was du willst, darfst mich aber nicht ‚damit‘ langweilen“. DANKE Michael Herbig für diesen alles andere als langweiligen, im Gegenteil: großartigen Film!

MICHAEL HERBIG, 54, der komische Schauspieler, listige Regisseur, schlaue Autor und erfolgreiche Produzent ist längst erwachsen, hat also den „Bully“ beim Herbig längst entfernt. Der „Manitu“-Erfolgs-Typ mit der stimmungsvollen „Bullyparade“ wechselte Ende September 2018 endgültig vom lustigen Kinofilmstoff zur Thriller-Niveau-Leinwand-Spannung. Um mit „BALLON“ (s. Kino-KRITIK/5 PÖNIs) ein großartiges Filmabitur zu absolvieren.

Sein neuester Hit überzeugt als Drama mit beeindruckender UND SEHR UNTERHALTSAMER Satire-Atmo. Wobei wir kurz durchatmen, um Helmut Dietls Meisterweg „SCHTONK!“ (s. Kino-KRITIK/5 PÖNIs) aus dem Filmgoldjahr 1992 gedanklich wie lächelnd zu-gemeinden. Zum Übertreiben geeignet  – „Tausend Zeilen“ tritt heuer als moderner „Schtonk“-Nachfolger-Streich in Erscheinung. Mit der passenden Mixtur Komödie-Satire-Drama-Krimi!

Tatsache: Was Der STERN 1983 bediente, film-liefert jetzt Der SPIEGEL aus dem Jahr 2018, der hier als Die CHRONIK agiert. Wo ein jungscher Spund von freier Journalist mit Titel-Artikel die Chefetage(n) im Haus begeistert. Man zeigt sich begeistert Erfolgs-besoffen. Als da diesbezüglich exzellent mitmischen: MICHAEL MAERTENS als windiger Ressortleiter sowie JÖRG HARTMANN (= bekannt als Dortmunder „Tatort“-Ermittler) als tückischer Vize-Chefredakteur.

Dabei bescheißt der hauseigene Erfolgsschreiber Lars Bogenius (Anspielung auf den ehemaligen Spiegel-Autoren Claas Relotius/von engl. „bogus“, „gefälscht“) kräftig sein „Die CHRONIK“-Heim. Motto: Der geile Betrug. Eines geiligen Schreibers (was für ein spitzer Spitzbube: JONAS NAY). Namens eben: Lars Bogenius. Thema: Der schreibt wie er vorzüglich spinnt. Was die Leser, also die Leserzahlen, in sagenhafte Kauf-, also Ertrags-, also Gewinnhöhen springen lässt. Auf dass die Chefdirigenten des Magazins immer mehr ausflippen. Stichwort: Da erwarten uns immer mehr Preise. Für unseren vorzüglichen Journalismus. Das Erwartungsfieber kocht. Money makes schließlich die Magazin-Show. ABER:

Der chaotische „Kontrolleur“ im Antikörper. Ist hellhörig geworden – Juan Romero (Namensanspielung auf den wirklichen „Spiegel“-Akteur von 2018 – Juan Moreno). Ein fleißiger, ehrlicher journalistischer Fighter (wuchtig: ELYAS M’BAREK), der sich immer mehr nicht-einkriegt von wegen Aufruhr, Empörung und Wut über die Zustände im Hause CHRONIK. Der pö a pö hinter die aalglatten, betrügerischen Machenschaften seines Kollegen Bogenius kommt. Dabei seine Familie – gestresste Gattin, vier aufgeweckte Klein-Töchter – arg vernachlässigt. Vernachlässigen muss, um die Beweislage hieb- und stichfest zu stemmen. Zu festigen. Was aber seinen Stress immer weiter hochfahren lässt. Juan Romero als Don Quichotte, der gegen Windmühlen kämpft, weil niemand ihm glaubt, glauben will; einzige Unterstützung bekommt er von seinem österreichischen „Milo“- „Schildknappen“ (bauernschlau: MICHAEL OSTROWSKI), der ihn als aufmüpfiger Fotograf begleitet und ehrlich unterstützt. Ansonsten aber gilt Juan Romero als Verlierer. Wird jedenfalls lange Zeit „so“ behandelt. Bis er das Gegenteil zu beweisen vermag.

Das Drehbuch powert. In der Mischung aus bitter-lustig und taffen Arroganz-Charme. Man wird „bullig – herbig“ eingefangen und sofort atmosphärisch-brillant mitgenommen. In Bewegung wie Sprache wie im kessen Gedankengang. Man kriegt sofort die Unterhaltungskurve. Ist bestens unterhaltsam-angetan.

Das Darsteller-Ensemble ist, bis in die kleinste Position, insgesamt brillant-wummig. Jede Minute stimmt. Ob real wie gestreut. In den piksenden Erläuterungen. Von Denen vorne, an der Filmfront, ebenso wie von Denen daneben. Und Dahinter. Die alle lautstark rufen:  GEHT ENDLICH INS KINO. ES LOHNT SICH. Endlich mal. „Tausend Zeilen“ oder – einer der besten deutschen Kinofilme 2022! Deutschland, WIR haben ab sofort einen heimischen Volltreffer in den Kinos. Wäre durchaus zur „Oscar“-Nominierung geeignet gewesen (= 4 1/2 PÖNIs).

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