J. EDGAR

PÖNIs: (4/5)

„J. EDGAR“ von Clint Eastwood (R + M; USA 2011; B: Dustin Lance Black; K: Tom Stern; 137 Minuten; deutscher Kino-Start: 19.01.2012); die Nennung des Drehbuch-Autoren “lohnt” sich, immerhin handelt es sich um DUSTIN LANCE BLACK, der für das „Beste Originaldrehbuch“ zu „Milk“ 2008 den „Oscar“ gewann. Und hier für die 33. Regie-Arbeit des mittlerweile 81-jährigen vierfachen „Oscar“-Preisträgers CLINT EASTWOOD („Erbarmunglos“/s. Kino-KRITIK; „Million Dollar Baby“) eine exzellente Sezier-Vorlage lieferte.

ER war einst einer der mächtigsten Männer im Zirkel der Macht in den USA: JOHN EDGAR HOOVER (*01.01.1895 – †02.05.1972). Erst wollte er presbyterianischer Priester werden, studierte dann jedoch „Recht“ an der George-Washington-Universität. Ab 1917 begann er für das US-Justizministerium zu arbeiten. Wurde zum strebsamen Feldherrn gegen das Unrecht. Das die USA ständig bedrohte: Durch Kommunisten vor allem, Freidenker, Radikale, Verbrecher. „Verdächtige“ Ausländer. Engagierte sich fortan vehement für den „Dienst am Vaterland“. „Schaffte“ sich hoch. Wurde zum Polizeichef der Vereinigten Staaten von Amerika. Baute die seit 1908 existierende „Ermittlungsbehörde“ („Bureau of Investigation“) zum „Federal Bureau of Investigation“, zum FBI, um. Führte die Kontrollwut ein. Mit Spurensicherung, Wanzen und Bespitzelung. Legte eine Zentralkartei mit Millionen von Fingerabdrücken an. Installierte den „Überwachungsstaat“. Sicherte mit „privaten Geheimakten“ seine Macht. Und Position. War vom 10. Mai 1924 bis zu seinem Tod am 2. Mai 1972 Direktor des FBI. „Überlebte“ 16 Justizminister und 8 US-Präsidenten („Mir ist egal, wer unter mir Präsident ist“). Als Richard Nixon die Nachricht von seinem Tod erhält, lässt er zuerst dessen Büro filzen, bevor er offiziell kondoliert. Das Hauptquartier des FBI befindet sich heute in Washington D.C., auf der Pennsylvania Avenue, und heißt J. Edgar Hoover-Building.

Beschützer oder Schurke? Für die einen zählt er zu den „effektivsten“ Amerikanern, der stets für die Interessen des Landes eintrat („Recht hat, wer Recht schafft“), für die anderen gilt er als diktatorisches Monster. Der die KULTUR DER ANGST in den USA professionalisierte. Sich über seine Arbeit, sein „Wirken“, definierte. „J. Edgar Hoover war kein Priester, aber auf jeden Fall hat er das FBI als seine Kirche angesehen“ (Leonardo DiCaprio im Presseheft). Drehbuch-Autor Dustin Lance Black und Regisseur Clint Eastwood interessieren sich weniger für die direkten politischen Geschehnisse jener Jahre, Jahrzehnte, jener Epoche, sondern folgen dem Menschen J. Edgar. Diesem schon jungen Streber. Seiner getriebenen Person. Der seine dominante Mutter abgöttisch verehrt, als Ratgeberin „benötigt“ (JUDI DENCH) und mit ihr bis zu ihrem Tod zusammenlebt. Da ist er 43. Und duldet nur einen kleinen Kreis von Vertrauten um sich: Sekretärin Helen Gandy, die sehr früh einen Heiratsantrag von ihm ablehnte, ihm aber beruflich treu wie diskret ergeben bleibt (NAOMI WATTS), sowie sein galanter Freund, Stellvertreter und möglicher heimlicher Liebhaber Clyde Tolson (formidabel: ARMIE HAMMER/“The Social Network“): „Offensichtlich gibt es hier eine Liebesgeschichte. Ob es eine schwule Love Story oder etwas anderes ist, können die Zuschauer für sich entscheiden“ (Clint Eastwood in der „New York Times“).

Zu Anfang des Films diktiert der alte Hoover seine Memoiren und „starken Taten“ einem jungen Kollegen und Biographen in die Feder und Schreibmaschine. Und so springt der Film in die Zeitzonen. Filtert informative, spannende Ereignisse heraus. In diesem eigenwilligen, „pompösen“, „dennoch“ unbefriedigten Leben als einer der mächtigsten US-Bürger des 20. Jahrhunderts. Dessen Ruhmsucht wie seine Paranoia für immense „Störungen“ im „amerikanischen Dasein“ sorgte. Der schließlich Martin Luther King für einen „ekligen Rassisten“ hielt. Und DER uns nun von einem sensationell auftrumpfenden 36-jährigen LEONARDO DiCAPRIO eindringlich nahegebracht wird. Mit und in grandioser Maske. Die körperliche wie die körpersprachliche Leistung vom noch „Oscar“-losen DiCaprio, der 2005 für seinen faszinierenden Part als Flugpionier Howard Hughes in „Aviator“ mit dem „Golden Globe“ ausgezeichnet wurde, ist vorzüglich. Überzeugend. Brillant. „Rundum“ packend. Leonardo DiCaprio unterstreicht einmal mehr, derzeit zu den Besten der besten Schauspieler in Hollywood zu zählen. Eine „Oscar“-Trophäe wäre längst verdient.

Der Film „J. Edgar“ von Clint Eastwood ist eine kluge, unterhaltsame amerikanische Geschichtsstunde. Ist ein spannender Denk-Film über eine bedeutende wie giftige Lebens-Zeit aus dem kürzlich vergangenen 20. Jahrhundert (= 4 PÖNIs).

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