PELLE, DER EROBERER

Der Vorteil von HEIMKINO ist enorm. Bietet er doch beispielsweise auch die Möglichkeit, vergessene überragende Klassiker wieder in das filmische Bewusstsein zurückzuholen. Zum Wieder-Finden oder Neu-Entdecken. Ein aktuelles Beispiel ist einer der besten Filme aus den Achtzigern UND zugleich ein Meisterwerk, das in jeder intelligenten Bestenliste immer ganz weit vorne auftaucht:

PELLE, DER EROBERER“ von Bille August (Co-B + R; Dänemark/Schweden 1987; Co-B: Per Olov Enquist, Bjarne Reuter; basierend auf dem ersten Band des gleichnamigen vierteiligen Roman-Zyklus von Martin Andersen Nexo/1906; K: Jörgen Persson; M: Stefan Nilsson; 149 Minuten; BRD-Kino-Start: 23.03.1989; Video-Premiere: 11.12.1989; DDR-Kino-Start: 21.11.1990; DVD- + Blu ray-Veröffentlichung: 22.05.2014).

Mit diesem Film erinnert der dänische Drehbuch-Autor und Regisseur BILLE AUGUST, heute 66, bekannt über Filme wie „Das Geisterhaus“/1993; „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“/1997; „Les Misérables“/1998 sowie zuletzt „Nachtzug nach Lissabon“ (2013), an unmenschliche Zustände in Skandinavien an der Schwelle zum 20. Jahrhundert. So leiden auch der junge Pelle Karlsson (PELLE HVENEGAARD) und sein Vater Lasse (MAX VON SYDOW) bittere Entbehrungen und große Armut. Hoffnungen auf menschenwürdige Besserungen setzt der Vater durch den Umzug von Schweden nach Dänemark. Doch auch dort erwartet beide ein entwürdigendes und ausbeuterisches Dasein als Stallknecht und Viehhirte auf einem Gutshof. Dabei schwinden beim Vater nach und nach die Kräfte, um sich aus Abhängigkeit und Leibeigenschaft zu befreien. Also setzt er alles daran, wenigstens seinem Sohn eine menschenwürdige Zukunft zu ermöglichen.

Eine Kritik von mir gibt es bereits im Kino-Archiv (s. KINO-KRITIK), nichtsdestotrotz möchte ich diesen großartigen Film jetzt auch innerhalb der Heimkino-Sparte einbinden. „Pelle, der Eroberer“ wurde mit über 20 Internationalen Film- und Festivalpreisen bedacht. 1988 gewann das faszinierende Werk die wichtigsten schwedischen und dänischen Jahresfilmpreise (u.a. jeweils als „Bester Film“; „Bester Darsteller“ Max von Sydow; „Bestes Drehbuch“). Im Mai 1988 konkurrierte „Pelle, der Eroberer“ im Wettbewerb der 41. Filmfestspiele von Cannes mit den Spitzenfilmen „Ein kurzer Film über das Töten“ von Krzysztof Kieslowski und „Bird“ von Clint Eastwood und gewann den Hauptpreis, die „Goldene Palme“. Im November 1988 wurden die beiden Hauptakteure, Pelle Hvenegaard und Max von Sydow, mit dem erstmals vergebenen Europäischen Filmpreis „FELIX“ ausgezeichnet. Und auch in den USA wurde „Pelle, der Eroberer“ begeistert aufgenommen („Eindringlich rekonstruierendes, minutiös detailliertes Panorama einer ungewöhnlichen Zeit“ /= „New York Times“) und 1989 mit dem „Golden Globe“ wie auch dann mit dem „Oscar“ als „Bester fremdsprachiger Film“ gekürt. Und der damals 59-jährige MAX VON SYDOW wurde als erster und bislang einziger skandinavischer Schauspieler für den „Oscar“ in der Kategorie „Bester Hauptdarsteller“ nominiert. Uneingeschränktes Lob für einen Film, der „beeindruckt durch menschlich dicht gezeichnete, hervorragend gespielte Hauptfiguren und unpolemische Ehrlichkeit“ („Lexikon des Internationalen Films“).

2012 kündigten die dänischen Filmproduzenten Meta Louise Foldager und Kenneth Plummer eine Fortsetzung an, basierend auf den weiteren (autobiographisch geprägten) „Pelle“-Romanen von Martin Andersen Nexo (26.06.1869 – 01.01.1954). Regie wird nicht mehr Bille August führen, sondern Per Fly. Ob Max von Sydow wieder mitspielt, steht noch nicht fest.
Die Erstveröffentlichung auf DVD und Blu-ray erinnert jetzt wieder an einen der besten skandinavischen „Weltfilme“ aller Zeiten. DEN zu sehen und zu empfinden und zu bedenken sich auch heute stark lohnt. Ein Muss-Film für jedes bessere Heimkino-Archiv (= 5 PÖNIs).

Anbieter: „Koch Media“

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