„TANGO BAR“ von Marcos Zurinaga (Argentinien/Puerto Rico 1988; 90 Minuten; Start D: 26.04.1990).
Elena und Ricardo sind ein Paar und als Paar treten sie auch allabendlich in der „Tango Bar“ auf. Elena singt, Ricardo spielt Klavier. Aber das war nicht immer so. Früher waren sie ein Trio. Dritter im Bunde war Antonio, Bandoneon Spieler und ebenfalls Sänger. Damals, vor zehn Jahren, hatte Antonio sich von den anderen im Streit getrennt und das Land verlassen. Jetzt wird er zurückkehren. Zurück nach Argentinien, nach Buenos Aires. Zurück auch zur „Tango Bar“ und damit zu Elena und Ricardo.
So beginnt Marcos Zurinagas Film „Tango Bar“. Mit Antonios Rückkehr endet er. Der Kreis schließt sich. Dazwischen werden in Rückblenden die gemeinsamen Auftritte der drei gezeigt. Und in den Auftritten wird dem Zuschauer der Tango nahegebracht. Von seinen Ursprüngen bis heute.
Dieser verblüffend einfache Aufbau des Filmes erscheint dem Zuschauer so sinnvoll, nachvollziehbar und gleichzeitig so komplex, dass es eine wahre Wonne ist, dem Film zu folgen. In den Tanzszenen wird deutlich, warum der Tango auch der „erotischste aller Tänze “ genannt wird.
Da werden die Abgründe und Höhepunkte der Beziehung zwischen Mann und Frau getanzt und auch gespielt, mit all ihren Varianten. Hass, Liebe, Trauer und Sehnsucht wechseln sich ab. Wenn „Verlassenwerden“ getanzt wird, dann verlangsamen sich die Schritte, dann neigt sich der Kopf bis zur Brust, dann rollt sich der ganze Körper scheinbar ein. Wenn „Begehren“ getanzt wird, ist der Blick durchdringend, sind die Bewegungen schnell, forsch und gradlinig.
Tango ist getanztes Theater. Und der Film zeigt, dass Tango nicht nur Amüsement bedeuten kann, sondern das ganze Leben. Der Tango symbolisiert eine Lebenseinstellung; nämlich die, von Elena, Ricardo und Antonio. Wieder schließt sich ein Kreis.
Der Tango war ursprünglich der Tanz, der argentinischen Landbevölkerung. Seit Beginn des 20. Jahrhundert entwickelte er sich mehr und mehr zum Gesellschaftstanz. In den Rückblenden erzählen Ricardo und Antonio über die Phasen, die der Tanz erlebt hat. In Tanzszenen werden die Veränderungen vorgeführt. In Filmausschnitten tanzen bekannte Schauspieler Tango und sehen dabei oft sehr unglücklich aus. Peter Ustinov wirkt für diesen Tanz einfach viel zu wuchtig, und auch Jean Paul Belmondo macht in der Rolle des forschen Tango Tänzers einen eher erbärmlichen Eindruck.
Aber „Tango Bar“ ist nicht nur komisch, unterhaltsam und lehrreich, der Film hat auch eine kritische Seite: Antonio ging vor 10 Jahren freiwillig in$ Exil. Die Militärjunta begann sich zu der Zeit in die Kultur einzumischen und skrupellos zu zensieren. Antonio fühlte sich damals so unter
Druck gesetzt, dass er Argentinien fluchtartig verließ. „Tango Bar“ hat eigentlich keinen politischen Anspruch, doch rechnet der Film, fast beiläufig, mit der Diktatur der Vergangenheit ab. Am Ende findet das große Zusammentreffen von Elena, Antonio und Ricardo statt. Die drei versöhnen sich und besiegeln die alte Freundschaft mit einem Tango.
„Tango Bar“ ist ein Tanzfilm zum Träumen. Ein Film mit viel Pathos aber auch Ernsthaftigkeit und herrlich gefühlvollen Dialogen. Die Tanzszenen sind wild-romantisch und sexy. Alles in allem: ein Film, der runtergeht wie Honig (= 4 PÖNIs).