Zum 60. Geburtstag von JEAN-PAUL BELMONDO (RIAS-“Rundschau am Mittag“/09.04.1993)
Jean-Paul Belmondo wird am 9. April 1933 im bürgerlichen 14. Bezirk von Paris geboren. Der Vater ist ein aus Sizilien stammender Bildhauer, die Mutter eine Malerin.
In der Schule hat er große Schwierigkeiten. Zwar ist er nicht faul, aber häufig undiszipliniert. Es fällt ihm schwer, sich einzufügen, unterzuordnen. Jean-Paul treibt viel Sport: ist Torwart beim Fußball, macht intensives Box-Training am Gymnasium. Er bestreitet 9 Boxkämpfe, von denen er 4 verliert. Die gebrochene Nase aber holt er sich nicht bei einem offiziellen Fight, sondern bei einer Rauferei mit Schulkameraden. Irgendwann zieht er jugendliche Bilanz und beschließt, Schauspieler zu werden. Zu Hause unterstützt man seine unkonventionellen Ideen. Er geht aufs Konservatorium, wo es mit der Aufnahmeprüfung beim zweiten Anlauf klappt. Ein Jahr darauf, am 3. Juli 1950, startet der junge Belmondo seine Bühnenlaufbahn mit einer Tournee durch die Krankenhäuser von Paris. Er spielt die Rolle des Prinzen in “Dornröschen“. In den folgenden Jahren lernt er das Handwerk von der Pike auf. Und das bedeutet: Klassiker rauf und runter. Er hätte eine große Karriere am Theater machen können, wenn ihm 1957 nicht die Film-Kamera “in die Quere“ gekommen wäre. Zwar sind die ersten Rollen nicht der Rede wert, doch schon 1959 gelingt ihm mit einer Hauptrolle der Durchbruch.
In “Außer Atem“, dem Debütfilm von Jean-Luc Godard, spielt Jean-Paul Belmondo einen radikalen Lebenskünstler, der vergeblich auf individuelle Freiheit und die große Liebe hofft. Godard damals: “Ich empfand Belmondo wie eine Art Block, den man filmen musste, um zu erfahren, was dahinter steckt“. “Außer Atem“ wird weltweit zu einem künstlerischen Kult-Ereignis und Belmondo wird zum Idol einer Generation. Dennoch rechnete er nicht mit einem Dauer-Erfolg. Deshalb nahm er zwischen 1961 und 1965 jede Rolle an, die ihm angeboten wurde. 5 oder 6 Filme pro Jahr waren keine Seltenheit. Und mit Filmen wie “Sie nannten ihn Rocca“, “Der Teufel mit der weißen Weste“, “Abenteuer in Rio“ und “Cartouche, der Bandit“, in denen er pausenlos Gangster, Abenteurer und Liebhaber spielte, wurde er zum französischen Markenzeichen und zum Kassenmagneten in Europa.
Belmondo tritt mit Stars wie Jean Gabin, Alain Delon und Catherine Deneuve auf. Dabei lässt er sich fast nie doubeln, will immer “echt“ sein und wirken, auch in den waghalsigsten Momenten. Jean-Paul Belmondo ist ein Schauspieler, dessen größte Erfolge nicht in der Karriere-Mitte oder noch weiter “hinten“ liegen, sondern ganz am Anfang, in den 60er und 70er Jahren. Danach ist er so populär und mächtig, dass er zunehmend alles selber bestimmt. Er ist Stoff-Sucher, Produzent und Hauptakteur in einer Person. Die daraus resultierenden Filme entwickeln sich zu flachen Action-Kommerzprodukten, in denen es nur noch darum geht, sich selbst gebührend zu vermarkten. Streifen wie “Der Boß“, “Der Profi“ oder “Der Unverbesserliche“ sind wie Jahrmarktsstücke, denen man immer wieder begegnet. Jean-Paul Belmondo, ein Star. Jetzt auch wieder auf der Pariser Bühne, wo er als “Cyrano von Bergerac“ lange Zeit Triumphe feiert. “Ich liebe meinen Beruf“, sagt er, “weil er Spaß macht. Von dem Tag an, wo es mir nicht mehr gefällt, Schauspieler zu sein, werde ich vor keine Kamera mehr treten, weil das Publikum es spüren würde“.
Morgen wird Jean-Paul Belmondo 60 Jahre alt.