PÖNIs: (4,5/5)
„THE JUNGLE BOOK“ von Jon Favreau (USA 2014/2015; B: Justin Marks; nach den gleichn. beiden Romanen von Rudyard Kipling/1894-1895; K: Bill Pope; M: John Debney; 105 Minuten; deutscher Kino-Start: 14.04.2016); dem Schriftsteller gebührt die Würdigung, der Ehren-Einstieg: RUDYARD KIPLING, geboren am 30. Dezember 1865 im indischen Bombay, gestorben am 18. Januar 1936 in London. Anlässlich seines 150. Geburtstages sind seine beiden bekanntesten Werke, „Das Dschungelbuch 1 & 2“, in einer neuen Übersetzung (von Andreas Nohl) und zusammen, in einem Band, herausgekommen. Die Figuren und Geschichten dieser literarischen Klassiker haben kleine wie große Menschen weltweit erreicht. Und angesprochen. Und es geht unaufhörlich weiter. 1907 erhielt Rudyard Kipling, der sich vor allem mit Kurzgeschichten hervortat und als hervorragender Erzähler gilt, als erster englischsprachiger und jüngster Schriftsteller überhaupt den Literaturnobelpreis.
Das Kino hat sich um „Das Dschungelbuch“ verdient gemacht. Mit dem legendären Zeichentrickfilm-Klassiker von 1967 (s. Kino-KRITIK), den alleine in Deutschland über diverse Wiederaufführungen mehr als 27 Millionen Kinobesucher gesehen haben. Es war der letzte Animationsfilm, an dem Hausherr WALT DISNEY, verstorben am 15. Dezember 1966, noch persönlich mitgewirkt hat. Regisseur Wolfgang Reitherman setzte damals mehr auf eine fröhliche als auf die originale, düstere Literatur-Stimmung. Vertraute einer eher musikalischen Ausrichtung. Songs wie „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“, im Deutschen gesungen von Edgar Ott (Original: „The Bare Necessities“), oder „Ich wäre gern wie du“ („I Wanna Be Like You“ von den Sherman Brothers) besitzen heute Kult-Status.
Regisseur JON FAVREAU, zuletzt mit 2 x „Iron Man“ (2010/2011) sowie mit dem appetitlichen Komödien-Happen „Kiss the Cook – So schmeckt das Leben!“ (2014) in den Lichtspielhäusern, setzt auch in seiner aktuellen „Dschungelbuch“-Version auf diese beiden Lieder, doch so recht will diese musikalische Folklore von einst hier nicht mehr zünden. Passen. „The Jungle Book“ ist ein sehr viel düsterer Film, sozusagen „Das Ende der Gemütlichkeit“ („Tip“). Das Team um John Favreau macht von Anfang an klar, dass die süßlichen Trick-Zeiten von damals vergangen sind; heute wird mit den härteren Technik-„Methoden“ und 3D-Bildern des 21. Jahrhunderts hantiert. Erzählt. Was bedeutet, dass die berühmten tierischen Dschungelbuch-Figuren heute sehr viel „tatsächlicher“ ausschauen. Während der einzige Mensch in diesem Spektakel, Mogli (NEEL SETHI), vergleichsweise ein sehr beweglicher „Little Boy“ ist. Der loslegen und mithalten kann. Wenn er mit seiner Wolfs-Familie sprintet.
Wir kennen seine Identität. Nachdem er einst von seiner Menschenfamilie getrennt wurde und ganz alleine im indischen Dschungel zu sterben drohte, findet ihn der schwarze Panther Baghira und bringt ihn bei einer Wolfsfamilie unter. Dort zieht ihn Mutter Raksha liebevoll auf. Doch ein Feind lauert in der Nähe: der starke Tiger Shir Khan. Er hat mit Menschen schlechte Erfahrungen gemacht und hält Mogli im Tierreich für eine Gefahr. Besteht darauf, dass Mogli die Tiergemeinschaft für immer verlassen soll. Um den Frieden zu wahren, beschließt die Wolfs-Sippe, Mogli aus dem Dschungel herauszubringen. Zu den Menschen zurück. Was Mogli aber nicht will. Verhindern möchte. Das große Abenteuer kann beginnen.
Diese spektakulären Bilder. Geschaffen von einem Trick-Team, das schon bei überwältigenden Optik-Meisterwerken wie „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ und „Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger“ beteiligt war. Diese sagenhaften = sensationellen Motive. Diese brillante Trick-Optik. Die so unglaublich echt wirkt. Absolut stimmig ist. Und letztlich jeden Einwand abprallen lässt, was düsteren Inhalt, härtere Auseinandersetzungen betrifft. Wenn ich heute an den Videospiel-Nachwuchs denke, dann ist die FSK-Freigabe ab 6 Jahren sicherlich gewagt, aber in Begleitung machbar. „Niedlich“ war halt vorgestern. Der klassische Stoff robbt und rockt zeitgemäß. Gönnt sich hin und wieder eine – nicht immer plausible – Lufthol-Pause, um sich Zeit für witzige Bonmots zu nehmen, bevor es dann wieder auf den rasanten dschungligen Trimm-Pfad geht. Wo es in Sachen Nummern-Revue prächtig gut-böse fetzt und twisted und wo dann aus dem damals so flauschigen Affen-Boss King Louie heute ein im schärfsten Kraft-Sinne (mit 4 Metern Größe) Riesen-Orang Utan-Gigantopithecus geworden ist. Ein Mammut-Exemplar, für den Mogli die „rote Blume“ besorgen soll. Das Feuer. Der Menschen. Mit dieser „Blume“ wäre Louie der unbezwingbarste Dschungel-King.
„The Jungle Book“ ist ein fotorealistisch begeisternder Animationsfilm. Mit Gänsehaut-Atmosphäre, amüsanten Sprach-Pointen und viel spannender Antigutmütigkeit. Sowie mit originalen wie deutschen Star-Stimmen: BILL MURRAY/ARMIN ROHDE als opportunistischer, eigensinniger Balu-Bär; Sir BEN KINGSLEY/der manchmal nuschelnde und mitunter stimmklanglich zu leise JOACHIM KRÓL als Panther Baghira; IDRIS ELBA & die wahnsinnig rauchige BEN BECKER-Voice für den furchterregenden Tiger Shir Khan; LUPITA NYONG`O/HEIKE MAKATSCH als Wolfs-Mutter Raksha; CHRISTOPHER WALKEN/CHRISTIAN BERKEL als nunmehr unheimlicher King Louie; GIANCARLO ESPOSITO/JUSTUS VON DOHNÁNYI als Wolfsrüde Akela; SCARLETT JOHANSSON, die ja neulich schon in „Her“ allein über ihre Stimme Joaquin Phoenix becircte/JESSICA SCHWARZ als Hypno-Schlange Kaa. Apropos: Im Nachspann vergnügt Scarlett Johansson mit ihrem verführerischen Song „Trust in me“ („Vertraue mir!“); ein hübsch-stimmungsvoller musikalischer Rausschmeißer. Für ein rundum gelungenes, modernes, zirzensisches wie erstklassig cineastisches Unterhaltungsspektakel.
Der neue „Dschungelbuch“-Coup ist gelungen (= 4 ½ PÖNIs).