SULLY

PÖNIs: (4/5)

„SULLY“ von Clint Eastwood (USA 2015/2016; B: Todd Komarnicki; nach dem gleichn. Buch von Chesley B. Sullenberger und Jeffrey Zaslow/2016; K: Tom Stern; M: Christian Jacob; 96 Minuten; deutscher Kino-Start: 01.12.2016); im Hollywood-Kino werden oftmals DIE als Helden hofiert, die andere zielsicher erschossen haben/erschießen. Regisseur Clint Eastwood, inzwischen 86, der ehemalige Western-Leinwandheld-Gigant („Für eine Handvoll Dollar“; „Dirty Harry“) und – als Regisseur – zweifacher „Oscar“-Preisträger („Erbarmungslos“; „Million Dollar Baby“), setzt aktuell einem „friedlichen“ Alltagshelden aus New York ein exzellentes filmisches Denkmal.

Sein Name: CHESLEY B. SULLENBERGER. Geboren am 23. Januar 1951 in Denison, Texas. Spitzname: Sully. Als Pilot mit über 20.000 Flugstunden Erfahrung, stand er am 15. Januar 2009 im Mittelpunkt eines ungewöhnlichen Geschehens und meisterte brillant „diese Situation“. „Heldenhaft“, wie ihm es später der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg und Präsident Obama bestätigten.

Donnerstag, der 15. Januar 2009, nachmittags: ein kalter, klarer Tag in New York. Mit ein paar vereinzelten Wolken am Himmel. Airbus A320-214. Flug 1549. Vollbesetzt. Insgesamt 155 Menschen befinden sich an Bord. Auf dem Weg von New York nach Charlotte in North Carolina. Normalerweise dauert er rund eine Stunde. „Wir waren etwa neunundvierzig Sekunden in der Luft und hatten noch keine 900 Meter Höhe erreicht, als ich sie sah: Vögel!“, beschreibt der Flugkapitän die Situation in seinem Buch (s. Credits). Wildgänse fliegen in die Triebwerke der Maschine. Diese fallen aus; das linke fängt Feuer. „Ich konnte hören, wie sich die Triebwerke quasi selbst auffraßen, als sich die zerbrochenen Turbinenblätter selbständig machten und die fein ausbalancierte innere Mechanik der Motoren zerschlugen“. In den nächsten 208 Sekunden trifft der 57-jährige Chesley Burnett Sullenberger Entscheidungen, die sein Leben verändern und das Leben der Insassen der A320-214 retten sollten. Um einer Katastrophe zu entgehen, beschließt Sully, das Flugzeug auf dem eiskalten Hudson River zu landen.

Aus knapp einer Viertelstunde „Ereignis“ einen hervorragenden anderthalb Stunden-Spannungs-Spielfilm zu machen: Dies gelingt dem Veteranen Eastwood, gemeinsam mit seinem Drehbuch-Autoren TODD KOMARNICKI („Buddy – Der Weihnachtself“/2003), ganz unangestrengt vorzüglich. Indem er den Menschen „Sully“ ruhig seziert und den Unfall, die Landung und die Folgen als Ausgangspunkt für ein cleveres Duell mit Unfallexperten der amerikanischen Flugaufsichtsbehörde nimmt. Ein Ausschuss soll klären, ob es wirklich unvermeidbar war, auf dem Wasser zu landen anstatt den nächsten Flughafen anzusteuern. Im Gegensatz zum „Volk“ und den Medien, die „Sully“ als einen Helden betrachten, feiern und verehren, sind die Mitglieder des Ausschusses misstrauisch („Heute beginnt die Untersuchung der Flugdurchführung und der menschlichen Faktoren im Zusammenhang mit dem Absturz von Flug 1549″. „Mit der Wasserlandung“. „Kapitän?“ „Das war es nicht, das war kein Absturz. Wir wussten, was wir da durchführen wollten. Das war kein Absturz, das war eine notwendige Wasserlandung„).

Daraus entwickelt der Film seine unterhaltsamen Stärken: Indem er das vermeintliche Heldentum hinterfragt und dabei den Menschen „Sully“ Sullenberger einfühlsam porträtiert, mit seinen Ängsten, Alpträumen und den Auseinandersetzungen mit den Experten, die ihm – dem „Helden“ – einiges „davon“ „abzukratzen“ gedenken. „Obwohl ich noch nie etwas Ähnliches getan hatte, war ich überzeugt davon, dass ich es tun könnte. Die Lösung war, eine mentale Vorstellung davon zu haben, wie der Notfall gelöst werden sollte: Mich zur Ruhe zwingen, das Flugzeug zu fliegen und Prioritäten für eine Landung zu setzen„, hält er dagegen. Anhand von diversen Computersimulationen aber scheint dennoch ein Nachweis von „Fehlverhalten“ seitens des verantwortlichen Kapitäns und Entscheiders tatsächlich möglich.

Der zweifache „Oscar“-Preisträger TOM HANKS („Forrest Gump“; „Philadelphia“): Und die nächste „Oscar“-Nominierung ist fällig. Außerordentlich einfühlsam, absolut glaubhaft und fein-sensibel und vor allem sachbezogen taucht er in diese besonnene Figur „Sully“ ein und lotet sorgfältig ihren Seelen-Charakter aus. Vermag körpersprachlich starke „Sully“-Nähe zu setzen sowie menschliche Anspannung und Akzente unter der souveränen Spielleitung von Clint Eastwood eindringlich herzustellen. Pathos & Patriotismus ausgeschlossen. Das gesamte Team-hier liefert einen überzeugenden Spannungsfilm ab, dessen Geschichte in jedem Moment interessiert, packt und vorzüglich unterhält. In weiteren Promi-Rollen: AARON ECKHART als Co-Pilot Jeff Skiles sowie LAURA LINNEY als Ehefrau Lorraine Sullenberger.

GUTES KINO (= 4 PÖNIs).

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