SYDNEY POLLACK

TIP-Gespräch: Hans-Ulrich Pönack mit dem amerikanischen Regisseur SYDNEY POLLACK am 12. Januar 1986 im Hotel Plaza Athenee in Paris. Schöpfer von Filmen wie:

„DER ELEKTRISCHE REITER“ von Sydney Pollack (USA 1978/1979; B: Robert Garland; K: Owen Roizman; M: Dave Grusin; Songs: Willie Nelson; 121 Minuten; BRD-Kinostart: 03.04.1980; aktuelle Heimkino-Veröffentlichung: 10.08.2017; s. Kino-KRITIK).

Nur wenige Filmemacher können auf so kontinuierliche Erfolge sowohl auf künstlerischem wie auch auf kommerziellem Gebiet verweisen wie der heute 52-jährige Sydney Pollack. Seine bisherigen 14 Kino-Spielfilme (einschließlich „Out Of Africa“/“Jenseits von Afrika““) haben ihm insgesamt 42 “Oscar“-Nominierungen eingebracht. Elf alleine jetzt für “Out Of Africa“ (die diesjährige “Oscar“-Verleihung ist am 24. März)‚ während bislang acht seiner Filme auf der ewigen Bestenliste der amerikanischen Fachzeitschrift “Variety“ erscheinen. Als Regisseur wurde Sydney Pollack dreimal für den weltweit renommiertesten (“Oscar“-)Filmpreis nominiert: für “They Shoot Horses, Don‘t They?“/“Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss“ (1969), “Tootsie“ (1982) und jetzt soeben für “Out Of Africa“. Die komplette Nennung seiner zahlreichen Auszeichnungen im In- und Ausland einschließlich der von den Filmfestivals von Cannes, Moskau, Taormina, Brüssel, Berlin, Belgrad und San Sebastian würde hier den Rahmen sprengen. Sydney Pollack jedenfalls gehört zu den meist dekoriertesten und anerkanntesten Filmemachern Hollywoods.

Geboren ist er am 1. Juli 1934 in Lafayett, Indiana. Bereits mit 17 ging er nach New York, um Schauspieler zu werden. 1952 wurde er am Sanford Meisners Neighborhood Playhouse aufgenommen und erwies sich als so begabt, dass er schon zwei Jahre darauf Meisners Assistent wurde und schließlich dort selbst bis zum Jahre 1960 unterrichtete. 1955 begann Pollack auch als Schauspieler professionell am Broadway und im Fernsehen zu arbeiten und trat beispielsweise in verschiedenen TV-Adaptionen von Hemingway-Romanen auf, die von John Frankenheimer inszeniert wurden (“Wem die Stunde schlägt“, “Die 5. Kolonne“, “Schnee am Kilimandscharo“). Frankenheimer und Pollack wurden Freunde, und Pollack ging 1960 mit Frankenheimer nach Hollywood, um als Assistent bei “Die jungen Wilden“ zu arbeiten. Dabei lernte er Burt Lancaster kennen, der in diesem Film die Hauptrolle spielte. Seither verbindet Lancaster und Pollack eine dauerhafte Freundschaft, währenddessen Lancaster und Frankenheimer gemeinsam die Regie-Karriere Pollacks kräftig unterstützten.

In den folgenden fünf Jahren führte Pollack bei mehr als 80 Fernsehproduktionen und TV-Serien Regie und erhielt schließlich nach drei Nominierungen hintereinander 1965 für “The Game“ den begehrten “Emmy Award“, den TV-“Oscar“. Im selben Jahr erfolgte sein Debüt als Kino-Spielfilmregisseur mit “The Slender Thread“/“Stimme am Telefon“, einem Psycho-Melodram mit Anne Bancroft und Sidney Poitier. Der zweite Film, ein Jahr darauf, war eine Adaption des Tennessee-Williams-Stücks “This Property Is Condemned“ (deutscher Kinotitel: “Dieses Mädchen ist für alle da“) und bedeutete zugleich die erste Zusammenarbeit mit Robert Redford, mit dem Pollack inzwischen sechs Filme realisiert hat. 1968 entstand der Western “The Scalphunters“/“Mit eisernen Fäusten“ und 1969 die Kriegsgeschichte “Castle Keep“/“Das Schloss in den Ardennen“, beide mit Burt Lancaster. Bereits mit seinem fünften Werk, “They Shoot Horses, Don‘t They?“/“Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß“, einem emotionalen, sozialkritischen Drama innerhalb der Szenerie eines menschenverachtenden Tanzmarathonwettbewerbs im Amerika der Dreißiger, erlangte Sydney Pollack Weltruhm. Jane Fonda, seine Hauptakteurin, unterstrich hier erstmalig ihre hervorragenden schauspielerischen Qualitäten, während Gig Young für “die beste Nebenrolle“ einen “Oscar“ zugesprochen bekam. 1972 schuf Pollack mit Robert Redford die inzwischen mit Kult-Charakter bedachte Low Budget-Western-Produktion “Jeremiah Johnson“, die ganz in den Bergen von Uta gedreht wurde und besonders das Element der Natur in den filmischen Mittelpunkt stellte. 1973 folgte die bittersüße Polit-Liebesgeschichte “The Way We Were“/“So wie wir waren“ mit Streisand und Redford. 1975 die actionreiche Gangsterstory “Yakuza“ mit Robert Mitchum… Der mit Watergate-Hauch begleitete Spannungsstreifen “The Three Days Of The Condor“/“Die drei Tage des Condor“ wurde 1976 zu seinem nach dem ‘Horses‘-Film zweitbestem Werk. Sowohl “Bobby Deerfield“ (1977, mit Al Pacino), einem sentimentalen Rennfahrer-Melodram, als auch “The Electric Horseman“/“Der elektrische Reiter“ (1979, wieder mit Redford) wo Pollack gegen skrupellose Vermarktungsmethoden zu Felde zog, und “Absence Of Malice“/“Die Sensationsreporterin“ (1981, mit Sally Field und Paul Newman), der sich mit den Auswirkungen einer rücksichtslosen Sensationspresse befasste, beinhalteten thementypische Merkmale des Regisseurs, dem es dabei um die Unterdrückung des Einzelnen durch die modernen Maschinerien von Industrie-, sprich Machtgruppierungen ging. Mit der Dustin Hoffman-Geschlechterkomödie “Tootsie“ (1982) schließlich errang Sydney Pollack seinen größten kommerziellen Erfolg.

Neben seiner Regiearbeit betätigt sich Pollack zeitweise auch als Produzent. Fünf seiner Arbeiten produzierte er selbst (“Yakuza“, „Bobby Deerfield“, “Absence Of Malice“, “Tootsie“ und “Out Of Africa“), und in letzter Zeit auch zwei Streifen mit dem Countrysänger Willie Nelson: “Honeysuckle Rose“ (Regie: Jerry Schatzberg, für den er bereits 1972 das Aussteigerstück “Asphalt-Blüten“ mit Al Pacino und Gene Hackman produziert hatte), der hierzulande nie gezeigt wurde, und “Songwriter“ (Regie: Alan Rudolph), der kürzlich unter dem Titel “Der Songschreiber“ seine deutsch Videopremiere hatte. Sydney Pollack lebt zusammen mit seiner Frau Claire und den drei Kindern Steven (26), Rebecca (21) und Rachel (16) in Pacific Palisades in Kalifornien.

TIP: Was hat Sie veranlasst, 1985 einen Film über eine dänische Frau und Schriftstellerin zu machen, die vor über siebzig Jahren Afrika für sich entdeckte und zu ihrer Lebensaufgabe machte?

Pollack: Mein Drehbuchautor Kurt Luedtke und ich sind vor einiger Zeit auf die Romane der Isak Dinesen aufmerksam geworden und merkten, dass sie etwas Besonderes hatten, bedeuteten. Dabei hat ‘Out Of Africa‘ keinen großen erzählerischen Schwung. Es ist vielmehr eine Art Pastorale, eine schriftstellerisch durchkomponierte Abhandlung, deren Stärke durch den sprachlichen Stil der Dinesen bedingt ist, durch ihre poetische Kraft und durch ihre Fähigkeit, große Wahrheiten in kleinen, spezifischen Details zu entdecken. Mir war klar, dass es schwierig werden würde, dies in eine angemessene Bildersprache umzusetzen. Aber mich beeindruckten der Mut dieser Frau und ihre Kraft, mit Verlusten in einer bestimmten poetischen Weise umzugehen. Mich hat dies persönlich außerordentlich berührt. Diese Frau hatte eine ganz bestimmte Art von Menschlichkeit, die sie interessant machte, und sie besaß dabei Intelligenz und Natürlichkeit, Ursprünglichkeit und Würde.

TIP: Dennoch handelte es sich um alles andere als einen Stoff für einen heutigen Kinofilm! War es für Sie eine Art Herausforderung, diesen Film zu machen, der weniger auf Aktionen und mehr auf Emotionen zielt?

Pollack: Ja. Die Schwierigkeit bei diesem Stoff war, ein sensibles Thema auf die Leinwand zu übertragen. Es gibt hier keine bemerkenswerten Ereignisse, es gibt hier kein “…und was geschah dann?“, diese Bestandteile fehlen völlig. Auf der einen Seite versuchten wir, der Skriptvorlage gerecht zu werden, aber dann versuchten wir auch, sie zu entwickeln, sie durch die Darstellung der Charaktere und diese übergroße Liebesbeziehung zu diesem Land filmisch interessanter zu machen, ohne jedoch den authentischen Ursprung zu verändern. Eine empfindsame, intelligente Frau lernt in Afrika eine Art Paradies kennen und verlieren. Sehen Sie, das ist die ganze Geschichte.

TIP: Nun geschah dies immerhin vor über siebzig Jahren. Mit welche Mitteln und Möglichkeiten gingen Sie an das Projekt heran?

Pollack: Wir hatten die Wahl. Sollten wir den Film mit der heutigen Bewusstseinseinstellung drehen oder sollten wir ihn so schaffen wie es einst passiert ist und hoffen, dass er dazu beiträgt, dass Afrika und die Afrikaner ein eigenes Bewusstsein, eine eigene Würde bekommen? Also zog ich den Roman der Isak Dinesen zu Rate. In dem tritt unbeachtet des herrschenden Rassismus eine selbstbewusste Frau auf, die durch eine Art ‚Bogen der Veränderung‘ schreitet, denn sie war die erste Person, die forderte, dass den Afrikanern das Land zurückgegeben werden soll, das ihnen gehört. Sie unterzog sich damit selber einer Art von Evolution im Sinne von Veränderung ihrer selbst. Ich glaube, es wäre töricht gewesen, wenn ich diese Empfindungen aus der Sicht von heute für den Film als Grundlage verwandt hätte.

TIP: Es gehört sicherlich viel Mut dazu, solch ein Thema, solch einen Film heute zu machen, oder? Hollywood fabriziert doch im Allgemeinen heute ganz andere Spielfilme?!

Pollack: Ich weiß nicht, ob es Mut war. Es war auf jeden Fall ein riskantes Spiel, ein großes Wagnis. Aber wenn ich hier von Mut oder Wagnis spreche, klingt es für mich als so eine Art Selbstlob. Ich würde deshalb lieber formulieren, dass es eben etwas war, mit dem ich mich befassen und auseinandersetzen wollte. Im Verlauf der Dreharbeiten war ich oft verunsichert, denn der Markt ist heutzutage kein Markt für diese Art von Film. Heute machen Kids- oder Science-Fiction oder ähnliche Filme Kasse. Und bei mir spielen ältere Menschen eine Rolle, es ist ein Film mit langen Dialogszenen, ohne Abenteuer und große Actioneinzelheiten, eben ein “ganz anderer“ Film.

TIP: Konnten Sie diesen Film machen, weil Sie mit “Tootsie“ so einen riesigen Erfolg hatten?

Pollack: “Tootsie“ half insofern viel, weil die Studios eher bereit waren, ihr Geld, und es handelt sich hierbei um eine 30 Millionen Dollar-Produktion, in dieses risikoreiche Unternehmen zu investieren. Aber es war vielleicht nicht “Tootsie“ allein, sondern vielmehr die Tatsache, dass ich vier, fünf erfolgreiche Filme in Folge gedreht habe. Nun, sie waren nicht gerade glücklich, aber sie investierten schließlich.

TIP: Sehen Sie, ausgelöst durch Ihren Film, möglicherweise eine Veränderung auf dem Filmmarkt in Hollywood?

Pollack: Ich sehe zurzeit keine Veränderung. Aber ich hoffe, sofern mein Film Erfolg hat, dass er dazu beitragen könnte. Ich möchte aber auch auf keinen Fall so verstanden werden, dass ich nun der Meinung wäre, alle anderen Filme, die in Hollywood gemacht wurden und werden, wären schlecht. Das wäre nicht wahr. Ich möchte nur erreichen, dass auch für meine Art von Kino Platz ist. Ich möchte nicht, dass es nur die Möglichkeit geben soll, Filme für 15-Jährige zu drehen.

TIP: Waren die Dreharbeiten in Kenia besonderer Art oder waren es ganz normale, übliche?

Pollack: Nun, es gab Schwierigkeiten, aber sie waren, um die Wahrheit zu sagen, keine abnormen. Da gab es Probleme mit dem Wetter, den Tieren, Krankheitsprobleme. Wie es an sich auch zu erwarten ist, wenn man für fünf Monate nach Afrika geht: Es gibt Malaria, es regnet, wenn es nicht regnen sollte, die Tiere reagieren nicht, wie sie sollen, Straßen wurden unterspült. Es war schwierig, 200 Menschen dazu zu bringen, in Zelten zu leben. Und jedes Mal, wenn wir unseren Standort veränderten, bedeutete es, dass wir eine Stadt errichten, bauen mussten, in der 200 Menschen sich waschen, duschen und Wäsche waschen konnten. Na ja, und wie kann man so etwas ‘in der Mitte von Nirgendwo‘ tun? Das war schon etwas kompliziert manchmal.

TIP: Und Sie mussten sogar auch die Löwen nach Afrika mitbringen?

Pollack: Das hatte weniger damit zu tun, dass die Dressurakte zu vollbringen hatten als damit, dass die Tiere in Kenia nicht angefasst werden dürfen. Du darfst sie nicht transportieren oder gar verletzen, nur für so “ein Spiel“. Der Grund war also weniger, dass sie dressiert sein sollten als der, dass wir mit ihnen umherziehen und sie dafür in Käfige sperren mussten.

TIP: Können Sie etwas über Ihre Zusammenarbeit mit Robert Redford sagen?

Pollack: Er ist eine Art gespaltener, zerrissener Schauspieler. Und zwar in dem Sinne, dass er ein viel komplizierterer Mann ist, als er zunächst anzeigt. Er ist ein Mann, der sich während der Arbeit irgendwo im Innern zurückhält. Da ist stets irgendetwas was bei ihm nicht erreichbar ist, das aber zur Folge hat, dass man sich für ihn interessiert. Du wirst seiner nicht müde. Andererseits mögen ihn viele Leute deswegen nicht.

Er ist sehr amerikanisch und ich meine damit, dass er nach außen hin einen Eindruck vermittelt, der ihn nicht gänzlich offenlegt. Er hat etwas von Gegensätzlichkeit, das ich als sehr amerikanisch einstufe. Er ist ein Typ, der mich gut versteht. Und es ist halt leichter, mit jemandem zusammenzuarbeiten, der einen versteht. Ich brauche ihm nie viel zu erklären, deshalb verstehen wir uns so gut.

TIP: Wie kamen Sie auf Meryl Streep?

Pollack: Zu Anfang dachte ich überhaupt nicht an sie. Ich bin nach London geflogen und traf alle europäischen Schauspielerinnen, die mir einfielen. Übrigens auch Hanna Schygulla.

TIP: Liv Ullmann auch?

Pollack: Nein. Ich kenne Liv. Sie wäre die Perfekte gewesen, wenn ich diesen Film vor zehn Jahren gedreht hätte. Sie wollte diese Rolle auch spielen, aber ich glaube, sie ist eine Idee zu alt dafür. Leider. Ich traf so viele Leute, es war eine harte Arbeit. Diese Frauenfigur musste verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Sie musste überzeugt sein, eine Schriftstellerin zu sein. Sie brauchte überzeugende Intelligenz, Mut, Persönlichkeit. Die Schauspielerin musste wechseln können von erster, aufflammender Begeisterung zu dieser Art gesetzter, großartiger Dame. Wir brauchten jemand, der aristokratisch wie unauffällig-attraktiv war. Ich brauchte kein hübsches Mädchen. Ich kannte Meryl Streep wie jeder sie kennt: aus ihren Filmen. Ich hatte sie nie getroffen. Ich wusste nicht, wer Meryl Streep wirklich war. Sie wollte diese Rolle unbedingt spielen. Ständig riefen sie oder ihr Agent bei mir an. Und dann haben wir uns doch einmal in einem New Yorker Hotel getroffen. Und als sie kam, machte irgendetwas bei mir ‘klick‘, weil sie so anders war wie ich sie aus ihren Filmen in Erinnerung hatte. Ich sah etwas in ihrer Persönlichkeit, was ich mochte. So bin ich auf sie gekommen.

TIP: Sind Sie bei ihrer Rollenbesetzung völlig unabhängig?

Pollack: Ja, absolut.

TIP: Es gibt an Ihren Filmen etwas Auffälliges: Sie lassen sich sehr viel Zeit mit der Darstellung der Entstehung und Entwicklung von Beziehungen. Diese selber aber kommen dann immer nur eine kurze Zeit zu voller Blüte. Und ich glaube auch, Sie haben keinen Film gedreht, in dem es ein Happy End gibt?

Pollack: Ja, das stimmt. Ich werde oft danach gefragt und kann es eigentlich nicht genau erklären. Ich bin an Auseinandersetzungen sehr interessiert. Ich interessiere mich für zwei Standpunkte die sich gegenüberstehen. In diesem Film haben Sie einen Mann, der ein totaler Individualist ist. Er möchte ein Leben, für das er nichts anderes aufgeben muss – bezogen auf eine Partnerschaft. Und es gibt eine Frau, die eine totale Bindung sucht. Wenn ich nun beide Seiten gleichberechtigt, gleichgewichtig aufzubauen beginne, interessiert mich das mehr, als eine Seite stärker und größer einzubringen. Und unter diesen Umständen ist es äußerst schwierig, ein Happy End zustande zu bringen. Das geschieht mir immer wieder. Ich plane es nicht im Voraus. Aber wenn ich mit den Autoren arbeite, spiele ich an einem Tag seine Rolle und versuche alles zu formulieren, was zu ihm passt. Am nächsten Tag spiele ich dann ihre Rolle durch. Und wenn wir dann die Unterschiede herausgearbeitet haben, ist es immer sehr schwer, die Beiden wieder zusammenzubringen.

TIP: Ihre Filme sind ja auch immer Beziehungsfilme, Liebesfilme. Was reizt Sie besonders daran?

Pollack: Ich habe Liebesgeschichten produziert, weil es das Einzige ist was mich interessiert. Die Beziehung zwischen einer Frau und einem Mann ist zugleich der Mikrokosmos für alles andere, was auf der Welt passiert: politisch, moralisch, sozial. Man kann es machen, weil die Geschichte immer mit einem Mann und einer Frau beginnt oder mit einem Mann und einem anderen Mann oder mit zwei Frauen, wie man es haben will. Nimmt man einen Mann und eine Frau, so wird es sehr schnell die Geschichte des Alltags. Ein solches Paar lebt in der Nachbarschaft zu einem anderen Paar. Es steigert sich dann zu der Ebene zweier Stadtteile gegeneinander, dann geht diese Stadt gegen eine andere an, schließlich ist es ein Land gegen ein anderes. Ich meine die Gesetze und Regeln, die zum Beispiel jetzt in diesem Raum zwischen uns herrschen, gelten auch auf der Ebene von zum Beispiel zweier Staaten, bezogen auf den Umgang miteinander. Ob sie sich mögen, tolerant gegeneinander sind oder wie auch immer. Es beginnt immer mit zwei Menschen. Deshalb interessieren mich Beziehungen, weil sie als Metapher für alles andere stehen. Aber das ist meine Ansicht.

TIP: Sie haben vor einiger Zeit angefangen, Ihre Filme auch noch selbst zu produzieren. Warum?

Pollack: Weil es Zeit und Streitereien spart.

TIP: Haben Sie einen Stoff, den Sie gerne einmal verwirklichen würden? So eine Art Traumprojekt?

Pollack: Ich würde gerne einen Film über Hollywood machen.

TIP: Das wäre aber nicht der erste…

Pollack: …aber niemand hat bisher einen wirklich guten gemacht. Es gibt bisher keinen ehrlichen Film über Hollywood. Es ist ein außergewöhnlicher Platz. Ich würde gerne einen Film über das Filmemachen drehen. Ich glaube, da wartet ein großartiger Film, der über die Tatsache gedreht werden will, wie aus dem Irrsinn Kunst entsteht. Es ist Scheiße, wenn man es so will. Es ist etwa so, wenn Blumen mit Pferdescheiße gedüngt werden und trotzdem wachsen die Blüten. Es ist schon eine merkwürdige Sache, die da geschieht. Denn: Abgesehen von den Dingen, die falsch sind, und alles ist falsch mit Hollywood, wird dort einmal im Jahr oder alle zwei Jahre die beste Kunst der Welt hervorgebracht, werden die besten Filme gemacht. Aber niemals hat jemand über Hollywood einen ehrlichen Film gemacht. Die Leute haben Angst. Sie sagen, niemand interessiert sich dafür, niemand würde sich einen solchen Film ansehen. Aber ich bin der festen Überzeugung, das würde einen verfilmbaren Stoff geben. Und was für einen!

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