PÖNIs BLOG (169): MÜNSTER zum 40.; LADY DIANA-„SPENCER“; „WANDA, MEIN WUNDER“; „DER URSPRUNG DER WELT“; MIKE & the MECHANICS

(Fotoquelle: WDR/Thomas Kost)

0.)   Egal, ob SIE – wie davor, am 2. Mai 2021 mit „Rhythm and Love“ – ziemlich verhuscht (s. TV-KRITIK/1/2 PÖNI) daherkommen oder ob SIE mit reichlich Gag-Pointen humorig punkten, SIE sind der ARD-„TATORT“-QUOTEN-KNÜLLER: DIE „MÜNSTERANER“ AXEL PRAHL & JAN JOSEF LIEFERS. Drehbuch-Autor Thorsten Wettcke, der bereits für vier NRW-Krimi-Fälle die Bücher verfasst hat, schrieb auch für den 40. Auftritt an diesem Sonntag die „komische“ Vorlage. Titel: „DES TEUFELS LANGER ATEM“. Die Spielleiterin war diesmal Francis Meletzky. Sonntag, 16. Januar 2022, ab 20.15 Uhr, ARD – hoffentlich können wir diesmal mit einem zünftig-unterhaltsamen Jubiläums-„Tatort“-Kitzel rechnen.

1.)   DIE LADY UND IHR FANTASTISCHER GROLL. Titel: „SPENCER“. Von PABLO LARRAIN (Co-Produzent + R; B: STEVEN KNIGHT; K: CLAIRE MATHON;  GB/USA/D/Chile 2021; 117 Minuten). 2015/2016 befasste sich der chilenische Filmemacher und Produzent PABLO LARRAIN mit einer legendären Frauenfigur der Zeitgeschichte. Unter dem Titel „Jackie“ (s. Kino-KRITIK/4 PÖNIs) porträtierte er die First Lady-Witwe von John F. Kennedy, der am 22. November 1963 in Dallas einem Attentat zum Opfer fiel. In der Titelrolle – die formidable NATALIE PORTMAN. Mit diesem Spielfilm vermag sich Pablo Larrain wieder auszeichnen. Der schauspielerische Glanzgrund ist diesmal:  die amerikanische Actrice KRISTEN STEWART. Die übrigens die erste und bisher einzige US-Amerikanerin ist, die den Filmpreis César, der als französisches Pendant des „Oscars“ gilt, für ihre darstellerische Leistung in „Spencer“ gewinnen konnte. Unvergessen auch und vielgelobt – in dem 2019 entstandenen Streifen „Jean Seberg – Against all Enemies“ (s. Kino-KRITIK im BLOG 101/3 1/2 PÖNIs) mimte sie ebenfalls eine aufsehenerregende Legende.

Schon zu Lebzeiten erlangte Diana den Status einer Medienikone und wurde weltweit so populär, dass sie zeitweise als die berühmteste und am häufigsten fotografierte Frau der Welt galt. 2022 ist es 25 Jahre her, dass Diana, Princess of Wales starb. (Nach ihrem Tod – am 31. August 1997 in Paris – erhielt Diana den Beinamen „Königin der Herzen“, mit dem im 17. Jahrhundert schon Elisabeth Stuart, die Frau des „Winterkönigs“ Friedrich V., tituliert worden war).  Am 29. Juli 1981 hatten Prinz Charles und Diana Frances Spencer geheiratet. Dieser historische Film folgt den Spuren der Prinzessin von Wales ab Dezember 1991. Die britische Königsfamilie bereitet sich darauf vor, die Weihnachtsferien auf dem Anwesen der Queen Sandringham in Norfolk zu verbringen. Wo Diana verspätet Heiligabend eintrifft. Ihre Söhne William und Harry freudig begrüßt, sich aber ansonsten bemüht, der adligen Sippe, und Majestät sowieso, so wenig und, wenn nicht vermeidbar, so kurz wie möglich zu begegnen. In der Ehe zwischen dem Prinzen und der Prinzessin herrscht seit Langem Eiszeit. Trotz der wilden Gerüchte über Affären und einer Scheidung tönt „offiziell“: Frieden. Es wird feudal gegessen und fein getrunken und „draußen“ gejagt und geschossen. Diana kennt das Spiel und hält sich weitgehend fern. Doch diesmal wird diese von der Presse argwöhnisch begleitete „Veranstaltung“ zu einem „ganz besonderen“ Erlebnis. Für sämtliche Beteiligte. Ob adlig oder „nur“ höfisch. Motto: Die angesagte gegenseitige Belauerung,

Da ist es ein Gewinn und Genuss, wenn sie sich austauschen – die Lady und ihre geschätzte Zofe Maggie (SALLY HAWKINS), die mit soviel klugem Sauerstoff ausgestattet ist. Zwei Seelenverwandte, obwohl so weit voneinander „amtlich“ entfernt.

Aber was bedeutet das alles, wenn schließlich ein ganz ordinärer Burger die Lady und ihre Kinder beglückt zufrieden zu stellen weiß. In der freudigen Abschiedstour.

Die Signale werden bereits vor dem „Gefecht“ gesetzt, als auf der dunklen Leinwand in starkem Weiß verkündet wird: „Eine Fabel aus einer wahren Tragödie“. Die Lady verfährt sich. Mit ihrem Sportwagen. Ob mit Absicht oder weil sie zwischen nervös und wütend übel gelaunt scheint…: „Ich weiß absolut überhaupt nicht, wo ich bin“. Der Chefkoch, ein illustrer Organisator SEAN HARRIS), „findet“ sie und geleitet sie hin zum Schoß der, wie schnell festzustellen, weil stark zu empfinden ist, ganz und gar nicht „heiß“-geliebten Familie. Gegenseitige Empathie, was für eine Sau-Kälte wird in dem fein dekorierten Saal ausgeatmet. Auch, weil doch die Lady-Prinzessin es wagte, erstens zu spät einzutreffen und damit 2.) gegen das amtliche Protokoll zu verstoßen. Auch dann übrigens ständig Klamotten-mäßig. Wenn Blicke lächelnd töten könnten, wäre die Queen eisige Zeremonien-Henker-Meisterin. Aber weiter, ganz professionell-bekloppt: Der majestätische Befehl lautet, dass jedes Familienmitglied vor und nach dem Essen gewogen werden soll. Also muss. Irre. Und dann findet Diana auch noch auf ihrem Bett eine klassische Lektüre, mit einem Buch über Anne Boleyen; bekanntlich d i e Adlige aus dem britischen 16. Jahrhundert, die auf Verfügung ihres königlichen Gatten  – wegen Ehebruch – enthauptet wurde. Kein Wunder, dass wir künftig die Prince bei ihren Alpträumen und Gespensterbewegungen, bei ihren Panikattacken und während Fluchtgedanken und Halluzinationen begleiten. Bis hin in die alten Gemäuer, wo einst Diana bei einer glücklichen Kinder-Gegenwart strahlte. Jetzt dagegen – ein Gefecht wird zelebriert. Mit kreischender klassischer „Live“-Geigenuntermalung. Manchmal begleitet Diana der äußerlich „Galle“ austeilende Stallmeister Alistair Gregory (TIMOTHY SPALL/ein schauspielerischer Gigant/“Mr. Turner – Meister des Lichts“/2014), der unaufgeregt und beruhigend etwas zu vermitteln weiß.

SIE ist DIE Prinzessin. Die 31jährige KRISTEN STEWART. Deren  „Oscar“-Nominierung nur eine Frage der Zeit ist. Mit diesem leichten, schräg-„winkenden“ Kopfanwinkeln; mit diesen sorgsamen blonden Frisuren; mit dieser fadenscheinig-überzeugenden, empathisch-wechselnden Gesichtsberichterstattung; mit ihren anscheinend „ungelenken“ Schritten in ihrem goldenen Käfig; beim Vorführen ihrer Dämonen, die sie nur mühsam zu kontrollieren weiß; wenn sie durch das Eingreifen ihrer Zofe wieder auf den Pfad des Ausgleichs verbal „getrieben“ wird. Und dann auch diese Tänze. Die jegliche tiefen seelischen Minenfelder attackieren. „SPENCER“, der Film, unterhält prächtig; lästert diskret adlig-unanständig; wirkt als Sittengemälde imponierend-taff-blitzend; besitzt und verteilt köstliche Ironie-Funken; ist ein meisterlicher Kino-Gewinn, der sich schließlich mit dem Pop-Gesang „All I Need Is a Miracle“ von Mike & the Mechanics verabschiedet. Selten so durchweg wohlgefühlt im Lichtspielhaus (= 5 PÖNIs).

2.)   TRAGIKOMÖDIE. Titel = „WANDA, MEIN WUNDER“. Von BETTINA OBERLI (Co-B + R; Schweiz 2019; Co-B: Cooky Ziesche; K: Judith Kaufmann; 112 Minuten). Wobei BETTINA OBERLI bei uns schon einmal im Kino „interessant“ auffiel, als Ende März 2007 ihre originelle Schweizer Produktion „Die Herbstzeitlosen“ gut angenommen wurde (s. Kino-KRITIK/3 PÖNIs). Nun also: Drei Teile. Plus Epilog. Jeder dieser Teile beginnt damit, dass Wanda von einem Familienmitglied vom Fernbus am Busbahnhof abgeholt wird. Wanda (AGNIESZKA GROCHOWSKA) stammt aus Polen und kümmert sich auf dem herrschaftlichen Haus der Familie Wegmeister-Gloor am Zürichsee um deren betagtes Familienoberhaupt Josef (ANDRÉ JUNG). Der 70jährige ist geistig noch rege, aber seit einem Schlaganfall bettlägerig und auf physische Hilfe angewiesen. Zum weiteren Haushalt zählen Josefs Frau Elsa (MARTHE KELLER), eine stockige Bürger-Hausherrin, sowie ihr etwas debil wirkender jüngster Weichei-Sohn Gregi (JACOB MATSCHENZ), der der Ornithologie verfallen ist. Als seine Schwester Sophie (BIRGIT MINICHMAYR) auftaucht, wird’s ungemütlich. Von wegen – eigentlich möchten die Begüterten nicht so viel bezahlen wie Wanda bekommt. Doch Josef besteht auf diese Betreuung. Und das Honorar. Er mag Wanda ebenso wie sie von Gregi angehimmelt wird. Also sind verbale Spitzen an der Tagesordnung. Vor allen Dingen von der poltrigen Sophie. Was Wanda „erträgt“. Die zu Hause in Polen alleinerziehende Mutter zweier Kinder benötigt ihren hiesigen Verdienst, um ihre Kinder durchzubringen. Deshalb kommt sie einige Male im Jahr als Pflegerin hierher. Während mittlerweile – „heimlich“ – ein Little-Duell um Wanda zwischen dem erwachsenem Familienchef und dem ansonsten weitgehend passiven Sohn läuft. Und dann fallen plötzlich zwei „eigenartige“ Sätze, die diese ganze Mischpoke in Aufruhr versetzt: „Ich bin schwanger“, tut Wanda kund. „Ich werde Vater“, tönt der Senior des Hauses happy. Heiliger Strohsack, jetzt starten die Ereignisse. Auf deutsch-polnischer Seite. Mit dabei dann auch – die Eltern von Wanda sowie: eine Kuh. Die auch noch versorgt werden will. Also – soll. Eigentlich wäre jetzt Zusammenhalt erforderlich. Eigentlich.

„WANDA“ ist überraschenderweise keine Betroffenheitsbeschauung, sondern ein durchaus mit tückischer List und haarigen, treffsicheren Pointen annonciertes, prima-zynisches Drama; durchsetzt mit oder besser in –  angemessener bitterer Ironie-Atmosphäre. Wo treffsichere Dialoge und verdorbene Gedanken schön-böse funkeln und eine großartige polnische Entdeckung wie AGNIESZKA GROCHOWSKA wunderbar unprätentiös spielt. Erfreulich luftig (= 4 PÖNIs).

3.)   ERFREULICH GEMEIN. Titel = „DER URSPRUNG DER WELT“. Von LAURENT LAFITTE (Co-B + R + Hauptdarsteller; nach dem Theaterstück L’Origine du monde“ von  Sébastien Thiéry, wie der Film auch im französischen Original heißt; Fr 2019; K: Axel Cosnefroy; M: Gabriel Fauré; 98 Minuten; seit 11.01.2022 bei „Netflix“ im Heimkino im: ORIGINAL MIT DEUTSCHEN UNTERTITELN). „Du bist tot, aber bewegst dich“, äußert sich der Tierarzt-Freund Michel (saukomisch: VINCENT MACAIGNE). Zu seinem Kumpel Jean-Louis (LAURENT LAFITTE). Der, Mitte 40, ist gerade heimgekehrt und versteht nicht, warum sein Herz nicht schlägt. Und er „dennoch“ „eifrig“ weiter-lebt. Obwohl eben kein Puls mehr in ihm zu spüren ist. Ins Krankenhaus will er aber „deswegen“ nicht. Lieber verständigt er sich mit seiner Gattin Valérie (KARIN VIARD), sich zu deren Freundin Margaux (NICOLE GARCIA) zu bewegen, die von „solchen Dingen“ Ahnung hat. Bescheid weiß. „Dein kosmisches Herz schlägt“, vermittelt ihm Margaux  umgehend. Und verweist auf KARUNGA. Aber: Wer oder was ist denn Der oder Das? Oder Die? „Sie haben drei Tage Zeit, dann sterben Sie“, lautet die Diagnose der irren Freundin seiner Gattin. Die offenbar mit okkulten Mächten „verbunden“ ist. Und Jean-Louis drängt, schnell mit seiner Mutter (HÉLÈNE VINCENT) Kontakt aufzunehmen. Denn bei DER befindet = findet sich offenbar der Überlebensschlüssel für das herzige männliche Dilemma. Allerdings: Der Sohn hat schon ziemlich lange keinen Kontakt mit seiner 82jährigen quicklebendigen Mutter gehabt. Und da GIBT ES JA NOCH DIESE ::: KLEINIGKEIT: Ab sofort wird es heikel. Darüber zu schreiben, würde auch bedeuten, „merkwürdige Dinge“ unverblümt preiszugeben. Also lachen wir lieber insgeheim weiter.

Typisches Kino-Theater. Man achte auf die Körper und deren Sprache und deren Bewegungen, besonders bei Vincent „Michel“ Macaigne; staune derweil auch Bauklötzer über die garantiert ziemlich „belastete“ Gattin; und dann lauten die Vokabeln weiterhin – absurd, bizarr und ganz gefährlich: unanständig! Warum Netflix den Film nicht eindeutschte, sondern untertitelt feilbietet? Keine Ahnung. Wie oft wird dort schlimmster Kauderwelsch eingestimmt, nur hier, wo man provokant zum Amüsieren getrieben wird, nicht. Egal – während Shirley Bassey abschließend „This Is My Life“ singt, gestatte ich dieses Heimkino-Produkt mit dem Prädikat „unterhaltsam und mitunter sogar richtig komisch“ aus (= 4 PÖNIs).  Und frage meine Kundschaft gerne nach KARUNGA?!?

Jean-Jacques Beineix (2006) (Fotoquelle: Markus3 (Marc ROUSSEL), Jean-Jacques Beineix (Amiens nov 2006) 12a, Ausschnitt von mm, CC BY-SA 3.0)

4.)   Abschied. ER zählte zu den bedeutsamen französischen Filmemachern. Ich erinnere mich gerne, als ich im März 1983 erstmals im hiesigen Kino seinem Debüt-Meisterwerk „DIVA“ begegnete. Der dann zum Thriller-Kultfilm avancierte , mit vier „Césars“ ausgezeichnet wurde (bestes Erstlingswerk; beste Filmmusik; beste Kamera und bester Ton) und in der Cineasten-Welt umjubelt wurde. 1986 folgte mit „BETTY BLUE – 37,2 GRAD AM MORGEN“ ebenfalls ein fantastisches Kunst-Produkt, das auf viel Zustimmung und Begeisterung stieß (s. Kino-KRITIK/5 PÖNIs). Am Donnerstag ist JEAN-JACQUES BEINEIX im Alter von 75 Jahren gestorben. Sein visuelles Gespür hatte mit seinem besonderen Interesse für Malerei, Musik und Fotografie zu tun: „Kino ist die siebte Kunstform. Ich bin kein Maler, Schreiber, Tänzer oder Musiker, aber ich bin von allem ein wenig. Das Kino ist der Ort, wo sich meine gesammelten Unzulänglichkeiten zu einem Ganzen verbinden lassen“, beschrieb er mal sein Schaffen. Die Trauer ist enorm. (Ich werde mich am  Wochenende wieder einmal mit „DIVA“ beköstigen und  – nunmehr –  schmerzhaft erinnern).

5.)   MUSIK: Princess Diana ist auf dem Abmarsch. Weg von diese grottigen britischen Queen-Family. Erleben wir gerade mit dem aktuellen Filmglanz „SPENCER“ (Kritik s. oben). Und während sie mit ihrem Nachwuchs im Porsche durch die Gegend düst, singen sie mit, denn aus dem Radio klingt die stimmungsvolle Aufforderung „ALL I NEED IS A MIRACLE“ von Mike & The Mechanics; und natürlich ist DAS auch mein Lieblingssong in dieser Woche:

Wünsche viel GESUNDEN Bewegungsspaß in dieser Woche.

HERZlich:   PÖNI PÖnack

kontakt@poenack.de

 

 

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