RAMA DAMA

RAMA DAMA“ von Joseph Vilsmaier (Co-B, Co-Pr, Co-K+R; D 1990; 107 Minuten; Start D: 10.01.1991).

München, Weihnachten 1944. Die Familie Zeiler: Kati, Ehemann Felix, die kleine Tochter Marie. Drumherum: Freundin Leni, die resolute Oma, eine zänkische, verbitterte Nachbarin, ein alter Mann. Die Zeiten sind hart und entbehrungsreich. Man feiert bescheiden das Fest. Soldat Felix hat Fronturlaub. Kati bringt ihn am nächsten Tag zum Bahnhof. Dort erfährt sie zufällig, dass Felix nicht nach Belgien wie er behauptet hat‚ sondern an die Ostfront nach Russland muss. Wie viele Frauen in diesen Kriegstagen ist auch Kati sehr viel allein auf sich gestellt. Bombenalarm. Man flüchtet in den Keller. Die Zerstörungen, innen wie außen, werden immer schlimmer. Die Freundin flieht zu Bekannten aufs Land, Kati folgt ihr später nach und sieht die ersten Amerikaner anrücken. Bei Kriegsende bekommt Kati ihr zweites Mädchen, die Theres. Der Krieg ist aus, aber viele Männer kehren nicht zurück. Auch Felix nicht. Kati begegnet Hans, der behauptet, Felix zu kennen. Er nistet sich in einem Schuppen am Wohnhaus der Familie ein.

Die neue Zeit beginnt. Der Wiederaufbau. Vehement machen sich die Frauen an die Arbeit. Beseitigen die ersten Trümmer, kümmern sich um Kinder und Haushalt, entdecken selbstbewusst ungeahnte Fähigkeiten und viele Kräfte. Hans macht sich nützlich, wird zum Freund. Sein Werben um Kati ist jedoch vergebens. Doch als Wochen und Monate vergehen, ohne dass sie von Felix einen Lebenszeichen hat, gibt sie ihre Gefühle “frei“. Kati und Hans werden ein Paar. Die Familie ist komplett, da kehrt Felix aus dem Krieg zurück.

“Rama Dama“ ist Nachkriegs-Bayerisch und bedeutet wörtlich: “Räumen tun wir“. Aufräumen ist gemeint. Die “Erbschaft der 1000 Jahre“ muss beseitigt werden. Und: Das Mensch-Sein muss wiedergefunden werden. Der Film von Joseph Vilsmaier geht thematisch zweigleisig vor. Ist zunächst eine tiefe Verbeugung vor all den couragierten, tapferen Trümmer- und Solo-Frauen der Nachkriegs-Ära. Ausgestattet mit Nichts machen sie sich mutig und tatkräftig an die Neu-Organisation des Lebens und kehren den ersten, großen Dreck alleine beiseite. Doch “Rama Dama“ ist kein simples Helden-Geschrei oder ein lautes FRAUEN-Spektakel, sondern besitzt Momente von Würde, Wärme und Liebe. Die Liebe: Das ist das zweite große Thema dieses außergewöhnlichen Films. “Rama Dama“ ist auch ein leiser, schöner Liebesfilm. Mit viel Gefühl und ohne Kitsch.

Eine Überraschung: Der deutsche Film lebt. Und wie! Co-Autor und Regisseur Joseph Vilsmaier überzeugt auch mit seiner zweiten Arbeit. Nach “Herbstmilch“, der facettenreichen, authentischen Lebensgeschichte einer Bäuerin, ist ihm mit fast demselben Ensemble wieder ein erstaunliches, grandioses Werk gelungen. Einfach, aber wirkungsvoll gestaltet und inszeniert; vorzüglich mit DANA VAVROVA und WERNER STOCKER in den Hauptrollen besetzt; sehr sinnlich und atmosphärisch in der nüchternen Beschreibung einer dunklen deutschen Epoche. Und noch ein Wort zu Dana Vavrova: Sie beherrscht und bestimmt wie eine deutsche “Ingrid Bergman“ Szenen und Stimmung. Was für ein ausdrucksstarkes Talent, was für eine wunderbare Schauspielerin.

“Rama Dama“ ist der seltene Glücksfall eines deutschen Films, der historisch-eindrucksvoll informiert und dabei glänzend unterhält.
(= 4 PÖNIs).

Teilen mit: