Merida – Legende der Highlands Kritik

MERIDA – LEGENDE DER HIGHLANDS“ von Mark Andrews und Brenda Chapman (USA 2011/2012; 100 Minuten; Start D: 02.08.2012); das wurde aber auch Zeit…dass beim weltbesten Animationsunternehmen PIXAR endlich auch einmal beziehungsweise erstmals Frauen-Power angezeigt, angesagt ist. Nach kerligem Spielzeug („Toy Story 1-3“), männlichen Autos („Cars 1+2“), einer pfiffigen Küchen-Ratte („Ratatouille“), einem melancholischen Roboter („WALL-E“) und einem störrischen Opa („Oben“) darf nun – in „Brave“ (Originaltitel) – auch mal ein Girl im Mittelpunkt des Geschehens und als Blickfang herumtoben. Übrigens wie lange Zeit auch hinter der Kamera, wo bis „kurz vor Toresschluss“ die seit 2003 bei PIXAR hinter den Kulissen arbeitende Kreativkraft BRENDA CHAPMAN (1998 Co-Regisseurin beim Zeichentrickfilm „Der Prinz von Ägypten“ aus der Produktionsstätte von Spielbergs „DreamWorks Animation“) die alleinige Regie-Verantwortung hatte. Dann aber wurde sie auf Veranlassung von PIXAR-Boß John Lasseter („Toy Story“) gefeuert und durch Mark Andrews ersetzt. Der bis dato „nur als Experte fürs Mittelalter und für Kampfszenen angeheuert worden war“ („Spiegel“ 31/2012). Was im letzten Filmdrittel auch prompt, also mutmaßlich, für deutlich mehr Kampfszenen sorgt.

Die Wandlungsfähigkeit bei PIXAR ist enorm. Egal, auf welchem Spielfeld man sich engagiert, die bisherigen 12 PIXAR-Langfilme besaßen, sogar bei den Fortsetzungen, allesamt Originalität, Einfallsreichtum, eine unkonventionell ausufernde Phantasie. Diesmal bewegt sich das PIXAR-Universum in Richtung mittelalterliches Schottland. Schon die ersten, herrlichen virtuellen Panoramabilder über die dortigen Highlands unterscheiden sich kaum mehr von realen Aufnahmen, PIXAR wird immer perfekter in Sachen „reale Animation“. Prinzessin Merida ist ein rothaariger „Vollblut-Wuschel“ aus der örtlichen Herrscher-Dynastie. Anstatt in engen Kleidern vornehm im Schloss herumzustolzieren, mag sie lieber „draußen“ mit ihrem Vollblüter reiten, mit Pfeil und Bogen hantieren und ihre rote Mähne vom Wind durchschütteln lassen. Was den gutmütigen Papa erfreut, aber bei der „vornehmen“ Mama auf Widerwillen stößt. Schließlich soll sie sich ja bald vermählen. Einen der Erstgeborenen aus den vier mächtigen Clans des Landes „annehmen“. Merida aber weigert sich. Trickst diese zwischen unbeholfen und dämlich schwankenden Bubis zünftig aus. Was in der Folge eine geschäftstüchtige Hexe auf den Plan ruft, die Verwandlung ihrer Mutter in einen „überforderten Bären“ zur Folge hat und ihren (natürlich unwissenden) Vater erfreut, da er ja liebend gerne Bären jagt. Drumherum bricht viel hübsches Jagd- und Prügel-Chaos aus, woran übrigens auch Meridas ebenso rothaarige wie noch mehr aufsässige drei kleine Brüder ulkig beteiligt sind. Die keltischen Soundtrack-Klänge vom schottischen Filmkomponisten PATRICK DOYLE („Eine zauberhafte Nanny“) tanzen ebenso fröhlich mit und werden durch zwei stimmungsvolle Folk-Popsongs der schottischen Sängerin JULIE FOWLIS mitreißend ergänzt.

„Merida – Legende der Highlands“ ist kesse, freche Mittelalter-Emanzipation. Pur. „Ich will frei sein“ tönt eine historische Maid modern „robust“ herum und sprengt damit alle Konventionen. Klettern, jagen, Bogenschießen, das mag sie. Und nicht langweilig zu Hause herumhocken, um höfische Rituale „zu erfüllen“. Brav „rosa Zeugs“ zu stricken, saubere Liedchen anzustimmen, Frösche zu küssen und auf den Traumprinzen zu warten. Nix da. Freigeist Merida, übrigens hierzulande mit der köstlichen Verbalschnute von NORA TSCHIRNER ausgestattet, ist ein bauernschlaues, toughes Historienmädel von heute, das sich nicht (mehr) „die Butter vom Brot“ nehmen lassen will und lustvoll auf Eigenständigkeit, auf ein selbst bestimmtes Dasein, pocht. Deshalb ständig aufmüpfig ist. Eine kecke häusliche Rebellin. Die von Zwangsheirat, wie es ja bis heute in europäischen Adelshäusern Sitte ist, gar nichts hält. „Ich will ein Eigen-Leben“, schreit es aus jeder vergnüglichen mittelalterlichen Merida-Pore. Spiel, Spaß, Show. Ein Fun-Abenteuer. In bester Trickserei. Der 13. PIXAR-Spielfilm ist konventioneller gestrickt, also vorhersehbarer als viele der vorherigen Überraschungsmovies aus dieser Spitzen-Animationsfabrik, dabei aber immer (noch?/schließlich wurde man ja neulich von „Disney“ vereinnahmt) auf gleichbleibend hohem technischem wie unterhaltungsvollem Niveau. Mit flotten Bewegungen, markigen Sprüchen und urigen Gags. In charmanten 3 D-Treffern (= 3 ½ PÖNIs).

Die letzte (Nachspann-)Info: „Brave“ ist dem 2011 verstorbenen PIXAR-Studio-Mitbegründer (und „Apple“-Gründer) Steve Jobs gewidmet.

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