SPENCER

PÖNIs: (5/5)

„SPENCER“ von Pablo Larrain (Co-Produktion + R; GB/USA/D/Chile 2021; B: Steven Knight; K: Claire Mathon; 117 Minuten; deutscher Kino-Start: 13.1.2022);

DIE LADY UND IHR FANTASTISCHER GROLL. Titel: „SPENCER“. Von PABLO LARRAIN (Co-Produzent + R; B: STEVEN KNIGHT; K: CLAIRE MATHON;  GB/USA/D/Chile 2021; 117 Minuten). 2015/2016 befasste sich der chilenische Filmemacher und Produzent PABLO LARRAIN mit einer legendären Frauenfigur der Zeitgeschichte. Unter dem Titel „Jackie“ (s. Kino-KRITIK/4 PÖNIs) porträtierte er die First Lady-Witwe von John F. Kennedy, der am 22. November 1963 in Dallas einem Attentat zum Opfer fiel. In der Titelrolle – die formidable NATALIE PORTMAN. Mit diesem Spielfilm vermag sich Pablo Larrain wieder auszeichnen. Der schauspielerische Glanzgrund ist diesmal:  die amerikanische Actrice KRISTEN STEWART. Die übrigens die erste und bisher einzige US-Amerikanerin ist, die den Filmpreis César, der als französisches Pendant des „Oscars“ gilt, für ihre darstellerische Leistung in „Spencer“ gewinnen konnte. Unvergessen auch und vielgelobt – in dem 2019 entstandenen Streifen „Jean Seberg – Against all Enemies“ (s. Kino-KRITIK im BLOG 101/3 1/2 PÖNIs) mimte sie ebenfalls eine aufsehenerregende Legende.

Schon zu Lebzeiten erlangte Diana den Status einer Medienikone und wurde weltweit so populär, dass sie zeitweise als die berühmteste und am häufigsten fotografierte Frau der Welt galt. 2022 ist es 25 Jahre her, dass Diana, Princess of Wales starb. (Nach ihrem Tod – am 31. August 1997 in Paris – erhielt Diana den Beinamen „Königin der Herzen“, mit dem im 17. Jahrhundert schon Elisabeth Stuart, die Frau des „Winterkönigs“ Friedrich V., tituliert worden war).  Am 29. Juli 1981 hatten Prinz Charles und Diana Frances Spencer geheiratet. Dieser historische Film folgt den Spuren der Prinzessin von Wales ab Dezember 1991. Die britische Königsfamilie bereitet sich darauf vor, die Weihnachtsferien auf dem Anwesen der Queen Sandringham in Norfolk zu verbringen. Wo Diana verspätet Heiligabend eintrifft. Ihre Söhne William und Harry freudig begrüßt, sich aber ansonsten bemüht, der adligen Sippe, und Majestät sowieso, so wenig und, wenn nicht vermeidbar, so kurz wie möglich zu begegnen. In der Ehe zwischen dem Prinzen und der Prinzessin herrscht seit Langem Eiszeit. Trotz der wilden Gerüchte über Affären und einer Scheidung tönt „offiziell“: Frieden. Es wird feudal gegessen und fein getrunken und „draußen“ gejagt und geschossen. Diana kennt das Spiel und hält sich weitgehend fern. Doch diesmal wird diese von der Presse argwöhnisch begleitete „Veranstaltung“ zu einem „ganz besonderen“ Erlebnis. Für sämtliche Beteiligte. Ob adlig oder „nur“ höfisch. Motto: Die angesagte gegenseitige Belauerung,

Da ist es ein Gewinn und Genuss, wenn sie sich austauschen – die Lady und ihre geschätzte Zofe Maggie (SALLY HAWKINS), die mit soviel klugem Sauerstoff ausgestattet ist. Zwei Seelenverwandte, obwohl so weit voneinander „amtlich“ entfernt.

Aber was bedeutet das alles, wenn schließlich ein ganz ordinärer Burger die Lady und ihre Kinder beglückt zufrieden zu stellen weiß. In der freudigen Abschiedstour.

Die Signale werden bereits vor dem „Gefecht“ gesetzt, als auf der dunklen Leinwand in starkem Weiß verkündet wird: „Eine Fabel aus einer wahren Tragödie“. Die Lady verfährt sich. Mit ihrem Sportwagen. Ob mit Absicht oder weil sie zwischen nervös und wütend übel gelaunt scheint…: „Ich weiß absolut überhaupt nicht, wo ich bin“. Der Chefkoch, ein illustrer Organisator SEAN HARRIS), „findet“ sie und geleitet sie hin zum Schoß der, wie schnell festzustellen, weil stark zu empfinden ist, ganz und gar nicht „heiß“-geliebten Familie. Gegenseitige Empathie, was für eine Sau-Kälte wird in dem fein dekorierten Saal ausgeatmet. Auch, weil doch die Lady-Prinzessin es wagte, erstens zu spät einzutreffen und damit 2.) gegen das amtliche Protokoll zu verstoßen. Auch dann übrigens ständig Klamotten-mäßig. Wenn Blicke lächelnd töten könnten, wäre die Queen eisige Zeremonien-Henker-Meisterin. Aber weiter, ganz professionell-bekloppt: Der majestätische Befehl lautet, dass jedes Familienmitglied vor und nach dem Essen gewogen werden soll. Also muss. Irre. Und dann findet Diana auch noch auf ihrem Bett eine klassische Lektüre, mit einem Buch über Anne Boleyen; bekanntlich d i e Adlige aus dem britischen 16. Jahrhundert, die auf Verfügung ihres königlichen Gatten  – wegen Ehebruch – enthauptet wurde. Kein Wunder, dass wir künftig die Prince bei ihren Alpträumen und Gespensterbewegungen, bei ihren Panikattacken und während Fluchtgedanken und Halluzinationen begleiten. Bis hin in die alten Gemäuer, wo einst Diana bei einer glücklichen Kinder-Gegenwart strahlte. Jetzt dagegen – ein Gefecht wird zelebriert. Mit kreischender klassischer „Live“-Geigenuntermalung. Manchmal begleitet Diana der äußerlich „Galle“ austeilende Stallmeister Alistair Gregory (TIMOTHY SPALL/ein schauspielerischer Gigant/“Mr. Turner – Meister des Lichts“/2014), der unaufgeregt und beruhigend etwas zu vermitteln weiß.

SIE ist DIE Prinzessin. Die 31jährige KRISTEN STEWART. Deren  „Oscar“-Nominierung nur eine Frage der Zeit ist. Mit diesem leichten, schräg-„winkenden“ Kopfanwinkeln; mit diesen sorgsamen blonden Frisuren; mit dieser fadenscheinig-überzeugenden, empathisch-wechselnden Gesichtsberichterstattung; mit ihren anscheinend „ungelenken“ Schritten in ihrem goldenen Käfig; beim Vorführen ihrer Dämonen, die sie nur mühsam zu kontrollieren weiß; wenn sie durch das Eingreifen ihrer Zofe wieder auf den Pfad des Ausgleichs verbal „getrieben“ wird. Und dann auch diese Tänze. Die jegliche tiefen seelischen Minenfelder attackieren. „SPENCER“, der Film, unterhält prächtig; lästert diskret adlig-unanständig; wirkt als Sittengemälde imponierend-taff-blitzend; besitzt und verteilt köstliche Ironie-Funken; ist ein meisterlicher Kino-Gewinn, der sich schließlich mit dem Pop-Gesang „All I Need Is a Miracle“ von Mike & the Mechanics verabschiedet. Selten so durchweg wohlgefühlt im Lichtspielhaus (= 5 PÖNIs).

 

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