NICHT FUMMELN, LIEBLING

„NICHT FUMMELN, LIEBLING“ von May Spils (D 1969; B: Peter Schlieper (= Werner Enke); K: Hubs Hagen; M: Kristian Schultze; Schwarz-Weiß; 87 Minuten; BRD-Kinostart: 09.01.1970; aktuelle Heimkino-Premiere: 30.11.2018); die 69. Berlinale beginnt am kommenden Donnerstag (07.02.2019). Innerhalb der Berlinale-Retro heißt ein Programmteil „Selbstbestimmt. Perspektive von Filmemacherinnen“. Dabei geht es um das Filmschaffen von Regisseurinnen in der Zeit von 1968 bis 1999. 28 Spiel- und Dokumentarfilme aus der BRD und der DDR stehen auf dem Programm. „Gemeinsam ist den Filmemacherinnen und ihren Protagonisten gleichermaßen das Interesse an der Erkundung eigener Lebensräume und die Suche nach einer eigenen filmischen Sprache“, benennt die Deutsche Kinemathek, die für die Auswahl verantwortlich ist, die thematische filmische Absicht. Natürlich darf ein Film aus jener Epoche auf gar keinen Fall fehlen: „ZUR SACHE, SCHÄTZCHEN“ von May Spils, der am 04.01.1968 als Münchner Außenseiter-Spaß in die Kinos kam und – mit über 6 Millionen Kinobesuchern – zu einem Sensationserfolg und Gesellschaftsereignis avancierte (s. Kino-KRITIK).

Natürlich musste es danach weitergehen. Mit diesem – auch privaten – Team: MAY SPILS & WERNER ENKE. Im Sommer 1969 entstand die Fortführung: „NICHT FUMMELN, LIEBLING“, Enke, geboren am 25. April 1941 in Berlin, mimte einmal mehr sich selbst, den CHARLY-Schlaffi, Penner, Gammler, Faulpelz, wie er im Schwarz-Weißen-Streifen des Öfteren bezeichnet wird (was ihn aber keineswegs stört, also „aufmuntert“), der als Pseudophilosoph in München vor allem den täglichen Müßiggang pflegt, also „offen“ als Lebens-Lauf propagiert, während um ihn herum sich die Irgendwie-Hektik leger austobt. Mit Lebemann-Schwätzer Harry (HENRY VAN LYCK) sowie OTTO SANDER als Anarchisten, der gerade plant, in einem Kaufhaus das dortige Klo anzuzünden von wegen – kapitalistische Scheiße muss verbrannt werden. Was Charly, der zum Aufpassen engagiert ist, aber überhaupt nicht interessiert. Er spielt, also macht lieber mit seiner neuen Flamme Christine („Engelchen“ GILA VON WEITERSHAUSEN) `rum. Für die angepeilte Revolution fühlt er sich viel zu sehr abgeschlafft. „Der alte Schwung ist hin“, tut er kund. Für progressive Grübeleien fühlt er sich viel zu bollerig, also abgelatscht. Typische neue Enke-Wörter-Erfindungen. Der auch, als man sich „vergeblich“ im heimischen Filmzentrum Geiselgasteig „bemüht“ hat, DEN Film-Spruch überhaupt ablässt: „Kaufen sich mal nen Spaten, irgendwo auf dem Gelände liegt der deutsche Film begraben“.

Ein prima Spaß-Klima. Eine „Schätzchen“-Fortführung, die zum erfolgreichsten deutschen Kinofilm von 1970 avancierte. Mit dem Weiterhin-Motto: Wir haben diesen spießigen Muff, dieses verkrampfte Wirtschaftswunder-Gedöns, mehr als satt. Und diese altbackenen, miefigen Anstandsregeln. Slapstick anstatt „Reißen sich doch zusammen, Mensch“. Mit Paten wie Jacques Tati, Rex Gildo, Tom Jones oder den spöttischen Voltaire-Pessimisten Candide.

Zum 50. Jubiläum erfreut eine Doppel-DVD. Auf der einen ist der Film im 4:3-Originalformat und – Remastered – in 16:9. Auf der zweiten ein köstlich informatives wie vergnügliches Bonusmaterial mit u.a. einem Kurzporträt über May Spils und einem Interview mit dem „Oldie“ Werner Enke. Ein 12-seitiges Booklet rundet das Vergnügen ab. Das damals sogar den „Ernst Lubitsch-Preis“ vom „Club der BERLINER Filmjournalisten“ zugesprochen bekam. Motto: „Charly ist gegen alles. Er protestiert gegen alles. Auch gegen den Protest“. So waren die Zeiten. Damals. In der BRD-Süd (= 4 PÖNIs).

Anbieter: „Indigo“.

 

 

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