SUFFRAGETTE – TATEN STATT WORTE

SUFFRAGETTE – TATEN STATT WORTE“ von Sarah Gavron (GB 2014; B: Abi Morgan; K: Edu Grau; M: Alexandre Desplat; 106 Minuten; Start D: 04.02.2016); das Wort „Suffrage“ stammt aus dem englisch-französischen und bedeutet Wahlrecht. Dieses Wahlrecht besitzen britische Frauen anno 1912 immer noch nicht. Obwohl sie seit Jahren „defensiv“ wie öffentlich „aggressiv“ darum kämpfen („Wir sind die Hälfte der Menschheit“). Sie, diese Engagierten, werden – nach einem Zeitungsbericht aus dem Jahr 1906 – abschätzig als „Suffragetten“ bezeichnet. 1903 gründete Emmeline Pankhurst (1858 – 1928/im Film kurz: MERYL STREEP) in Großbritannien die „Women’s Social and Political Union“ (die WSPU), eine bürgerliche Frauenbewegung. Die in den Folgejahren sowohl durch passiven Widerstand als auch durch öffentliche Proteste bis hin zu Hungerstreiks auf sich und auf ihr Anliegen aufmerksam machte: das Wahlrecht für Frauen sowie die allgemeine Gleichstellung der Frau. Die „Suffragetten“ waren teilweise gezwungen, in den Untergrund zu gehen. 1913 verabschiedete das Parlament das so genannte „Cat and Mouse Act“, das „Katz- und Maus-Gesetz“: Frauen werden regelmäßig in das Londoner Gefängnis Holloway verfrachtet, wo sie Nahrung verweigern und demzufolge brutal zwangsernährt werden. Dann wirft man sie aus dem Gefängnis hinaus, um sie – sobald sie halbwegs wieder zu Kräften gekommen sind – erneut einzusperren.

Maud Watts (CAREY MULLIGAN) aus dem Londoner East End ist, als wir sie kennenlernen, eine folgsame wie scheue junge Frau. Sowohl beruflich wie privat. Mit sieben Jahren fing sie an, in einer feuchtkalten Wäscherei zu arbeiten. Wo ihr Boss Taylor (GEOFF BELL) sie seit Jahren schikaniert und misshandelt. Ihr Ehemann Sonny, ein Fabrik-Kollege (BEN WISHAW), ordnet zu Hause das gemeinsame Leben, ist ein verängstigter Untertan und Opportunist. Einzig an ihrem kleinen Sohn George findet Maud Freude und „Beruhigung“. Irgendwann aber kommt Maud mit „diesen Frauen“ in Kontakt. Den aktiven und für das System „unangenehmen“ Suffragetten. Und sie, die eigentlich immer Vorsichtige, vermag sich nicht mehr weiterhin zu beherrschen. Streift die Fügsamkeit mehr und mehr ab und schließt sich der Frauenbewegung aktiv an. Mit verheerenden persönlichen und vor allem privaten Folgen. Ihr Mann wirft sie aus dem Haus; als „ungehorsame Frau“, die nun auch gesellschaftlich als „geächtet“ gilt, besitzt sie keinerlei Ansprüche. Und darf fortan auch ihren Sohn nicht mehr sehen. Was der für verdeckte Observationen und Aufklärung zuständige Polizeibeamte Arthur Steed (BRENDAN GLEESON) für sich ausnutzen möchte. Mit „lukrativen“ Spitzel-Angeboten an die verzweifelte Maud Watts.

„Jede Tochter sollte diese Geschichte kennen, jeder Sohn sollte sie in seinem Herzen tragen“, erklärt Meryl Streep (= im Presseheft). In der Tat, wenn man auch unsere Geschichte in Sachen Gleichberechtigung von Mann & Frau durch das mehrfach geänderte „Gleichberechtigungsgesetz“ vom 1. Juli 1958 (Inkrafttreten der letzten Änderung: 25. April 2006) betrachtet: In der BRD durfte erst ab 1977 „Frau“ auch ohne Einverständnis ihres Mannes erwerbstätig sein. Und auch erst seit 1977 gilt das Partnerschaftsprinzip, nach dem es keine gesetzlich vorgeschriebene Aufgabenteilung in der Ehe mehr gibt!

Der Film ist ein brillanter Spannungs- wie Lehr-Stoff. Setzt den historisch verbürgten engagierten Vorkämpferinnen für die Gleichstellung von Mann UND FRAU ein imponierendes Denkmal. Besitzt ein ausdrucksstarkes Ensemble, in dem hervorragende Akteure wie HELENA BONHAM CARTER, ANNE-MARIE DUFF (als Violet Miller) und als männlicher Antipode BRENDAN GLEESON vorne mitmischen. Und ist mit der großartigen britischen Charakter-Darstellerin CAREY MULLIGAN, 30, bekannt aus „Stolz und Vorurteil“, „An Education“, „Drive“ und zuletzt „Am grünen Rand der Welt“, als Maud Watts – Rebellin wider Anfangswillen – beeindruckend, mithin phänomenal-sensibel hauptrollen-besetzt.

Der britische Film „SUFFRAGETTE – TATEN STATT WORTE“ ist emotional wie intelligent; hallt als aufwühlendes Polit-Drama enorm nach (= 4 PÖNIs).

P.S.: Auch schließlich über den Nachspann, in dem aufgelistet wird, seit wann Frauen in welchen Ländern wählen, also mitbestimmen dürfen.

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