„RÄUBER KNEISSL“ von Marcus H. Rosenmüller (D 2007; B: Karin Michalke, Christian Lerch; K: Stefan Biebl; M: Gerd Baumann; 114 Minuten; deutscher Kino-Start: 21.08.2008); der sich bei uns zu einem inzwischen „tauglichen“, sprich SEHR unterhaltsamen Heimatfilmer entwickelt hat. Der 1973 in Tegernsee geborene Drehbuch-Autor und Regisseur, der seinen Mittelnamen nach seinem Heimatort Hausham trägt (in dessen Ortsteil Agatharied er lebte) und der bis in diesem Jahr für die SPD dort im örtlichen Gemeinderat saß, hat sich mit „solchen Genre-Filmen“ wie „Wer früher stirbt ist länger tot“ (2005/über 1,2 Millionen Kinobesucher bundesweit), „Schwere Jungs“ (s. Kino-KRITIK) sowie den ersten beiden Triologie-Filmen „Beste Zeit“ (s. Kino-KRITIK) und „Beste Gegend“ einen hervorragenden Namen gemacht. 38 Jahre nach Reinhard Hauffs Film „Mathias Kneißl“ (mit Hans Brenner) und 28 Jahre nach Oliver Herbrichs Film „Das stolze und traurige Leben des Mathias Kneißl“ (mit Stephan Becker) setzt nun Marcus H. Rosenmüller dem bajuwarischen Rebellen und Volkshelden, der 1902 mit nur 26 Jahren in Augsburg mit dem Fallbeil hingerichtet wurde, ein Denkmal.
In einer Mischung aus Chronik, tragischer Ballade und fein-deftigem Bauerntheater werden atmosphärische Lebens-Eckpunkte gesetzt: Arme Elternsleut (Maria Furtwängler und Michael Fitz), die es mit Gesetz und Obrigkeit nicht so genau nehmen. Man hält sich mit Gaunereien über Wasser. Die Obrigkeit schlägt zurück, buchstäblich, der Vater stirbt, die Mutter wird wegen Hehlerei eingesperrt, der Junge muss nach einer Schießerei ins Zuchthaus. Aus dem bürgerlichen Leben-danach wird nichts, der hasserfüllte Dorfgendarm Förtsch (großartig: Thomas Schmauser) gibt keine Ruhe, die bornierten Bauern machen es dem „Zuchthäusler“ schwer, ein geregeltes Leben zu führen. Also stürzt er zwangsläufig ab, und „die Gerechtigkeit“ nimmt ihren Lauf. Rosenmüller setzt auf viel Lokalkolorit, man muss sich so manches Mal ganz schön zusammenreißen, um alles richtig zu verstehen, während man aus den dampfenden Bauernstuben den Schweiß förmlich riecht. Dazu: Der typisch-gelassene Schwarze-Rosenmüller-Dorf-Bayern-Humor, provinzielle Enge, borniertes Obrigkeitsgetue, ein nicht aufzuhaltender, rebellischer Freidenker-Geist und natürlich – die große Liebe.
Der Teufelskreis aus Armut und Kriminalität wird geatmet, während Shooting-Star MAXIMILIAN BRÜCKNER – seit Oktober 2006 neuer „Tatort“-Kommissar beim Saarländischen Rundfunk – in der Titelrolle „passt“: kantig, störrisch, aufbrummend, aber herzensgut in dem Bemühen, sich (s)einen Lebens-Freiraum zu suchen. Brückner, neulich erst in „Kirschblüten“ von Doris Dörrie sowie in dem grauslichen Max-Ophüls-Siegerfilm „Selbstgespräche“ aufgetreten, offenbart sich nicht als lässiger „Robin Hood“, sondern als gemeines Opfer seiner Lebensumstände. Eine spannend-dichte Melo-Moritat von Heimatfilm, mit Zügen eines bayerischen Outlaw-Westerns. Und mit einem Kneissl-Zitat als Motto: „Ich kann kein Unrecht leiden. Ich kann mich nicht beugen, lieber geh´ ich selber zugrunde“. Der unbeugsame Bayer interessiert gut (= 3 ½ PÖNIs).