DAS LEBEN IST ZU LANG

PÖNIs: (2/5)

„DAS LEBEN IST ZU LANG“ von Dani Levy (B + R; D 2009; K: Carl-Friedrich Koschnick; M: Niki Reiser; 87 Minuten; deutscher Kino-Start: 26.08.2010); von LORIOT stammt der Hinweis auf den Unterschied zwischen einer Nase und dem Deutschen Film: „Der deutsche Film läuft nur 90 Minuten“. Ah ja. Und die „Warnung“ vor dem Deutschen Film steht auch anfangs in Großbuchstaben auf der Leinwand: Achtung! Sie befinden sich in einem Deutschen Film! Haben FÜR DEN soeben Eintrittsgeld ausgegeben. Donnerwetter. Bzw.: mutig. Man dankt. Dermaßen eingespaßt-eingeschüchtert geht es los. Thema: die Nabelschau des Dani Levy. Wie bei so vielen Filmemachern mittleren Alters, Levy ist am 17. November 1957 in Basel/Schweiz geboren, „rummst“ es irgendwann einmal. Seelisch. Motto: Wer bin ich, warum und überhaupt – wo befinde ich mich. Die tragikomische Selbstbetrachtung. Viele haben das filmisch originell, kunstvoll, faszinierend zustande gebracht. WOODY ALLEN natürlich („Stardust Memories“/1980; mit 50) oder FEDERICO FELLINI („8 ½“/1962; mit 42) oder HELMUT DIETL („Rossini – oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief“/1997; mit 53). Nun also auch Dani Levy, mit 52. Allerdings, eher in der 3. Cinema-Bundesliga. Eher schwächer. Dünner. Blutleerer. Mit viel Achselzucken-Na und-Atmosphäre. Motto: Wo sind, wo bleiben die Pointen???

Der Schauspieler, Drehbuch-Autor und Regisseur fing klein-schräg an. Mit hübschen (West-)Berliner Outlaw-Balladen („Du mich auch“; „RobbyKallePaul“; s. Kino-KRITIK). Das Lebensgefühl der 80er „Frontstadt-Jahre“. Mit WG-Zirkus- und Beziehungs-Charme. Privates Grummeln folgte mit „Stille Nacht – Ein Fest der Liebe“, „Meschugge“, „Väter“. 2004 der humorige Durchbruch mit „ALLES AUF ZUCKER!“ (s. Kino-KRITIK). Dafür gab es sowohl den „Deutschen Filmpreis“ wie auch den „Ernst-Lubitsch-Preis“ des Clubs der Berliner Filmjournalisten. Helge Schneider als Adolf Hitler war 2007 der Star in der zwiespältigen Parodie „Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler“ (s. Kino-KRITIK). Nun also Durchatmen. Bestandsaufnahme. Erste (Lebens-)Bilanz. MARKUS HERING mimt Dani Levys Alter Ego. Als Filmemacher Alfi Seliger. DER war mal „Wer“ im Deutschen Film. Hatte Erfolg, fand Zuspruch. Jetzt aber – ein Stück Neurotiker. Beruflich wie privat durchhängend. Identitätskrise: Wer bin ich und warum? Ein neues Projekt soll es wieder richten. Eine provozierende Komödie um den (einst dänischen) Karikaturenstreit. Titel: „Mo-ha-ha-med“. Witzig. Findet jedenfalls der „typische“ Angeber-Produzent (überzeugend: HANS HOLLMANN). Und weil auch seine blonde slawische Geil-Gattin (VERONICA FERRES/“Mach‘ dich nicht wie Bubi!“) auf Interesse stößt, scheint das Comeback des Alfi Seliger gebongt.

Doch dann erreichen ihn die üblichen Chaos-Meldungen: Diese fiese Schleimer-Branche, wo gelogen, bestochen und gemobbt und wo plötzlich anstatt eines Spielfilms lieber auf eine RTL-Serie gesetzt wird („Mohammed lacht sich tot“); häusliche Ehe-Eskapaden, die hochgradig nerven („Ich brauche einen Mann und kein 3. Kind“, lärmt seine Ehefrau MERET BECKER und orientiert sich schon mal aushäusig); die verhaltensgestörten Gören; der genervte, clevere Therapeut und sein Rat, „dann springen Sie doch endlich; machen Sie mit ihrem minderwertigen Leben Schluss“ (UDO KIER, phantastisch); und die depressive Aussicht auf, na was wohl, richtig, Krebs. Alfi gerät ins Taumeln. Und gelangt – euh – in einen Film. Merkt, dass es ihn nur deshalb gibt, weil es einen Filmemacher namens Dani Levy gibt, der ihn „führt“, lenkt, gegebenenfalls „zurecht schneidet“. Alfi ist also gar nicht „echt“. Die Film-im-Film-Spule.

Noch kurioser? Nö. Eher, na ja, dösliger. Gemeint: banaler. Einfältiger. Nix mit tollen Einfällen. Gar Pointen. Zieht sich „so“ hin. Einfach, schlicht, bisweilen lächelnd ob der vielen Cameo-Promi-Gäste („Bully“ Herbig, Kurt Krömer, Burghart Klaußner) und der Posen-Possen von etwa „Zicken-Mama“ ELKE SOMMER, Yvonne Catterfeld, GOTTFRIED JOHN oder JUSTUS VON DOHNÁNYI (= ganz peinlich unterfordert). Einzig dieser (bislang fast unbekannte) MARKUS HERING „hat ‘was“: Ihm folgt man neugierig Typen-gerne; er mimt den hypochondrischen Neurotiker-Künstler Alfi Seliger amüsant-sensibel. Markus Hering, neulich, im exzellenten Andreas Dresen Film-Film „WHISKY MIT WODKA“ die ausgeschlafene Zweitbesetzung für den Henry Hübchen-Star-Suffkopp Otto Kullberg, zeigt sich als „nervöse“ Reiz-Entdeckung: Sympathisch-durchgeknallt, slapstick-fesch, herb-aufrecht. Von dem 1960 in Siegen geborenen Wiener-Burg-Schauspieler Markus Hering möchte man künftig mehr erleben. Auf der Leinwand. Aus dem „Alfi-Kasperle“ könnte sich ein spannender Spaßvogel heraus-pellen (= 2 PÖNIs).

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