0.) In Fortsetzung der am 29. August 2021 eröffneten Retrospektive „60 Jahre KINDER VON GOLZOW“ zeigt das Berliner BABYLON-Kino am Rosa-Luxemburg Platz bei freiem Eintritt an diesem SONNTAG (8.5.) ab 14 Uhr: „EIN MENSCH WIE DIETER – GOLZOWER“. Es ist der sechzehnte Film der bedeutsamsten Langzeitdokumentation im Kinemathek-Universum und erschien 1999; die Filmlaufzeit beträgt 122 Minuten. Zum anschließenden Gespräch mit Barbara und Winfried Junge ist auch der Protagonist gebeten. Im Vorprogramm läuft der 1988 entstandene 22-minütige Winfried Junge-Film: „Gruß aus Libyen oder Grün ist eine schöne Farbe“. Moderator dieser Veranstaltung ist: RALF SCHENK. Platzreservierung = Abholung der Freikarten = ist ab sofort im Kino möglich.
1.) JAHRMARKT-UNIVERSUM. HOKUSPOKUS-ZAUBER-SPEKTAKEL. Wüste ACHTERBAHN-ACTION. Titel = „DOCTOR STRANGE IN THE MULTIVERSE OF MADNESS“. Von SAM RAIMI (USA 2020/2021; B: Michael Waldron; K: John Mathieson; M: Danny Elfman; 126 Minuten; deutscher Kino-Start: 4.5.2022). Vor rund 6 Jahren tauchte Dr. Stephen Strange als angesagter, weltberühmter, egozentrischer Neurochirurg auf, um – angeknockt – im ewigen Duell zwischen GUT und BÖSE, im atmosphärischen Spaß-Radau mit ‚Lasst mich doch mitspielen‘-Comic-Charme, mitzumischen („Doctor Strange“/deutsche Kino-Premiere am 27.10.2016/s. Kino-KRITIK/3 PÖNIs). Heuer die Fortführung. Mit neuem, bekannten Regisseur, wobei DER ja hinlänglich bekannt ist als Mr. Horror-Player (die bekanntesten Werke von Sam Raimi sind die „Tanz der Teufel“-Schocker sowie 3 „Spider Man“-Filme /s. Kino-KRITIKEN/3 PÖNIs / 2 1/2 PÖNIs + 4 PÖNIs). Hauptanliegen nunmehr = Bühnen-Theater auf drei Ebenen, von wegen – zeitliche, räumliche, gedankliche. Dazu im 1 A-Modus: verschiedene Welten / Parallelwelten / Multiuniversen. Onkel Sam erläutert: „In den anderen Filmen haben sie die Existenz der Multiversen langsam eingeführt … es ist jetzt das erste Mal, dass unsere Helden, dass wir als Zuschauende in ein anderes Multiversum reisen … wir sehen also andere Paralleluniversen und vor allem auch andere Versionen der Helden und Antihelden“. Was soviel bedeutet wie – Leute, wir hüpfen, flattern, springen, fighten, boostern (= frischen auf; kleiner Scherz) durch verschiedene Regionen, Räumlichkeiten, um zum Beispiel Anspielungen in Richtung lebende Toten, Zombies, Frankenstein und Hexen wahrzunehmen. Allerdings immer auch unter der Beachtung, dass der Film die Jugendfreigabe ab 12 Jahren besitzt. Also immer auch schön „sauber“ bleiben. Wenn das Erschrecken gerade in Fahrt gerät und dabei halbwegs abbremst. Während der sich nicht gerade nach vorne drängelnde Titel-Dottore mit gepfefferten Kurzauftritten die riesige Fan-Gemeinde „Cumberbatch“ versucht, zufrieden zu stellen. Bei seiner Suche nach der beste aller Welten. (Da existieren ja so einige; eine sogar getrickst). Mit mehr Spaßdampf denn Logik. Im Hiphop-Rhythmus von Comic-City. Wobei – dieses Girl mit dem „unauffälligen“ patriotischen Namen America Chavez (XOCHITL GOMEZ), also Miss America, besitzt bereits diese Gabe. Was wiederum das Marvel-Girlie und die Exfreundin von Doctor Strange = Wanda (ELIZABETH OLSEN) in Bewegung versetzt, denn sie will sich diese Hin-und-Her-Bewegungs-Gabe – ziemlich bösartig – aneignen. Was natürlich Super-Mann Strange helfend einschreiten lässt. Die Action-Optik flippt nun mächtig aus. Alles strampelt, hechelt, keucht, fliegt, rackert mächtig-gewaltig vor sich hin. Und soll was bewirken? Die Augen werden laut und (un-)sinnig gefüllt. Die Optik, begleitet von orchestralem Wums, strampelt sich einen ab. Mit schon mal Noten, die zu Waffen explodieren. Ist ulkig. Wenn man abschaltet, vermag „zu ertragen“ gelten. Aber eigentlich ist „Doctor Strange 2“ nur eine robuste Action-Fanfare, mit etwas Love-Appeal, wenn ein Schwur wie „Ich liebe Dich, in allen Universen“ empathisch sticht. In sechs Jahren erfahren wir vielleicht mehr (= 3 PÖNIs). P.S.: Ach so ja – es geht ja schon GROSS los. Mit einer überdimensionalen Krake in Manhattan, die mit einem ebensolchen Kopf sowie mit nur einem Auge ausgestattet ist; SIE macht furienhaft Remmidemmi, bevor Maestro Strange reagiert und schließlich mit einer Straßenlaterne „hantiert“. Ist schon irre.
2.) EXISTENZ-KÄMPFER. Großartige politische UNTERHALTUNG. Titel = „SUN CHILDREN“. Von MAJID MAJIDI (Co-B, Co-Produzent + R; Iran 2019; K: Houman Behmanesh; M: Ramin Kousha; 99 Minuten; deutscher Kino-Start: 5.5.2022). Dieser Film ist 152 Millionen Kindern gewidmet. Wir sind zu viert. Manche aktuellen Filme hauen einen positiv um. DIES IST SO EINER. Dass er im Iran entstand, macht Mut. Dabei „lockt“ schon der Filmemacher, denn MAJID MAJIDI, der sich auch hierzulande mit Filmen wie „Kinder des Himmels“ (1997); „Die Farben des Paradieses“ (1999) bestens bekannt gemacht hat, handelt wieder von einer realnahen Geschichte. Bei der Kinder sich „wie Erwachsene“ anstrengen müssen, um halbwegs über die Lebensrunden zu kommen. Selten waren in einem iranischen Spielfilm die Positionen für den Nachwuchs dermaßen schwierig. Weil ihre – auch prügelnden – Eltern viel zu schlimm mit sich zu tun haben, sind sie alleine „aufgefordert“, sich „zu bedienen“: Einmal mehr wird hier die iranische Gesellschaft aus der Perspektive von Außenseitern betrachtet. Die schon sehr früh mit der Maßgabe klarkommen muss, zwischen Loyalität und persönlichem „Aufstieg“ sich entscheiden zu müssen. Um der täglichen Armut zu entgehen. Wie der 12jährige Ali (jede Menge Darstellerpreise: ROOHOLLAH ZAMANI), der mit drei Freunden eine Clique bildet. Die sich mit Gelegenheitsarbeiten in einer Autowerkstatt sowie mit kleineren, krummen Geschäften bemühen, an schnelles Geld zu gelangen, um auf der Straße zu überleben und um ihre Armutsfamilien zu unterstützen. Als sie hören, dass sich ein verborgener Schatz in der Nähe befinden soll, im Untergrund einer gemeinnützigen, von Spenden abhängigen gemeinnützigen Schule, werden sie hellhörig. Doch dieser Schatz befindet sich unter jener „Sun School“. Wo bereits 280 Straßenkinder unterrichtet werden. Also melden sich die Jungen kurzerhand an. Um dann auf dem Gelände heimlich, zwischen den Unterrichtsstunden, graben zu können. Um so dann über einen Tunnel in die Schatzkammer zu geraten. Natürlich häufen sich damit ihre sowieso schon immensen Schwierigkeiten. Wobei sich die „Children“ als durchaus aufgeweckte Kontra-Kids erweisen.
„SUN CHILDREN“ vermischt pikantes Sozialgeschehen und aufgeregte Abenteuer. Dabei verweist der spannende Spielfilm (mit Erich Kästner- bzw. Oliver Twist-Gedanken) auf knochige gesellschaftliche Probleme und vielfältige emotionale Zwänge, die natürlich auch außerhalb Irans vorhanden sind. Um so erstaunlicher der einheimische Mut, mit dem hier das heikle Thema aufbereitet und wie hier clever argumentiert wird. MAJID MAJIDI erreicht durch die unangestrengte Zusammenfügung von poetischem wie provokantem Realismus eine Nähe, Dichte und faszinierende Spannung, was sich schließlich – bei den deutungsvollen Schlussbildern – außerordentlich einprägt. Und SEHR lange nachhallt (= 4 1/2 PÖNIs).
3.) NACH EINER WAHREN GESCHICHTE. Titel = „DER FALL 9/11 – WAS IST EIN LEBEN WERT?“. Originaltitel: „Worth“. Von SARA COLANGELO (USA 2019; B: Max Borenstein; nach dem gleichnamigen Buch von Kenneth Feinberg; Co-Produzent: Max Borenstein; Michael Keaton u.a.; von den Produzenten von „Spotlight“ und „12 Years a Slave; nach einer wahren Begebenheit; K: Pepe Avila del Pino; M: Nico Muhly; 118 Minuten; deutscher Heimkino-„Capelight“-Start: 6.5.2022). Nach den fürchterlichen Terroranschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon am 11. September 2001 ernennt der Kongress der Vereinigten Staaten den Staranwalt Kenneth Feinberg (MICHAEL KEATON/„Birdman oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit“) zum Leiter des Opferentschädigungsfonds. Gemeinsam mit Camille Biros (AMY RYAN/„Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel“), der Leiterin seiner Kanzlei, steht Feinberg vor der unmöglichen Aufgabe, den monetären Wert eines Menschenlebens zu bemessen, um die Hinterbliebenen zu entschädigen. Als Feinberg Mr. Charles Wolf (STANLEY TUCCI/„Supernova“) kennenlernt, der ebenfalls den Tod seiner Frau zu verkraften versucht, realisiert der Jurist, dass er mit Berechnungen allein nicht weiterkommt: Hinter jeder Zahl steht ein menschliches Schicksal, für das es sich zu kämpfen lohnt. Der hochkarätig besetzte Streifen widmet sich der spannenden, hochmoralischen Folgen, wenn Bürokratie gegen individuelle Grausamkeit „antritt“; wenn sich Berechnungsgrundlagen gegen Regeln wenden und Sätze wie „Wir sind nur die Verwalter“ oder „Anwalt, Du bist nur ein Zahlenschieber“ fallen. Ein Heimkino-Film mit packendem Tiefgang (= 4 PÖNIs).
4.) 95 Jahre wäre sie vorgestern, am 4. Mai 2022, geworden: TRUDE HERR. Eine Kölner Frohnatur, deren (Schalk-)Lieder populär und deren Figuren aus deutschen Filmpossen („Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“) für „Späßchen“ sorgten. 1960 hatte sie einen fetzigen Schlager-Erfolg mit ihrem lustigen Gassenhauer „ICH WILL KEINE SCHOKOLADE“; meine Lieblingshymne in dieser Woche:
Wünsche eine süße Woche.
HERZlich: PÖNI PÖnack
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