Sein Name: MATTHEW GREGORY LEWIS. Geboren am 9. Juli 1775 in London, verstorben am 14. Mai 1818, bestattet auf See. Auf der Rückreise von Jamaika. Matthew Lewis war Schriftsteller und Bühnen-Autor. Sein bekanntestes Werk ist der Gothic-Schauerklassiker „The Monk“, 1796 veröffentlicht. Lewis schrieb diesen Roman, um seine Mutter „in Stimmung“ zu bringen. Heißt es. Um sie „angemessen“ zu unterhalten. Dieser anonym publizierte Roman wurde damals von vielen Rezensenten wie von Kirchen-Fürsten wütend abgelehnt, von wg. schwülstig, unnatürlich oder von wg. strafrechtlich zu ahndender Blasphemie und Obszönität, und natürlich war er „wegen seiner Verruchtheit“ ein ungeheurer Erfolg. Der von der Vor- und Frühromantik geprägte „Skandalroman“ setzte zu seiner Zeit neue Maßstäbe in Sachen Horror-Literatur. Und wurde sofort wegen seiner subversiven Themen um Vergewaltigung, Inzest, schwarze Magie, dem Verwenden von Bibel-Zitaten zensiert.
Bislang gab es zwei Verfilmungen: „Le Moine“ bzw. „Il Monaco“, eine Co-Produktion Frankreich/Italien/BRD aus dem Jahr 1972, für die Luis Bunuel und Jean-Claude Carriere das Drehbuch verfaßten und bei der Ado Kyrou Regie führte. In den Hauptrollen: Franco Nero + Nathalie Delon. Nadja Tiller besetzte einen Nebenpart. Deutscher Titel für den am 18.3.1977 in unseren Kinos angelaufenen Streifen: „Der Mönch und die Frauen“.
Sowie dann „The Monk“ von Paco Lara (= Francisco Lara Polop), eine spanisch-englische Co-Produktion aus dem Jahr 1990, die hierzulande nicht ins Kino kam, sondern am 21.7.1992 unter dem Originaltitel gleich auf Video veröffentlicht wurde. Nun also wurde der Stoff zum dritten Mal adaptiert, erreichte bei uns allerdings nicht erst die Lichtspielhäuser, sondern hatte gleich auf DVD bzw. Blu-ray deutsche Premiere:
„DER MÖNCH“ von Dominik Moll (Co-B+R; Fr/Sp 2011; K: Patrick Blossier; M: Alberto Iglesias; 96 Minuten; DVD-Veröffentlichung: 26.6.2012).
Im Dezember 1595, in der Nacht des Heiligen Ambrosius, wird vor der Pforte eines außerhalb Madrids gelegenen Kapuzinerklosters ein „abgelegtes“ Kind gefunden. Die Mönche nehmen sich des Jungen an, erziehen ihn zu einem gottesfürchtigen Mitglied. Prediger. Und Ambrosius entwickelt sich zu einem „sehr intensiven“ wie dann auch äußerst „populären“ charismatischen Kanzel-Magier. Der die Menschen mit seinen hypnotischen Worten und „Auftritten“ in den Bann zieht. Zugleich für eine große Reputation des Klosters sorgt. „Satan hat nur DIE Macht, die man ihm zugesteht“, lautet sein Credo. Deshalb wettert er ständig gegen die immer „vorhandenen“ immensen Versuchungen. Verlockungen. Durch diesen ewigen Menschen-Kampf. Zwischen Gut, also Gott, und dem Bösen, sprich DAS BÖSE. Dem Satan. DER einfach nicht „locker“ lässt und den sündigen Menschen ständig verführen, auf „seine Seite“ bringen möchte. Wir befinden uns in einer Epoche der ständigen Unruhe. Unsicherheit. Verunsicherung. Angst. Die Hochkultur der Angst. Dominiert. Atmet. Obwohl man doch kaum sittsamer und gottesergebener leben kann als Ambrosius. DEN es dann doch „erwischt“. Wie Adam im Paradies. Denn eine „getarnte“ Eva taucht auf. Als maskierter Valerio. Vom Dämonen höchstpersönlich entsandt. Um Ambrosius Glauben zur totalen Prüfungsqual werden zu lassen. Jetzt bewahrheitet es sich auch für ihn: „Derjenige, der lügt, tötet seine Seele“.
Aber es kommt noch schlimmer. Ambrosius stößt, unwissentlich, auf seine Mutter. Und seine Schwester. Und „fabriziert“ deren Untergang. Oh Mönch, was tust Du. Der du ewig von Reinheit, Gott-Unterwürfigkeit und Reichtum durch Enthaltsamkeit gesprochen hast: „Ihr wart in eurer Tugend auch schwach“. Ganz schwach. Und geil.
Geboren ist er am 7. Mai 1962 in Bühl. Er wuchs in Baden-Baden auf und lebt seit zwei Jahrzehnten in Frankreich. Sein Vater ist Deutscher, seine Mutter Französin: DOMINIK MOLL. In New York hat er an der „City University“ studiert. Ab 1987 dreht er Kurzfilme. 1994 entsteht sein erster Spielfilm „Intimité“. Im Jahr 2000 kommt „Harry meint es gut mit dir“ auch bei uns in die Kinos. Eine schwarze Komödie, mit dem spanischen Charakterdarsteller Sergi López in der Titelrolle (wofür es für ihn den „Cesar“ und den „Europäischen Filmpreis“ gab). Das psychologische Drama „LEMMING“, im Mai 2005 bei der Filmfestspielen von Cannes erstaufgeführt, ist sein bisher „auffälligster“ Film. Sowohl bei der Kritik wie auch beim Arthouse-Publikum. „Der Mönch“ ist der erst 4. Kinolangfilm des heute 50jährigen Drehbuch-Autoren und Regisseurs. Und es ist einer der intelligentesten und „speziellsten“ Spannungsfilme der letzten Horrorfilmjahre geworden. Beginnend mit und in seiner faszinierenden dunklen Ruhe. Eher beobachtend, zögernd beginnen sich Personen und Gedanken zu bewegen. Vermittelt über einen außerordentlich wuchtigen wie „schmalen“ darstellerischen Bewegungsmelder: VINCENT CASSEL.
Als Ambrosius unterstreicht der 45jährige Franzose seine charismatische Brillanz und Dominanz innerhalb der europäischen Spitzenschauspieler-Gilde. Gestern noch der eiskalte „Mesrine“-KIller in den beiden „Public Enemy“-Filmen (von 2008/“Cesar“ als „Bester Hauptdarsteller“), neulich der choreographische Lehrmeister von „Black Swan“ Natalie Portman (2010), und hier nun dieser zerrissene Mönch. Dieser „zur Verführung anstehende“ menschliche Heilige. Ambrosius. Den Vincent Cassel mit minimalistischer Körpersprache ebenso einfach wie eindrucksvoll-„bindend“ porträtiert. Mit einer großartigen psychischen Physis.
Inmitten einer grandiosen atmosphärischen Sog-Wirkung. Von feinstem Horror. Mit diesen einwickelnden Motiven: „Befehlende“ Heiligbilder an den Wänden, diese strengen Skulpturen, diesen bedrohlich wirkenden Kruzifixe, dieser ewige stumme Seelen-Lärm. Hinter jedem Standbild lauern Gefahren. Scheint es. Die Qualen des Glaubens. Des Glauben-Wollens. Und zugleich die „hämische“ Erkenntnis von der Unmöglichkeit. Tatsächlich, also wahrhaft glauben zu können. Siehe Ambrosius. Wie „leicht“ er „zerfällt“. Dieser sündige Depp. Beziehungsweise – diese traurige normale Mann-Mensch-Gestalt.
Eine schaurig-schöne dezente Gruselstimmung breitet sich permanent wie schleichend aus. Fließt atemlos durch diese düsteren Gemäuer. Während die Geschichte immer deutlicher wird. Köstlich „unanständiger“. Umwoben von diesen wohligen, einfangenden Streicher- und Bratsche-Klängen. Die mit der „Gefahr“ hier ständig kontakten. Korrespondieren. Sie erst so richtig „in Laune“ bringen. Einstimmen. In böse grinsenden Schwung vermitteln. Der diskrete Soundtrack von ALBERTO IGLESIAS ist eine satanische Wonne. Wie diese ganze Inszenierung von wunderbar schwarz-charmantem Ernst schimmert. Und in ihrer meisterlichen Horror-Message bestätigt: Der Mönch, also der Mensch, ist schwach. Bleibt es. Jederzeit. Und (wo auch) immer. Doch – eine „solche“ Versuchung ist allemal ein heute (SEHR) attraktives filmisches Prickel-Erlebnis.
Das Heimkino besitzt derzeit einen phantastischen (DVD-)Hit.
Allerdings: Mit merkwürdigem Bonus-Quatsch. Einem französischen, nicht untertitelten Making Of-Beitrag einschließlich – ebenfalls nur originalen – Interviews mit Dominik Knoll (!) und Vincent Cassel. Wer hat denn hier blöd geschludert???!!!
Anbieter: „Planet Media Home Entertainment“