PÖNIs BLOG (208): Abschied: RALF WOLTER; Wie bitte: „TRIANGLE OF SADNESS“; „DER PASSFÄLSCHER“; Heimkino: „MR. HARRIGAN’S PHONE“; TV-TIPP; MUSIK: PASCAL DANEL

1.)   RALF WOLTER, geboren am 26. November 1926 in Berlin, war ein deutscher Schauspieler, der in einem Zeitraum von über 60 Jahren in über 230 Film- und Fernsehproduktionen spielte. Einem breiten Publikum wurde er durch die Karl-May-Verfilmungen der 1960er-Jahre bekannt (u.v.a. „Der Schatz im Silbersee“; „Winnetou“-Reihe; „Der Schut“), in denen er die beliebten Figuren Sam Hawkens und HADSCHI HALEF OMAR verkörperte. Seit Anfang der Fünfziger Jahre stand Ralf Wolter bereits vor den Kameras. 1951 hatte er in dem hiesigen Filmschwank  „Die Frauen des Herrn S.“ seinen ersten Filmauftritt. Schon bald galt er als Idealbesetzung für liebenswerte Tollpatsche. In den Folgejahren konnte man ihn in Lustspielen wie „Wenn die Conny mit dem Peter“ und „Freddy, die Gitarre und das Meer“ sehen. 1958 hatte er einen Kurzauftritt als Toilettenmann in der politischen Satireverfilmung „Wir Wunderkinder“ von Kurt Hoffmann mit der prägnanten Textzeile „Jepinkelt wird immer!“. 1961 spielte Ralf Wolter an der Seite von James Cagney und Horst Buchholz und Liselotte Pulver in Billy Wilders (späterem) Hit „Eins, Zwei, Drei“ einen hektischen sowjetischen Agenten mit Glatzkopf. 1991 arbeitete er als Sam Hawkens im Rahmen der Karl-May-Festspiele in Bad Segeberg ein letztes Mal mit Pierre Brice zusammen. 1976 veröffentlichte er eine Langspielplatte mit eigenen Kompositionen und Texten. Seine Leidenschaft für humoristische Texte und Musik brachte Ralf Wolter auf Kabarettbühnen wie auch auf Boulevard-Bühnen sowie in TV-Serien-Gigs („Ein Schloss am Wörthersee“; „Küstenwache“). Ralf Wolter lebte mit seiner Frau Edith, mit der er seit Ende der 1950er-Jahre verheiratet war und zwei Kinder hatte, in München. Heute, am Freitag, 14. Oktober 2022, ist er dort gestorben. Ich mochte ihn.

2.)   EXTASE IM CINEMASCOPE-KOTZEN. Titel = „TRIANGLE OF SADNESS“ von RUBEN ÖSTLUND (B + R + Co-Schnitt; Schweden/GB/USA/Fr/Griechenland/Türkei 2020; K: Frederik Wenzel; M: Michael Maltha; Leslie Ming; 147 Minuten; deutscher Kino-Start: 13.10.2022). Was bedeutet Triangle of Sadness? Hier heißt es: „Traurigkeit vorgetäuscht“; in Frankreich nennt man den Titel „Sans filtre“, also „Ohne Filter“; lt. Ruben Östlund bezieht sich der Titel auf einen Begriff, der von plastischen Chirurgen verwendet wird, um die SORGENFALTE zu beschreiben, die zwischen den Augenbrauen auftritt und die mit Botox in 15 Minuten behoben werden kann.

Apropos RUBEN ÖSTLUND. 2017 bekam er bei den Cannes-Festspielen seine erste „Goldene Sieger-Palme“ für seinen Film „THE SQUARE“ (s. Kino-KRITIK/4 1/2 PÖNIs für einen brillanten Gedanken-Potpourri). In diesem Frühjahr wurde ihm die zweite „Goldene Cannes-Palme“ zugesprochen. Für das „Triangle“-Stück. Damit gilt der am 13. April 1974 in Schweden geborene Autoren-Regisseur derzeit als cineastischer Goldman und Trendsetter. Jedenfalls begleiten viele Lobeshymnen sein aktuelles Krawallo-Movie. Das er wie folgt kommentierend begleitet: „Heute heißt es häufig: ‚Warum porträtiert ihr die armen  Menschen auf so gemeine Art und Weise?‘ Ich bin zumindest gerecht: Ich porträtiere alle Menschen als gemein. Ich behandele meine Figuren also gerecht“ (R. Ö. über die Menschen in seinen Filmen). Es lebe der Turbokapitalismus.

SIE heißt SUNNYI MELLES – begeistert im Film als Vera. Ist – prächtig spinnernd  – die Gattin eines Ultrareichen. Oligarchen. Befiehlt starköpfig gerade den veränderten Bewegungsablauf an Deck. Übersieht, besser überhört dabei das beginnende Schiffsschaukeln. Was zunächst nur zum Unwohlsein führt. Du großartige Sunnyi-Vera. Wie DU mitreißend brichst. Kotzt. Wahrscheinlich auch, weil der saufende Kapitän Thomas Smith (genial: WOODY HARRELSON) nicht das Schiff führt, lenkt, klar doch, sondern viel lieber als Salonlinker den trunkenen Marxisten heraushängen lässt. Aus dem zitathaften Mund. Während …

… aber der Reihe nach. Für die drei Kapitel. Die insgesamt rund 2einhalb-Stunden benötigen. 1.) CARL & VAYA lernen wir kennen (HARRIS DICKINSON & CHARLBI DEAN KRIEK). ER hat, im Einlauf, die Aufnahmeprüfung zum Model bestanden. SIE ist eine listige, pfiffige (und auch berechnende) Influencerin. Beide betrachten (ihre) Schönheit als Währung. Bekamen den Trip auf der Megayacht gesponsert. Geschenkt. Aber anstatt sich wie die anderen – stinkreichen – Passagiere einfach nur herum-zu-lümmeln, voll-zu-trinken, geben sie sich provokant miteinander/gegeneinander die Verbal-Kante.

Währenddessen erleben wir 2.) einen Tour-Rausch. Bei dem „die Armen“ säumige Bedienungsdienste leisten und die Passagiere, darunter ein älteres britisches Waffenhändler/Innen-Paar, das bei hohem Gewinn mit Handgranaten handelt, jeden Noch-so-bekloppten-Wunsch erfüllt bekommen. Sollen. Klar Schiff, alles ist bezahlt. Geld, was ist schon Geld! Währenddessen der taffe Kapitän im Alkoholfieber ausführlich Marx beschreibt. Zunächst verläuft der Törn zwischen Sonnenbaden, penetrantem Smalltalk und diverse Champagnergedecke absolut selfietauglich. Doch dann spricht, wie schon angedeutet, die Natur. Von wegen  – ein extrem stürmischer Wind fängt an zu schreien. Und später dann auch: zu brennen. a.) Was im Futtersaal zu einem mächtigen Kotz-Talk führt. Abdriftet. Ab sofort dinieren unsere Kandidaten die volle Brechpulle. Pusten alles aus. Mächtig – gewaltig hieß SO ETWAS mal bei den – allerdings nicht SO STINKIGEN – Olsenbande-Ulk-Clowns. Ruben Östlund erklärt: „Wie bei all meinen Filmen ist mein Ausgangspunkt die Betrachtung des menschlichen Verhaltens. Viele Szenen haben daher einen Bezug zu einer soziologischen Studie oder persönlichen Anekdote“. Verstehe.

Im Kapitel 3 jedenfalls befinden sich einige Beteiligte, eine Gruppe von Milliardären, auf einer einsamen Insel, auch Carl & Yaya. Allerdings – plötzlich ist eine philippinische Reinigungskraft vom Schiff (DOLLY DE LEON) die Ansagerin, weil sie als Einzige weiß, wie man Feuer machen und fischen kann. Abigail heißt sie, die sich bemüht, wenn-schon-denn-schon, Carl einzukreisen. Was Yaya nicht so ganz recht ist. Diese letzte halbe „DIE INSEL“-Stunde, oder sind es doch nur 15 Minuten?, verläppert die Drama-Satire-Slapstick-Polit-Show. In Farce- und Exzess-Atmosphäre. Der Reiz ist gereizt. Was jetzt folgt ist eher ein gesitteter Darm. Das Interesse zeigt sich langsam erlöschend, nur als ein –  nicht zu sehender – Esel erschlagen wird, kommt noch einmal „Unruhe“ auf. Auch übrigens im Kinoparkett. Ansonsten wären die Kapitel Eins und Zwei ausreichend gewesen. Und 3 wäre schnell(er) abgehakt. Zum Begreifen: Gebt öfters diesen Geld-Kakerlaken verdorbenes Fischfleisch. Auf dass  – eine solche KOTZ-OPER fortgestylt werden kann (= 4 PÖNIs).

3.)   EHRLICHE HAUT. BESSERE GEDANKEN. Titel = „DER PASSFÄLSCHER“ von Maggie Peren (B + R; D/Luxemburg 2021; nach einer wahren Begebenheit; nach dem gleichnamigen Bericht von Cioma Schönhaus/2004; „Der Passfälscher“ erschien 2006 als Taschenbuch im Fischer Verlag; K: Christian Stangassinger; M: Mario Grigorov; 116 Minuten; deutscher Kino-Start: 13.10.2022). Berlin 1942. Er ist jung, gutaussehend, tapfer, couragiert. Und Jude. Nur: Cioma Schönhaus (sehr beeindruckend: LOUIS HOFMANN) lässt sich weder seine charmante Lebensfreude nehmen noch von irgendjemand seine Energie einschüchtern. Schon gar nicht von den Nazis. Tritt die sprichwörtliche Flucht nach vorne an. Zusammen mit seinem Freund Det (JONATHAN BERLIN) begibt er sich mitten ins Leben und vor allem – unter Menschen. Denn seiner Ansicht nach sind die besten Verstecke dort, wo sowieso alle hinschauen. Mit Einfallsreichtum, Charme und einer gehörigen Portion Chuzpe schlägt sich Cioma durchs gefährliche Leben, beflügelt durch Gerda (LUNA WEDLER), seiner großen Liebe. Sein Talent –  das perfekte Fälschen von Pässen – hilft zwar zahlreichen Menschen bei der Flucht, bringt ihn aber auch zunehmend in Gefahr. Die Autoren-Regisseurin Maggie Peren erzählt von dieser grausamen Zeit auf eine ganz neue Art und Weise: Nicht aus der Sicht eines Täters und auch nicht eines Opfers, sondern aus Sicht eines „dynamischen“ jungen Mannes, der sich gegen die Nazis stellt und trotz allem Schrecken mit einer großen Freude am Leben seinen Alltag im Dritten Reich bestreit. Maggie Peren gelingt ein überzeugendes Porträt über einen Überlebenskünstler, der sich nicht unterkriegen lässt und sich dieser furchtbaren Zeit mit unerschütterlichem Optimismus, Mitgefühl und Menschlichkeit widersetzt. Oder: wie Kunst = Leben zu retten versteht.  Oder – wie ergreifend – wenn Lächeln Worte ersetzt.

Das Großartige an diesem besonderen – gelungenen Spielfilm ist die Tatsache, dass hier auf das Vorzeigen von Gewalt komplett verzichtet wird. Oder auf läppische Kommunikation. Vielmehr werden erleben wir „Abenteuer“-(pardon)-Geschehnisse eines jungen Mannes, der nicht gewillt ist, in entsetzlichen Zeiten auf seine Träume zu verzichten: zu helfen. Und dabei Glück zu empfinden. Egal, welche Angst im Seelen-Innern auch lauert. CIOMA SCHÖNHAUS hat es wirklich gegeben. „Er gehörte zu den etwa 7000 Juden, die in Berlin während des Krieges untertauchten; nur 1700 von ihnen haben überlebt. Vielen hat Schönhaus mit seinen gefälschten Pässen geholfen; er hat sich auch selbst gerettet und konnte kurz vor einer Entdeckung in die Schweiz fliehen, wo er 2015 im Alter von 92 Jahren starb“ (aktueller „Filmdienst“). Ein deutscher Spielfilm, der einen stark mitnimmt, der einen sensibel erreicht sowie unterhaltsam wie nachdenklich überzeugt (= 4 1/2 PÖNIs).

4.)   KING FOR HEIMKINO. Titel = „MR. HARRIGAN’S PHONE“ von John Lee Hancock (B + R; USA 2021; basiert auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Stephen King aus seiner Sammlung „If It Bleeds“; K: John Schwartzmann; M: Javier Navarrete; 106 Minuten; deutscher HEIMKINO-Netflix-Start: 5.10.2022). Was machst du, wenn Dich ein schrecklicher Mitschüler in der High School, ein Schulmobber, dauernd peinigt? Und Dein Wehren wegen dessen körperlichem Umfang nichts bringt? Da passierte was: Du hast nach dem Tod der Mutter den pensionierten Milliardär Mr. Harrington in  dieser Kleinstadt kennengelernt. Deine Mutter hatte die Richtung verordnet  – besuche ihn, in seinem mächtigen Anwesen, und lese ihm einfach dreimal pro Woche vor. Die Augen von Mr. Harrington sind nämlich nicht gerade in Bestform. Craig, verdiene Dir etwas zum Da-sein. Daraus entwickelt sich eine – na ja Art-Freundschaft. Zwischen Boy Craig (JAEDEN MARTELL) und dem alten Mr. Harrigan (DONALD SUTHERLAND). Harmonische Jahre vergehen. Mit immer denselben Besuchs- und Vorlese-Ritualen. Dann aber gewinnt Craig durch ein Lotterielos, das ihm Mr. Harrigan schenkte, 3.000 Dollar. Kauft davon zwei iPhones. Eines für sich, und das zweite für seinen Mentor-Oldie. Eigentlich wollte der reiche Mister keine „Technik“, beginnt aber, unter Anleitung des Jungen, sich daran zu gewöhnen. Ich verkürze: Mr. Harrigan stirbt. Und diese Stephen King-Story beginnt sich zu „drehen“.

Spannender Thriller-Streifen, der sich seltsamen Horror-Eskapaden zuwendet. Motto: „Unfälle“ passieren. Können jetzt passieren. Weil Craig einen speziellen Handy-„Kontakt“ erlebt. „Deswegen haben sie mich ausgewählt“! Dies ist ein typischer Abendfilm fürs heimische Kino: mitunter prickelnd, auch packend, und mit einem großartigen Donald Sutherland & Junior-Partner (= 3 PÖNIs).

5.)   TV-TIPP = SIE SOLLTEN IHN KENNENLERNEN. Bürgerlicher Name: QUENTIN DUPIEUX. Franzose, geboren  am 14. April 1974; nennt sich bei seiner Filmmusik: Mr. Oizo. Kam im Sommer 2011 auf unserem Heimkino-Markt heraus mit einem der ungewöhnlichsten Genre-Streifen aller Zeiten  – dem 1. Killerreifen-Movie „Rubber“ (s. Heimkino-KRITIK/4 1/2 PÖNIs). 2013 folgte „Wrong“ (s. Heimkino-KRITIK/4 PÖNIs). Ebenfalls absurd wie faszinierend. In seinem nächsten Streich, hochkarätig-hauptrollenbesetzt mit „Oscar“-Akteur JEAN DUJARDIN („The Artist“) und 2020 hierzulande erstaufgeführt, wird es noch – dank Quentin Dupieux – Regie-verrückter: „MONSIEUR KILLERSTYLE“, so der Titel, fightet gegen, festhalten = JACKEN: Näheres dazu: s. Heimkino-KRITIK/4 PÖNIs. ARTE zeigt am nächsten MITTWOCH, 19.10., ab 22.55 Uhr diese Entdeckung. Bei der ein Kleiderstück sich mit seinem menschlichen Träger zu unterhalten versteht! Und umgekehrt. Man betrachtet nach der Filmbesichtigung garantiert den eigenen Klamottenschrank mit ganz anderem Sinn. Beziehungsweise: schrägen Augen. So was in der überkandidelten Pracht-Art!

6.)   MUSIK: Und wenn wir uns schon in Frankreich aufhalten, dann dürfen wir es auch musikalisch. Der Klassiker heißt „KILIMANDJARO“, stammt von PASCAL DANEL und wurde 1966 veröffentlicht. 1967 folgte der internationale Erfolg, ein Platinalbum und die Nr.1 Single, die Pascal Danel in sechs Sprachen aufnahm. „Kilimandscharo“ gilt als eines der maßgeblichen französischen Lieder der 1960er-Jahre. Manchmal auch als „Les Neiges du Kilimandjaro („Der Schnee des …………..“).  Genau. Wurde lt. einer Umfrage von Télé 7 Jours  als einer der 15 besten französischen Songs des Jahrzehnts ausgezeichnet. Ganz klar, DER ist diese Woche mein LieblingsSONG:

Wünsche eine schneelose Woche.

HERZlich:   PÖNI PÖnack

email:   kontakt@poenack.de

 

 

 

 

 

 

 

 

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