STYX

„STYX“ von Wolfgang Fischer (Co-B + R; D/Ö 2017; Co-B: Ika Künzel; K: Benedict Neuenfels; M: Dirk von Lowtzow; 94 Minuten; deutscher Kino-Start: 13.09.2018); der Film dauert rund anderthalb Stunden, und die erste Dreiviertelstunde dachte ich, der Film erzähle von einem Selbstfindungstrip und Abenteuer einer jungen Frau, die – von ihrem harten Job als Notärztin gestresst – eine Auszeit benötigt und beschlossen hat, alleine auf einer Segelyacht auf große Tour zu gehen. Von Gibraltar aus gen Ascencion, einer Atlantik-Insel zwischen Afrika und Südamerika, aus der Charles Darwin einen Garten Eden machen wollte.

Spielfilme dieser Kammerspielart gab es ja einige in den letzten Jahren wie: „All Is Lost“ mit Rober Redford (USA 2013) und „Turning Tide – Zwischen den Wellen“ (= deutscher DVD-Titel) mit Francois Cluzet (Frankreich 2013). Rike aus Köln (SUSANNE WOLFF) wandelt lange auf deren Film- und Personen-Spuren. Eine Frau bewältigt diesmal alleine, auf hoher See, das Geschehen auf einem Schiff. Doch nach einem „bestandenen“ Sturm beginnt sich das Blatt, sprich Thema, zu ändern. Als sich die Frau plötzlich in unmittelbarer Nachbarschaft eines überladenen, havarierten Fischerbootes wiederfindet. Wo viele Menschen zu ertrinken drohen. Um Hilfe schreien. Per Funk fordert sie Hilfe an, doch von der Küste kommt nur die Aufforderung, unverzüglich die Gegend zu verlassen. Man würde sich um alles Weitere kümmern. Sie bleibt dennoch in der Nähe, und es passiert – nichts. Rike ist verunsichert. Wie soll sie sich verhalten? Soll sie eingreifen? Aber wenn ja, wie? So viele Menschen würde sie auf ihrem Schiff nicht unterbringen und verpflegen können. Die Gefahr, dass ihre Yacht dabei untergehen könnte, ist groß. Im wiederholten Kontakt mit der Küstenwache muss sie erfahren, dass ihre Menschlichkeit hier unerwünscht ist. „Verlassen Sie unverzüglich das Gebiet“, lautet die unmissverständliche Aufforderung. Dann erreicht ein Flüchtlingsjunge schwimmend ihr Boot, Kingsley (GEDION ODUOR WEKESA). Und die Konflikte spitzen sich immer mehr zu.

STYX ist ein Begriff aus der Mythologie. In der Sage markiert der Fluss Styx die Grenze zwischen der Welt der Lebenden und dem Totenreich. Hier befinden wir uns in der Atlantik-Styx-Welt. Erst als Ich-Abenteuer getarnt, entwickelt der Film spät eine völlig neue, spannende Intensität. Allerdings darf die Frage gestattet sein, wieso der 1970 in Wien geborene Regisseur und studierte Psychologe Wolfgang Fischer erst so viel Zeit „verschenkt“, um dann erst zum eigentlichen und bedeutsamen politischen Gegenwartsthema zu kommen (?): Wie würdest DU, Zuschauer, Dich verhalten? In solch einer Grenzsituation? Wenn Du alleine entscheiden sollst? Musst? Würdest Du die Sicherheit suchen? Oder wie helfend einschreiten? Oder was, oder wie, oder überhaupt? Motto: Der Mensch, das Dilemma, die verzweifelte Suche nach Lösung(en), um anderen Menschen, genannt Flüchtlingen, in ihrer verzweifelten Not zu helfen. Durch die (zu) lange Anfangsausgrenzung dieses derzeit wichtigen Welt-Themas verschenkt der Co-Autor und Regisseur sein großes Film-Anliegen und heizt es quasi in die letzte Stunde hinein. Und nur an. Wo doch viel MEHR für das kritische Denken und die vorhandene immense Inhuman-Wut drin war.

Der Film „STYX“ erschüttert, packt dadurch nur begrenzt, und dies ist sehr bedauerlich für diesen langen engagierten Spielfilm (= 3 PÖNIs).

 

 

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