LINDENBERG! MACH DEIN DING

PÖNIs: (3/5)

„LINDENBERG! MACH DEIN DING“ von Hermine Huntgeburth (D 2019; B: Sebastian Wehlings, Alexander M. Rümelin, Christian Lyra; K: Sebastian Edschmid; M: Oliver Biehler, Andreas Kirnberger; 135 Minuten; deutscher Kino-Start: 16.01.2020); Musiker-Sänger-Biopics sind seit geraumer Zeit im KINO stark angesagt. „Bohemian Rhapsody“ (Queen/Freddie Mercury/s. Kino-KRITIK); „Rocketman“ (Elton John/s. Kino-KRITIK) und gerade „Judy“ (Judy Garland/s. Kino-KRITIK) sowie vor einiger Zeit „Amy“ (Amy Winehouse/s. Kino-KRITIK), aber auch – in ewiger Erinnerung – „Walk The Line“ (Johnny Cash/s. Kino-KRITIK) oder „Ray“ (mit dem überragenden „Oscar“-Jamie Foxx als Ray Charles) sind überzeugende Spitzen-Unterhaltungsbeispiele dafür. Nun Deutschland. Mit einem würdigen Rock-Vertreter: UDO LINDENBERG. Allerdings – die Herangehensweise ist nicht „international“, sondern typisch spießig-deutsch. Warum:

1.) Drei Drehbuch-Autoren haben sich, sehr spürbar, abgemüht, mehr über die „Anlauf-Probleme“ des Udo Lindenberg, geboren am 17. Mai 1946 im westfälischen Gronau, nachzudenken und darüber ein Drehbuch zu verfassen als über „das Gesamtpaket“ UDO LINDENBERG. Die Folge: Eine ausführliche „Berichterstattung“ über die Dauerschwierigkeiten mit dem erzkonservativen, strengen und schlichten Klempner-Vater (CHARLY HÜBNER), der unbedingt darauf aus ist, dass Udo in seine handwerklichen Fußstapfen tritt. Was Udo, der Dauer-Trommler, aber nicht will. Konflikte zuhauf, viel zu sehr ausgedehnt. Nach den ersten Bildern wird dies klar, aber es wird immer und immer nochmal thematisch angerissen. Was zu reichlicher Problem-Langeweile führt. Die nur kurz auftauchende Mutter dagegen (JULIA JENTSCH) – immer nett-bieder. Kein Thema.

2.) Danach – der scheu-staunende Schnodder-Junge. Auf St. Pauli und anderswo (US-Luftwaffenstützpunkt in Libyen). Dabei, ständig, mit AHA-Ausrufungszeichen immer ER, DER mit der Schnapspulle in der Hand. Verstehe: Dauersaufen, Drogen, ein bisschen ficken. Abhängen. Sein Suchen. Nach dem erfolgreichen Ich. Nach dessen möglicher Realisation. Später: das Mädel in Ost-Berlin. JAN BÜLOW als lockerer Young-Boy Udo = naiv, kess, auf dem exzessiven Depri-Kotz-Bums-Weg zum Rock-Champ, gibt sich als Udo-Junior angestrengt große Mühe. Sowohl auf der Reeperbahn wie auch bei einer – dann abgebrochenen – Kellner-Lehre in einem schmucken Hotel. Wo ein weiblicher Dauer-Gast schon mal seine Körper-Nähe bestellt. Okay, verstehe, eine Shit-Kindheit. Jugend. Viel (Lebens-)Müll. Aber: Wo ist eigentlich d e r UDO LINDENBERG, auf dessen Abrocken und Erfolgsspuren wir warten??? Auf dass er endlich – auch auf der Leinwand – SEIN DING macht? Wie versprochen? Als Wegbereiter des Deutsch-Rock ‘n‘ Rolls. Film-Antwort: Lieber (zu) viele Probleme aufwühlen. Mit vergleichsweise wenig Lindenberg – und dafür zeitgenössischer Schlager- und Rock-Musik. Im Hintergrund („Der lachende Vagabund“/Fred Bertelmann; Stones-Klänge).

3.) Zwischendurch mal einige Udo-Start-Songs sowie ewige Streitereien und Versöhnungshahnenkämpfe mit Kumpel- und Bassisten-Freund Steffi Stephan (imponierend: MAX VON DER GROEBEN). In der Wiederholungsschleife aber sich abnutzend.

4.) Der starke Auftritt von DETLEV BUCK. Was für ‘ne spannende Type. Als „Teldec“-Platten-Entscheider, dessen Büro wie das Innere eines Raumschiffes ausschaut und dessen „Elvis“-Klamotten prächtig riechen. Der wie eine Business-Zecke an Udo dranbleibt. Buck hat dafür einen Preis verdient, was für einen auch immer. Eine Klasse-Reiz-Figur. Außen wie innen. BUCK ist der eigentliche STAR. Hier.

5.) Die dreifache „Grimme“-Preisträgerin HERMINE HUNTGEBURTH, Paderbornerin des Jahrgangs 1957, manchmal im Kino („Im Kreis der Lieben“/1991; „Bibi Blocksberg“/2002; „Effi Briest“/2009), meistens im Fernsehen unterwegs (zuletzt „Tatort“), kümmert sich beim Udo-Film nicht um die – eigentlich notwendige, angebrachte – „Seelen“-SHOW, ums Entertainment, sondern eben viel lieber „um das graue Problematische“ aus dem frühen Innenleben des Rock ‘n‘ Rollers. Ergebnis: wie Trockenficken mit Musik. Mit ohne Kitzel. Prickeln. Anarcho-Dampf. Wo ist er, dieser sagenhafte, abgehende, fetzige, rüde Deutsch-Rock? Von Udo? In den letzten 20 Minuten ebnet der missmutige Spielfilm endlich der Udo-Performance den schwungvollen Unterhaltungsweg. Doch wenn ich über 130 Minuten Zeit habe für den King UDO LINDENBERG und daraus nur rund eine End-Halbe-Stunde mit ihm emotional power-nutze, ist das schwach.

6.) Bin angefressen. Wie wir hierzulande wieder einmal eine Chance für einen heißen einheimischen Rock- & Typen-KINO-Film vermasseln. Lege mir ‘ne Udo-LP auf und kriege d a s wahre Kribbeln, was der Film über ihn nur begrenzt hinbekommt. Eigentlich ziemlich verdattelt. Halt: Dieser „echte“ Udo-Auftritt am Film-Ende („Niemals dran gezweifelt“) sorgt dann wenigstens für eine Prima-Rausschmeißer-Atmo bei diesem Gig mit der (zu) vielen Langeweile und diesen zahlreichen Durststrecken (= 3 PÖNIs).

P.S.: Wusste gar nicht, dass UDO es ist, der auf der „Tatort“-Titelmusik von Jazzer Klaus Doldinger trommelt.

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