PÖNIs BLOG (198): „BULLET TRAIN“; „WARTEN AUF BOJANGLES“; SEAN PENN: „FLAG DAY“; „NICHT GANZ KOSCHER“; TV-TIPP; KATIE MELUA

1.)   WESTERN IM SCHNELLZUG. Als robuster Comic-Rabatz. Mit enormem Verbal-Charme. Und viel atmosphärischem Rock-Swing. Titel = „BULLET TRAIN“ von DAVID LEITCH (Co-Produktion + R; USA 2020/2021; B: Zak Olkewicz; nach dem japanischen Roman „Maria Beetle“ von Koptaro Isaka/2010, der 2022 unter dem Kinotitel hierzulande erschien; K: Jonathan Sela; M: Dominic Lewis; 127 Minuten; deutscher Kino-Start: 4.8.2022). Das Vorteilhafteste: Du gehst ins Lichtspielhaus, um den von Dir hoch-geschätzten STAR und zweifachen „Oscar“-Preisträger BRAD PITT zu besuchen; zuletzt 2020 prämiert für seinen ereignisreichen Part in „Once Upon a Time in Hollywood“ von Quentin Tarantino. Brad, Jahrgang 1963, hat filmisch viel mitgemacht und blickt sicherlich gelassen in Richtung Demnächst-Ruhestand. Und genauso ist es. Eigentlich hat er sich als professioneller Auftragskiller, versehen mit dem schönen Namen Ladybug, auch schon zurückgezogen, was man alleine dadurch mitbekommt, weil ihn seine Therapeutin – Maria Beetle (SANDRA BULLOCK) –  kommentarmäßig per Ohr-Muschel beratend-begleitet ….., aber was wollte ich eigentlich sagen, ohne zu viel zu verraten: Ladybug hat sich im Grunde längst verabschiedet von der Killer-Front, macht aber doch noch mal „mit“, weil er davon ausgeht, dass dieser weitere Abschied aus dem unromantischen Business schnell erledigt sein wird. Was bedeutet, wir ahnen es: Denkste. Ich schalte mal schnell um auf meine Zettel-Vorlage, wo es heißt: Der zuletzt vom Pech verfolgte Auftragshandwerker beabsichtigt, seinen „gemütlichen Job“ in Ruhe und Frieden zu erledigen, doch das – beziehungsweise sein – Schicksal hat andere Pläne; von wegen: Fünf Killer, darunter Ladybug-Man, die unterschiedlicher nicht sein können, befinden sich, zusammen mit dem Opfer einer Entführung und einem Koffer voller Geld, in einem japanischen Hochgeschwindigkeitszug namens Shinkansen. Hört sich eher nach einem Schnellgericht an und verbindet sich jedoch mit einem Killerpaar, die als Tangerine (AARON TAYLOR-JOHNSON) und Lemon (BRIAN TYREE HENRY) im Zug hantieren. Des Öfteren werden sie, natürlich, und fälschlicherweise, für Zwillinge gehalten, aber in der Branche genießen sie einen vortrefflichen Ruf; denn Tangerine ist durchaus ein ernster und beachtlicher Literatur-Freund, während Lemon als der Leichtsinnige gilt, mit einem Faible für Thomas, die kleine Lokomotive. Aber das ist eine ganz andere Geschichte. Zurück in den düsenden Zug. Der sich auf einem direkten Kollisionskurs befindet. Mit tödlichen Mitfahrer-Gegnern aus der ganzen Welt. Die alle irgendwie miteinander verbunden sind, dabei aber gegensätzliche Ziele verfolgen. Fassen wir mehrmals zusammen  –  an Bord des schnellsten Zuges, den es gibt. Motiv: Non-Stop durch das moderne Japan. Inklusive: Knallige ACTION; diffuse Kommentare; verschiedene Koffer-Räuber/Innen (wie JOEY KING als -brillante, psychopathische Manipulatorin); denkbare zerstörerische Gedanken; und wenn du denkst, gerade ist doch ein Ableben zelebriert, dann vermag dies auch eine Fopperei sein. Fassen wir diese nicht erklärbaren und reichlich zerstörerischen Auswüchse zusammen: Hier wird geklotzt, gestritten, gelästert; ganz düster-schwarzer, blutiger Humor verbreitet; triumphieren wahnsinnige Slapstick-Posen, währenddessen plötzlich überraschende Cameo-Bekannte (wie MICHAEL SHANNON als Mafia-Boss „Weißer Tod“ oder Hallöchen-kurz am Ende SANDRA BULLOCK) sich zeigen.

Mit anderen Worten  –  diese appetitliche SHOW muss man erleben und selbst interpretieren, also einwirken lassen: Ein GIG, der sich auch als mörderische japanische Version eines wahnsinnigen Orientexpress-Abtasten nicht beschreiben lässt. Na dann man: viel filmische Heißhunger-Sättigung (= 4 PÖNIs).

2.)    LEBEN WIE ICH ES MAG = WIE WIR ES MÖGEN. Titel = „WARTEN AUF BOJANGLES“ von Régis Roinsard (Co-B + R; Fr/Belgien 2021; Co-B: Romain Compingt; nach dem Debüt-Roman von Olivier Bourdeaut/2016; K: Guilaume Schifman; M: Clare Manchon; Olivier Manchon; 125 Minuten; deutscher Kino-Start: 4.8.2022). Mr. Bojangles ist ein Song des amerikanischen Country-Sängers und Songwriters Jerry Jeff Walker aus dem Jahr 1968. Er handelt von einem alten, heruntergekommenen Tänzer, der in einem Gefängnis seinen Stepptanz vorführt. Das Lied wurde bekannt durch die Aufnahme der Nitty Gritty Dirt Band aus dem Jahr 1970, die im Jahr darauf die Top Ten der amerikanischen Charts erreichte. Zahlreiche Interpreten haben seither Coverversionen eingespielt.

Riviera 1958. Es ist Liebe auf den allerersten Blick, zumindest bei Georges (ROMAIN DURIS), dem Phantasten, Spinner, überschaubaren Blicker. Der der fantasievollen und spontanen Camille sofort verfällt „Sie bauen noch mehr Luftschlösser als ich“, staunt Camille (VIRGINIE EFIRA). Als sie verschwindet, sucht und findet er sie. Und „überredet“ sie zu dieser Liebe. Es lebe die aufgekratzte Stimmung. Die verbunden ist durch verrückte Geschichten und so viele Träume. Jede Nacht wird zum überschwänglichen Fest, auf dem sie zu Mr. Bojangles tanzen und „das Volk“ mit erstaunlichen Erzählungen unterhalten. Georges weiß: „Besorgnis ist ein vulgäres Gefühl“. Und schätzt die Illusionen, die genussvoll verbreitet werden und für eine enorme Lebenslust sorgen. Ohne einlümmelnde Konventionen und mit lustigen Eskapaden von wegen – man siezt sich täglich. Neu. Von wegen  – elegante Namen. Blinken. Als ihr Sohn Gary geboren wird, gehört auch er ganz selbstverständlich zu dieser exzentrischen Welt dazu. Für die er dann Beobachtungen findet wie „Die Wahrheit wirkt manchmal wie eine komische Lüge“. Wie Kinder-wahr: irgendwann ist auch ein Tanz an der Grenze. Und die Gefühle stolpern mittenmal: „Das größte Glück schlägt ohne Vorwarnung ins Gegenteil um“. Camille oder  –  der Schwung, das lange Zeit vitale Drama, wendet sich, zieht sie in den psychischen Abgrund. Was Georges und der kleine Gary nicht zu akzeptieren beabsichtigen. Schließlich: Der Rausch, der uns trifft, darf nicht aufhören. Schon gar nicht etwa beendet werden.

Ein Beziehungsfilm. Wenn Emotionen taumeln. Und nur „positiv“ einverleibt werden. Wendungen, auf gar keinen Fall. Kein akzeptieren möglich. Schwermütige Gefühle vermögen nicht ertragen zu werden, dürfen nicht einbrechen. In der erste Filmstunde ist gewaltige Empathie bestimmend. Wir richten uns das Existieren ein. Ohne Einspruch. Dann aber wird es haltlos. Die Luftschlösser beginnen zu platzen. Wie ist „dabei“ unsere Gemeinschaft noch zusammen zu halten. Es wird tief-traurig; (zu) dick-tränig (= 3 PÖNIs).

3.)   Faszinierend SCHWIERIG. Titel = „FLAG DAY“ von und mit SEAN PENN (USA 2021; B: Jez Butterworth; John-Henry Butterworth; nach dem Buch „Flim-Flam-Man“ von Jennifer Vogel; Produktion u.a.: Dylan Penn; Sean Penn; Josh Brolin; Eddie Marsan; K: Danny Moder; M: Joseph Vitarelli; 108 Minuten; deutscher HEIMKINO-Start von PLAION PICTURES: 28.7.2022). SEAN PENN, geboren am 17. August 1960 in Santa Monica, Kalifornien, zählt zu den bedeutendsten US-Filmkünstlern. Erhielt bisher zweimal den „Oscar“: als „Bester Hauptdarsteller“ (2004/“Mystic River“ / 2009 „Milk“), schuf 2007 mit „INTO THE WILD“ einen herausragenden Spielfilm (s. Kino-KRITIK/5 PÖNIs) ; erhielt 2015 den „César“ als Ehrenpreis für sein Lebenswerk. „Flag Day“ ist der erste Spielfilm von Sean Penn, in dem er-  als Regisseur – auch auftritt.

Als Krimineller John Vogel, der – ab Juni 1992 von „Chancen“ spinnt, „die sich mir bieten“. John Vogel. Ein Ami-Bürger und Trickbetrüger, der ein bewusstes Doppelleben führt. Einerseits sich als braver, verheirateter Familienvater mit Frau und Tochter zeigt, andererseits Banken ausraubt, Investoren betrügt, vor der Polizei flieht und als Geldfälscher außerordentlich „begabt“ erweist. Währenddessen ist seine Tochter Jennifer Vogel, die ihren Vater abgöttisch mag, immer wieder bemüht, „Ordnung“ in dieses chaotische Familienleben zu  bringen. Sean Penn als John Vogel präsentiert diesen ewigen Lebensbetrüger als kaputte Persönlichkeit, die sich mit heißer Luft präsentiert sowie mit Rock-Rhythmen und Klassik-Sound füllt. Dabei wird mit Bilder-Fetzen und Wackel-Kamera von diesem ewigen Lügner und Minus-Typen berichtet, der eine Spur von gescheiterten Plänen, verprasstem Geld und gebrochenen Herzen hinterlässt. Und mit Pseudo-Fragen scharwenzelt: Was bedeutet Amerika? Wieviel Schund ist damit verbunden?

„Night Moves“ singt BOB SEGER; SEAN PENN gibt ein Interview im Bonusteil. Wer sich, wie ich, für ihn interessiert, sollte zu diesem Material greifen (= 4 PÖNIs).

4.)   Drei Religionen. Zwei Männer. Ein Kamel. Titel = „NICHT GANZ KOSCHER – Eine göttliche Komödie“ von Stefan Sarazin und Peter Keller (B + R; D 20178/2019; K: Holger Jungnickel; Alexander Haßkerl /Dreh Haifa; M: Matthias Petsche mit Michael Popp; 121 Minuten; deutscher Kino-Start: 4.8.2022). In die Wüste geschickt hat sich Ben (LUZER TWERSKY) glatt selbst. Um den intensiven Verkuppelungsversuchen seiner Familie zu entgehen, bietet sich der ultraorthodoxe Jude aus Brooklyn kurzerhand an, nach Alexandria zu fliegen, um die einst größte jüdische Gemeinde der Welt zu retten. Diese braucht nämlich dringen den zehnten Mann, um das anstehende Pessachfest zu feiern. Zu dumm nur, dass Ben seinen Flug verpasst und sich allzu leichtsinnig für den Landweg entscheidet. Als er mitten in der Wüste Sinai aus dem Bus fliegt, ist Adel (HAITHAM OMARI), ein mürrischer Beduine, auf der Suche nach seinem entlaufenen Kamel, seine letzte Hoffnung. Vorwärts geht es nunmehr gemeinsam, aber wie vereint man 613 jüdische Glaubensregeln mit den archaischen Gesetzen der Wüste? Als dann auch noch das Auto den Geist aufgibt, ist das gemeinsame Essen eher zweitrangig und mehr das Überleben erwünscht. „“No Name Restaurant“, Originaltitel, ist ein Roadtrip durch den Sinai, wie er absurder nicht sein kann. Von wegen  –  ebenso turbulent wie nachdenklich mit Fragen versehen um unterschiedliche Kulturen und nach Identität (= 4 PÖNIs).

5.)   TV-TIPP: Ein Klassiker, der nie ganz „verloren“ ging, ist  – „DER MARATHON-MANN“ von John Schlesinger aus dem Kinojahr 1976. Mit den zwei Heros DUSTIN HOFFMAN (als New Yorker Geschichtsstudent) und LAURENCE OLIVIER (als berüchtigter ehemaliger KZ-Arzt „Der weiße Engel“). Die sich zu duellieren beginnen. Der auf dem Roman von William Goldman basierende Thriller läuft am nächsten FREITAG, 12.8., ab 22.25 Uhr bei 3sat„Olivier – als das personifizierte Böse – und Hoffman sind hervorragend“ heißt es bei Leonard Maltin: TV-Movies und Video-Guide. Als filmisches häusliches  Spannungsnachtmahl dingend zu empfehlen!

6.)   MUSIK: Welche Klänge um-hauchen Müdigkeit? Bei mir auf jeden Fall gerade DIE von KATIE MELUA. Wenn sie „Ganz nah dem Wahnsinn“ mit  „THE CLOSEST THING TO CRAZY“ unterwegs ist. Mein  gefühls-intensiver Lieblings-Wochen-Song:

Wünsche eine wunderbar-entspannte Woche.

HERZlich:   PÖNI PÖnack

email:   kontakt@poenack.de

 

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