SCHULTZE GETS THE BLUES

SCHULTZE GETS THE BLUES“ von Michael Schorr (B+R; D 2003; 114 Minuten; Start D: 22.04.2004).

Der in Berlin lebende Filmemacher erhielt mit seinem Kinofilmbeim 14. Stockholmer Filmfestival 3 Preise:
Für den ‘besten Film‘, für das ‘beste Drehbuch‘
und für das ‘beste Regie-Debüt‘. Außerdem bekam
Titelheld HORST KRAUSE für die Interpretation
der Rolle eines vorzeitig in den Ruhestand
geschickten Grubenarbeiters in Sachsen-Anhalt
den Preis als ‘bester Hauptdarsteller‘.
Zu guter Letzt lief “Schultze Gets The Blues“ im
Vorjahr auch in einer Nebenreihe auf dem
Festival von Venedig und wurde dort ebenfalls
ausgezeichnet.

“Die unwürdige Greisin“ heißt eine Kalendergeschichte von Bertolt Brecht. 1964 wurde sie unter dem gleichnamigen Titel in Frankreich von René Allio verfilmt. Inhalt: Nach einem sehr arbeitsreichen Leben beginnt eine ältere Frau im letzten Lebensabschnitt die Freiheit und die Vergnüglichkeiten des Daseins auszukosten. Der Typ heute nennt sich:
SCHULTZE. Einfach nur SCHULTZE. Schultze ist Witwer. Lebt jetzt alleine in einer kleinen ostdeutschen Gemeinde. Und dort, in Sachsen-Anhalt nämlich, werden gerader wieder Arbeitsplätze abgebaut. “Endstation Frührente“ heißt es nun auch für den Salzbergarbeiter Schultze.

Was ihm bleibt, das ist das karge, kleine Häuschen, der Stammtisch in der Kneipe, zwei lethargische Kumpels, Schach im Kulturhaus und die Mitgliedschaft im Heimatverein. DORT spielt Schultze Polka. Auf dem Akkordeon. Wie auch schon sein Vater. Immer dasselbe. Doch
eines trostlosen Abends hört er im Radio eine “ganz andere Akkordeon-Musik“: Zeideko-Musik/auch Cajun-Musik genannt. Klänge aus dem fernen amerikanischen Süden. Schultze ist wie elektrisiert. DIESE Musik lässt ihn einfach nicht mehr los. Als er sie auch mal im Heimatverein “vorträgt“, stößt er dort auf Unverständnis. Doch Schultze ist nicht mehr aufzuhalten. Und reist tatsächlich zur musikalischen Quelle: In Richtung Mississippi: “SCHULTZE GETS TUE BLUES“:
Eine ganz einfache und hier doch eine so WUNDERBAR-einfache Geschichte:
Ein korpulenter, alter Mann bricht aus seinem Alltagetrott aus. Wagt den
neugierigen Schritt ins Leben zurück. Will an die Wurzeln des Blues…

SCHULTZE ist HORST KRAUSE. Und HORST KRAUSE verkörpert und verinnerlicht diesen Schultze total. Der 38jährige Autor und Regisseur MICHAEL SCHORR, ein gebürtiger Pfälzer, hat für sein Spielfilm-Debüt lange auf ihn gewartet. HORST KRAUSE, 1941 als Bauernsohn in Westpreußen geboren, zählt schon seit langem zu den profiliertesten Schauspielern hierzulande. Gehört bekanntlich als brandenburgischer Dorfpolizist zum Stammpersonal der ARD-Krimi-Reihe “Polizeiruf 110“. Und wurde 1993 in dem ulkigen Detlef-Buck-Road-Movie “Wir können auch anders“ auch über die große Kino-Leinwand populär. Der in Ludwigsfelde bei Potsdam aufgewachsene “deutsche OLIVER HARDY“ trägt allein und herrlich-wortkarg dieses Unikum von Titelfigur namens Schultze. WIE ER diesen stoischen Melancholiker ausdrückt; WIE ER hier mit Schultze PRÄSENT ist; WIE ER mit sparsamer Mimik und kleinsten Gesten diesen Schultze fein-ironisch lebt und BELEBT, DAS IST GROSSARTIG UND BEEINDRUCKEND zugleich.

“SCHULTZE GETS THE BLUES“ oder: Ein richtig-schöner deutscher
HERZBLUT-Film.

“Gegen den Strom“ heißt beim Festival von Venedig übersetzt eine
Nebenreihe. Und dort erhielt “Schultze Gets The Blues“ im Vorjahr den Innovationspreis. Die Empfehlung gilt (= 4 PÖNIs).

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