Joy Kritik

Link für Pöni TV „JOY – ALLES AUSSER GEWÖHNLICH“ von David O. Russell (B + R; USA 2015; K: Linus Sandgren; M: West-Dylan Thordson, David Campbell; 124 Minuten; Start D: 31.12.2015); eigentlich ist alles für einen „Hit“ vorbereitet: Drehbuch-Autor und Regisseur DAVID O. RUSSELL, 57, ist seit 2011 für seine hervorragenden Filme „The Fighter“, „Silver Linings“ und zuletzt „American Hustle“ (s. Kino-KRITIK) fünfmal für den „Oscar“ nominiert worden; er zählt zu den „Everybody Darlings“ des künstlerischen Hollywoods. Mit Pop-Geschmack.

JENNIFER LAWRENCE, 25, zählt derzeit zu den am meisten „beobachteten“ und bestbezahlten amerikanischen Schauspielerinnen. Die „Oscar“-Preisträgerin („Silver Linings“), die mit der kriegerischen Pfeil- und Bogen-Schema F-Figur Katniss Everdeen in den drei „Die Tribute von Panem“-Movies populär wurde, tritt hier endlich wieder als überzeugende Charakter-Mimin auf und hat sich – nach „Silver Linings“ und „American Hustle“ – mit David O. Russell zum nun dritten Male „verbrüdert“.

ROBERT DE NIRO, 72, zweifacher „Oscar“-Preisträger und einer weltbesten Charakter-Darsteller überhaupt, ist weiterhin ungemein produktiv (in dieser Woche ist bei uns für das Heimkino sein vorletzter Film – „Bus 657“ – herausgekommen /s. Heimkino-KRITIK), hat mit dem Autoren-Regisseur David O. Russell gute Erfahrungen gemacht; erhielt er doch 2013 eine „Oscar“-Nominierung als „Bester Nebendarsteller“ für seine Mitwirkung in „Silver Linings“. In „Joy“ ist auch er wieder köstlich mit von der Familien-„Party“.

Des Weiteren tummeln sich hier namhafte Akteure in Nebenparts wie: DIANE LADD, VIRGINIA MADSEN, ISABELLA ROSSELLINI und – ebenfalls zum bereits dritten Male bei und für David O. Russell tätig – BRADLEY COOPER.

Story: Eine schrecklich nette Familie. Die Manganos. Sozial eher dem „unteren Milieu-Bereich“ zuzuzählen. Verschiedene Generationen und „Ex-Gebundene“ unter einem Dach. Auf mehreren Zeit- und Realitätsebenen verteilt. Über vier Jahrzehnte. Als aufwändig kostümierte Show der zahlreichen Katastrophen. Und „Schädigungen“. An Seele, Körper und im Geldbeutel. Dabei als Blick- und Begleitfang: Joy. Ein aufgewecktes, kreatives Mädel, deren „Basteleien“ schon früh die Aufmerksamkeit und Neugier der Umgebung wecken. Als junge Frau weiß sie, dass sie selbst „handeln“ muss; ein „Prinz“ wird hier nicht vorbeischauen. Und sie reich erlösen. Doch die Anforderungen in dem exzentrischen familiären Umfeld fordern sie ständig. Enorm.

Die Mutter interessiert sich nur noch fürs Serien-Fernsehen und verlässt kaum das Bett; ihr abgehalfterter Vater Rudy (brillant: De Niro) wird von seiner Geliebten wieder „zurückgebracht“, er nerve nur noch; der geschiedene Ehemann von Joy haust weiter im Keller des Hauses, übt an einem zweiten „Tom Jones“ und kabbelt sich fortan mit Papa Rudy, diesem tückischen Schelm, der dort nun ebenfalls untergebracht werden musste. Joy, von allen „gebraucht“, ausgenutzt, muss zudem ihre drei Kinder erziehen, steuert auf einen Nervenzusammenbruch zu und will, dass es irgendwie doch mit dem eigenen „Aufschwung“ klappt. Tatsächlich: Auf „The American Dream“ ist einmal mehr Verlass: Joy entdeckt, kreiert den selbstwringenden Wischmopp, der nach einigen vergeblichen Anläufen dann im Verkaufs-TV zum Bestseller avanciert. Und sie gesellschaftlich „hoffähig“ macht.

Die Geschichte basiert auf Tatsachen. Joy Mangano avancierte in den 90er Jahren in den USA zu einer beliebten, erfolgreichen Geschäftsfrau. Heute ist sie millionenschwer und hat sich ihr eigenes Imperium geschaffen. Der Film folgt ihrer Biographie. Und zerfällt in zwei sehr unterschiedliche Aspekte. Die berufliche Geschichte ist „verkaspert“. Irgendwie nach dem Motto aufgebaut: Alles, was uns dazu einfällt, wird genommen. Dadurch ist und bleibt das Business-Interesse, höflich gesprochen, auf Sparflamme. Diese ewige Ami-Leier, du hast keine Chance, also nutze sie, besitzt wenig Überraschungsspielraum und ist nur begrenzt reizvoll. Nur sporadisch sprühen mal wirklich Funken. Ansonsten: Die bekannte Leier.

„Privat“ wird der Film interessanter, weil man den ausgezeichneten Akteuren gerne zusieht. Als ob sich der sperrige Inhalt von ihnen trennen lässt, spielen sie prima. In und mit ihrem Nörgeln, ihren Spannungen, ihren kuriosen Chaos-Geschehnissen; in ihren exzentrischen Figuren. Was sie – warum egal – tun, sagen, behaupten, ablassen, hat eine eigene spielerische Note und Ironie, die emotional wirkt. Aber leider nur holprig denkt.

JENNIFER LAWRENCE unterstreicht mit ihrer Klasse-Performance endlich einmal wieder Charaktertiefe, ist eine pointierte Schlau-Frau. Besitzt intelligente Power. Ist angenehm präsent und faszinierend charismatisch. Leitet das Ensemble führungsstark. ROBERT DE NIRO hat als schrulliger Gigolo und komischer Maulheld prächtige Szenen. Wie bei Scorsese-Filmen „kommentieren“ populäre Songs die Geschehnisse: von u.a. The Rolling Stones („You can’t always get what you want“), Ella Fitzgerald, der musikalisch unverwüstliche und immer als stimmungsvoller Filmbegleiter „funktionierende“ Nat King Cole oder The Ronettes. Epochale-Pop-Klänge. Als Wegbegleiter für Joy.

Ein Unentschieden-Streifen. Unentschlossen zusammengeschustert wie darstellerisch bravourös. So etwas wie: Interessant unzufrieden (= 3 PÖNIs).

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