Es ist einer der besten Kriminalfilme überhaupt – das 1970 in die Kinos gekommene, in französisch-italienischer Co-Produktion entstandene Gangster-Drama „VIER IM ROTEN KREIS“. Buch und Regie: JEAN-PIERRE MELVILLE. Mit Alain Delon, Yves Montand, Gian Maria Volonté und André Bourvil. Als Kommissar Mattei. Der sich von seinem Vorgesetzten, dem Polizeipräsidenten, den Klassiker-Satz sagen lassen muss: „Es gibt keine Unschuldigen. Die Menschen sind Verbrecher!“. 42 Jahre später taucht wieder ein französischer Polizist mit Namen Mattei auf, diesmal vom französischen Star DANIEL AUTEUIL (62) interpretiert. In einem neuen Thriller mit lakonischen Verbeugungen vor dem Thriller-Genie Jean-Pierre Melville und seinem herausragenden Werk: „THE LOOKOUT – TÖDLICHER HINTERHALT“ von Michele Placido (Fr/Belgien/It 2012; B: Denis Brusseaux, Cédric Melon; K: Arnaldo Catinari; M: Nicolas Errèra, Evgueni Galperine; 88 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 10.10.2013). Ein plumper englischer Heimkino-Titel mit deutschem Zusatz, hinter dem sich das französische Original „Le guetteur“, „Der Späher“, verbirgt. Und in dem der Polizist die ersten Filmworte spricht: „Mein Name ist Mattei, ich leite die Ermittlungen in dem größten Fall von Bandenkriminalität in meiner Karriere“. Wir hantieren inzwischen im 21. Jahrhundert. Die einstigen Worte des desillusionierten Polizeipräsidenten in „Vier im roten Kreis“ können beanstandungslos in das Heute übernommen werden – die Menschen sind ziemliche Dreckskerle. Unterscheiden sich kaum noch untereinander, selbst DER mit der Polizeimarke ist ein ziemlicher Stinkstiefel. Hat „Lächeln“ vollends aus seinem Repertoire gestrichen, wütet mit barschem Ton durch die Gegend, „schont“ selbst Kollegen nicht. Will mit aller Macht eine Gruppe von Kriminellen stellen, die seit zwei Jahren „mit großem Erfolg“ Pariser Banken überfällt. Vierzehnmal sind sie bisher aktiv gewesen und unbehelligt geblieben. Dies soll jetzt anders werden. Man ist den Verbrechern auf der Spur. Kann sie vor Ort „erreichen“. Doch nicht kriegen, weil DIE durch einen Scharfschützen auf einem Dach „beschützt“ werden. Ein Beamter wird getötet, einer aus der Kriminellengruppe, Nico, wird angeschossen. Und zu einem befreundeten Arzt gebracht, der ihn versorgt. Doch gerade dieser Doktor, der schon seit geraumer Zeit nicht mehr praktizieren darf, „erweitert“ diese Geschichte, weil er seine eigenen, schlimmen Pläne und Aktivitäten verfolgt. Niemand hier, in dieser immer verzwickter werdenden Geld- und Menschenjagd, darf auf irgendwelche Sympathie und Zuneigung hoffen. Es ist wie in einem schmutzigen Puzzle, dessen „Innereien“ sich immer knotiger und unübersichtlicher, jedoch durchaus zusammenhangsmäßig- konsequenter ausbreiten. „Le guetteur“ schlägt in seiner Härte und in seinen verblüffenden inhaltlichen wie personellen Entwicklungen und Wendungen voll auf die angenehm gestresste, gespannte Unterhaltungsbirne. Man muss nur bereit sein, diesen raffiniert verflochtenen Plot lustvoll mitzuverfolgen. Der keine schnellen Lösungen anbietet. Und mit immer verblüffenden weiteren (Seiten-)Gemeinheiten und -Motiven aufwartet. Spannendes Dranbleiben bedeutet und ergibt nach und (Erkennungs-)nach faszinierende Vergnügungsgarantie. In Sachen schwarzer französischer Thriller-Dominanz. Wir kennen ihn mehr als Schauspieler denn als Spielleiter: MICHELE PLACIDO, 66, italienischer Allround-Künstler. Hierzulande vor allem bekannt und populär geworden in der Rolle des Kommissars Corrado Cattani in der italienischen TV-Hit-Reihe „Allein gegen die Mafia“ (1984-1989), die bei uns im ZDF lief. In seinem neuesten Regie-Werk, das überwiegend in Paris gedreht wurde, lässt er seine Story als größere, sprich epische Düstergeschichte wachsen. Schafft immer wieder neue Wendungen und Perspektiven, so dass sein Thriller zu einem mehrschichtigen Genrestück mutiert: In dem „zum Thriller“ Motive von Familien- und Rache-Drama einfließen. Ebenso brutal wie dicht. Auf der oberen Neugierschiene immer herausfordernder. Weil nie gänzlich gleich durchsichtig. Und schon gar nicht vorhersehbar. Ganz im Gegenteil. DANIEL AUTEUIL als Mattei (mit seiner deutschen Stammstimme von Gudo Hoegel) ist der desillusionierte, wütende Jäger von Amtswegen, dessen Auftreten von Hass und Abscheu getragen ist. DER sich bisweilen reichlich unkontrolliert, unberechenbar bewegt. Als Typ, der die Schnauze von diesem ganzen kriminellen Mist und Verbrecher-Gesindel in seiner langen Dienstzeit gestrichen voll hat. Dennoch aber genüsslich hinter dem Gangster-Anführer Vincent Kaminski hechelt, den MATHIEU KASSOVITZ, 45, in einer lakonischen Mischung aus arrogantem Ekel und elitärem „Anspruch“ souverän ausfüllt. Kassovitz, Regisseur von Filmen wie „Die purpurnen Flüsse“ (mit Jean Reno) und „Gothika“ (mit Halle Berry), überzeugte zuletzt in deftigen wie psychologischen Parts bei den Filmen „Haywire“ (von Steven Soderbergh) und „München“ (von Steven Spielberg). Als „spezieller Schurke“ setzt er hier charismatische Akzente. Ist ebenso beeindruckend präsent wie Daniel Auteuil. Der für uns eher unbekannte französische Schauspieler mit dem vielversprechenden Namen OLIVIER GOURMET darf in dem gewichtigen (Darsteller-)Umfeld nicht unerwähnt bleiben, in seiner Rolle als „normaler“ Arzt-Widerling und Schänder Franck setzt er besonders überzeugende schäbige Akzente. „The Lookout – Tödlicher Hinterhalt“ ist ein hervorragender neuer Thriller aus der französischen Krimi-Küche. In einigen Jahren wird die kultische „Entdeckung“ groß sein; derzeit läuft er als hiesige Heimkino-Premiere eher unter „ferner liefen“; sollte aber von Liebhabern ausgefuchster zeitgenössischer (französischer) Qualitätsspannung unbedingt schon jetzt Beachtung finden (= 4 1/2 PÖNIs) Anbieter: „Studiocanal“ |
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