Love & Friendship

LOVE & FRIENDSHIP“ von Whit Stillman (B, Co-Produzent + R; Irland/NL/Fr/USA 2015; basierend auf dem Brief-Roman „Lady Susan“ von Jane Austen; K: Richard Van Oosterhout; M: Mark Suozzo; Benjamin Esdraffo; 96 Minuten; Start D: 29.12.2016); die Romane der britischen Schriftstellerin JANE AUSTEN (16. Dezember 1775 – 18. Juli 1817) sind seit vielen Jahrzehnten immer wieder wunderbares „Kraftfutter“ für exzellente Film-Adaptionen wie „Emma“; „Sinn und Sinnlichkeit“ (s. Kino-KRITIK) oder „Stolz und Vorurteil“. Diese Erstverfilmung nach dem etwa 50seitigen Brief-Roman „Lady Susan“ von Jane Austen (von 1794 oder 1805/die Experten sind sich uneinig) kann niveaumäßig nicht nur charmant-amüsant mithalten, sondern zählt zu den besten Jane Austen-Verfilmungen überhaupt.

Was machst du als Frau, wenn du zwar „irgendwie“ „Oben“ dazugehörst, dennoch auf die „Gnade“ und das Wohlwollen entfernter reicher Verwandtschaft angewiesen bist, um halbwegs standesgemäß leben zu können? Im Britannien des späten 18. Jahrhunderts? Entweder wirst du gesellschaftlich geächtet oder du bist klug und weißt „deine Vorteile“ – wie die eines cleveren Geistes und eines schönen Körpers – listig einzusetzen. Die attraktive Witwe Lady Susan (KATE BECKINSALE) ist von außerordentlichem Verstand: „Ist es nicht recht eindeutig, dass wir entschlusskräftige Frauen die Trümpfe in der Hand halten?“, pflegt sie zu ihrer besten Freundin Alicia Johnson (CHLOE SEVIGNY) zu sagen, während sie im Gespräch mit ihrer ehemündigen Tochter Frederica (MORFYDD CLARK) die eigene familiäre soziale Situation klar und deutlich beschreibt: „Liebes, unsere gegenwärtige bequeme Lage ist von höchstprekärer Qualität: Wir wohnen nicht, wir besuchen nur!“.

Also intrigiert Lady Susan wie es köstlicher und pfiffiger nicht geht. Hat die Schwachstellen innerhalb ihrer wohlhabenden Mischpoke längst ausgemacht und be-nutzt deren Schwächen voll aus. Mit dem Ziel: Für sich und für ihre Tochter (Ehe-)Männer zu finden, die sie absichern. Um weiterhin ein begütertes unbeschwertes Leben führen zu können. In einem offiziellen Ehe-Verbund. Was durchaus im Bereich des Machbaren ist, denn Männer erweisen sich hier mehr als Männlein, während Frauen sich bisweilen als standhafte (und emanzipierte) Weiber – öffentlich unerkannt – offenbaren („Er ist zu alt, um lenkbar zu sein und zum Sterben zu jung“, lautet eine dieser ironischen Erkenntnisse des intellektuell überlegenen Gespanns Susan & Alicia).

Diese virtuose Sprache. Mit diesen bissigen Worten. Sätze sind wie eine Art Duell, wobei Lady Susan federführend in der Verbal-Klinge ist. Ohne Rücksicht auf Verluste setzt sie ihre gemeinen Treffer süffisant-genüsslich ein. Und an. Mit dem Ziel, Töchter zu verunsichern, eifersüchtige Ehefrauen zu hintergehen und besorgte Angehörige auszutricksen. Und einen aristokratischen Deppen, einen gewissen Sir James Martin (brillant: TOM BENNETT in einer koketten Flach-Mixtur aus Colin Firth & Hugh Grant), „in die Pflicht“ zu lenken. Dabei versprüht die Lady ständig und viel „höfliches“ Verbal-Gift: „Möge Mr. Johnsons nächster Gicht-Anfall günstiger ausfallen“.

Der US-amerikanische Autoren-Regisseur und Produzent WHIT STILLMAN, Jahrgang 1952, ist durch Independent-Perlen wie „Metropolitan“ (1990/s. Kino-KRITIK), „Barcelona“ (1994) und „The Last Days of Disco“ (1998) bekannt geworden. Seine spitzzüngige Jane Austen-Adaption ist eine permanente Köstlichkeit von ironischer Schlauheit und feinem Sprach-Biss. Zum Zuschauen wie vor allem beim Zuhören ein Genuss! Was vor allem an der wunderbar-charismatischen KATE BECKINSALE liegt, die als raffinierte „historische Furie“ ebenso skrupellos wie herrlich verführerisch auftrumpft. „Eine Artistin der Doppelmoral“, lobt der „Film-Dienst“. Während um sie herum ein großartiges Ensemble „von erlesenem Adels-Proll“ stimmungsvoll mit-schwingt.

Dazu = zudem: Diese opulente Augenschmaus-Ausstattung; diese exzellenten glamourösen Rüschen-Garderoben, diese „speziellen“ Hut-Kreationen der Epoche, mit diesen überbordenden Pfauen-Federn. Whit Stillman, der Drehbuch-Autor und Spielleiter, weiß dies viel-launig und stimmungsvoll-spielerisch zu bewegen. Mal pikant-albern-grotesk, mal hintergründig-ausgefeilt-pointiert. Der helle Wort-Witz dominiert. Prächtig.

„LOVE & FRIENDSHIP“ ist sehr gescheites Gute-Laune-Genuss-Kino (= 4 ½ PÖNIs).

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