DER KRIEGER UND DIE KAISERIN

Der deutsche Film spielt bekanntlich an der Kino-Kasse, also beim Publikum, kaum eine wesentliche Rolle. Die Gründe dafür sind hinlänglich bekannt und hier an dieser Stelle auch des Öfteren genannt.
Kaum einmal thematische Originalität oder gesellschaftskritische Reflexion; das begrenzte Talent und Gefühl für Spannung und Atmosphäre; die viele Hilflosigkeit in Sprache und Inszenierung. Einer, der sich davon zu lösen versucht hat, ist seit einiger Zeit TOM TYKWER. ER ist bemüht, eine eigene cineastische Handschrift und dabei auch noch einen ebenso Lust- wie kunstvollen Stil zu finden. Nach seinen anfänglichen Kunststößen “Die tödliche Maria“ und “Winterschläfer“ gelang es ihm 1998 mit “Lola rennt“ einen richtig-pfiffigen deutschen Comic-Streich zu platzieren. Seitdem gilt Tom Tykwer als das “neue Wunderkind“ im deutschen Film. Das oft und gerne “hofiert“ wird. Mit seinem neuen/seinem 4. Kinofilm allerdings; Titel:

„DER KRIEGER UND DIE KAISERIN“ von Tom Tykwer (B + R; D 2000; K: Frank Griebe; M: Reinhold Heil, Johnny Klimek, Tom Tykwer; 135 Minuten; deutscher Kino-Start: 12.10.2000), holt er sich selbst wieder vom Thron herunter. “Der Krieger und die Kaiserin“ ist der erste schwache Film des 35-jährigen Wuppertalers.

Es war einmal, es war einmal eine Simone. Die wird von allen nur Sissi gerufen, lebt in Wuppertal und arbeitet als Krankenschwester in einer Nervenklinik. Sissi ist… NETT. Will sagen: sie ist nicht die Hellste. Aber dafür sehr lieb. Sie ist geistig etwas behäbig, um nicht zu sagen zurückgeblieben; sie ist die NAIVE VOM DIENST. Die dann schon mal einem Verehrer und Insassen nächtlich gerne zur Onanie-Hand geht. Dann aber, eines Tages, muss Sissi doch hinaus in die feindliche Welt. Von Wuppertal. Und prompt erleidet sie ‘Schiffbruch‘. Ein Unfall. Auf der Straße. Sissi liegt unter einem Lastwagen und droht zu ersticken. Ihr Retter heißt Bodo. Ist Ende 20 und kein heldenhafter Ritter. sondern ein Hallodri mit eigentlich aggressiver Dauerenergie.

Bodo lebt mit seinem Bruder in einer Baracke am Rande der Stadt. Beide beabsichtigen eine Bank zu überfallen, in der Bruder Walter als Wachmann arbeitet. Deshalb kommt Sissi, die jetzt ihren Retter sucht, ziemlich ungelegen.

Der Film “Der Krieger und die Kaiserin“ von Tom Tykwer vereinigt Melodram/Krimi und “Kuckucksnest“, also Psychiatrie-Stimmungen. Leider aber ohne Fortuna und Geschmack. Denn er ist eher holprig erdacht und ziemlich unglaubwürdig; zudem auch weitgehend langatmig konstruiert und hölzern erzählt. Ein Häppchen Märchen-Kitsch hier, eine Spur tiefer Schicksalshaftigkeit dort. Dabei meistens streng teutonisch-deutsch, also natürlich ohne spielerischen Charme und Humor. Der Spaß-Faktor bleibt bescheiden, es dominiert der gestrenge Kunst-Holzhammer. Während Neu-Superstar FRANCA POTENTE als Sissi wie eine angeschlagene Boxerin durch die Szenerie wankt: Permanent staunend und betroffen und egal-wie weiterschaukelnd-lallend.

Dass trotz dieses trüben Bildes dieser neue deutsche Kinofilm in diesen Tagen pausenlos in allen Gazetten und Fernsehkanälen im Dauergespräch ist, hat weniger mit der Qualität des Produktes zu tun. Sondern mit einer Erkenntnis, die von Hollywood abgekupfert wurde: wenn ich schon Mittelmaß und Dürftigkeit verkaufe, dann wenigstens laut und offensiv. So gesehen haben wir hierzulande inzwischen mit Hollywood gleichgezogen, denn in Sachen Herstellung beweist die Power der Produktion absolute Professionalität. Besser aber wird der Film “Der Krieger und die Kaiserin“ dadurch natürlich nicht… (= 1 PÖNI).

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