NO!

NO!“ von Pablo Larrain (Chile/Fr/USA 2011/ B: Pedro Peirano; nach dem Bühnenstück “Referendum” von Antonio Skámeta; 118 Minuten; Start D: 07.03.2013); lief im Vorjahr auf dem Cannes-Festival („Der heimliche Hit in Cannes 2012“ notierte “Village Voice“) und war in diesem Jahr für den Auslands-„Oscar“ nominiert. Und erzählt von einer GROSSEN SACHE. Für alle, die meinen, DEMOKRATIE hätte sich abgenutzt. „Tauge“ inzwischen nicht mehr. Als Mittel für die Politik. Eines Landes. Hier: Eines bestimmten Landes. Denn „NO!“ basiert auf wahren Fakten:

ER war einer jener widerwärtigen Diktatoren: AUGUSTO PINOCHET (25.11.1915 – 10.12.2006). Am 11. September (!) 1973, maßgeblich von den USA gestützt, an die Macht in Chile gekommen. Als er mit Unterstützung des Militärs sich zum Herrscher und Führer hochputschte. Gegen den demokratisch gewählten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende. Bis zum 11. März 1990 herrschte er. Menschenverachtend, grausam, hochmütig. Doch dann „musste“ er in Chile „wählen“ lassen. Auf internationalen Druck. Und das Volk wählte ihn im Jahr 1990 demokratisch ab. WIE es „dazu kam“, davon handelt, erzählt dieser vielschichtige, schräge, mitreißende Spannungsfilm.

René Saavedra (GAEL GARCIA BERNAL) ist ein brillanter, erfolgreicher Werbefachmann. Als alle Prognosen für die Wahlen damals einen eindeutigen Sieg Pinochets voraussagen, wird René von den Chefs des breit gefächerten Oppositionsbündnisses als Marketingberater engagiert. Weil er bisher mehr mit Erfrischungsgetränken als mit Politik zu tun hatte, ist er skeptisch. Und als er die ersten „ganz anderen“ Entwürfe für die NO-Kampagne vorzeigt, sind es seine Auftraggeber auch. Doch dann zeigen seine Ansichten „erste Früchte“. Von wegen – Angst haben? Ängste zeigen? Nur polemisieren? Nichts da. Viel lieber doch – das neue Chile proklamieren. Weltoffen. Neugierig. Heiter. Vor allem: OPTIMISTISCH. Respektlos wird fortan „positiv“ geworben. Unter ständiger polizeilicher Überwachung. Mit eigenem Jingle, eigenen Songs, knallbunten Spots. Im Wechsel mit ernsthaften Themen. Als Verheißung „kommenden Glücks“. Im Land. Und siehe da, die Stimmung im Selbigen wandelt sich. Sehr zum Entsetzen des Regimes. Das sich mittenmal in die Defensive gedrängt sieht. Wie René auch. Der erst nach und nach „richtig“ mitbekommt, auf was er sich da eigentlich wirklich eingelassen hat. Und was dies für familiären (Ehe-)Stress bedeutet. Und als plötzlich sein Kind bedroht ist, geht es ans eigene Eingemachte.
Einmal mehr ein Glücksfall, dieser 33jährige mexikanische Schauspieler GAEL GARCIA BERNAL („Amores Perros“; „Die Reise des jungen Che“; „Babel“; „Und dann der Regen“). Als zunächst unbedarfter, dann couragierter Werbeprofi bringt er genau die Haltung zutage, die überzeugt: Als unpolitischer Kreativer und als kreatives Schreckgespenst. Gael Garcia Bernal ist hinreißend. In seiner „suggestiven René-Schlichtheit“.

Woraus Hollywood eine Helden-Schmonzette fabriziert hätte, wird hier zum brillanten Schelmenstreich. Mit authentischem wie ernsthaftem „Material“. Dabei hochemotional, mit schrägem Humor und intellektuell elektrisierend. Einstige Archivaufnahmen fügen sich nahtlos in diesen unterhaltsamen Schwung aus Finesse und Nüchternheit ein. Und mit der bekannten Botschaft, welche moralische wie manipulative, also verführerische Macht BILDER besitzen. Können.

Und: Heute noch mehr als damals. Ganz klar, PEER STEINBRÜCK muss sich diesen Film jetzt auch ansehen. „Le Monde“ schrieb im Vorjahr, nach der Präsentation in Cannes: „Am Ende wird klar, dass die Diktatur weniger deswegen verloren hat, weil das Volk mehr Gerechtigkeit wollte, sondern weil ihr Kampagnenteam keine Ahnung von Marketing hatte…Regisseur Pablo Larrain erweitert seine Perspektive auf die modernen kapitalistischen Gesellschaften in ihrer Gesamtheit“.

„NO!“ oder: Was für ein tolles Denk-Thriller-Vergnügen von wahrhaftigem politischem Kino (= 4 PÖNIs).

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