ICH BIN DANN MAL WEG

PÖNIs: (4/5)

„ICH BIN DANN MAL WEG“ von Julia von Heinz (D 2014; B: Jane Ainscough, Christoph Silber, Sandra Nettelbeck; nach dem gleichn. Buch von Hape Kerkeling/2006; K: Felix Poplawsky; M: Alexander Geringas & Joachim Schlüter (Score); Matthias Petsche (Original Songs); 92 Minuten; deutscher Kino-Start: 24.12.2015); ich mag den Typen. Der sich nicht nur als Komiker, Autor, Moderator, Schauspieler, Sänger (und Synchronsprecher) einen hervorragenden Namen gemacht hat, sondern bekanntlich auch 1992 mit „KEIN PARDON“ (s. Kino-KRITIK) eine der immer noch unterschätztesten deutschen Spitzenkomödien als Co-Drehbuch-Autor, Regisseur und Hauptdarsteller schuf. Mit viel Mut und noch mehr satirischer Wut als überzeugend-hämische Kritik am hiesigen dämlichen Fernseh-Schaffen. Und TV-Gestalten. „Kein Pardon“: Was dort damals an Opportunisten, Schwachmaten, Spießer-Fuzzis und Blendern „komisch“ aufgetischt wurde, dessen Wahrheitsgehalt unterstreicht er in diesen Tagen in seinen aktuellen Feuilleton-Interviews (z.B. im „Spiegel“), wo er der staunenden „Leser-Menge“ erklärt, dass er sich eigentlich von Anfang an, also seit 1984 (beginnend in der Musik- und Ulk-Show „Känguru“), beim Fernsehen und beim Fernseh-Machen mehr oder weniger geekelt habe: „Dann gab es auch Menschen, die gewisse Störungen aufwiesen und in verantwortlichen Positionen saßen“ („Spiegel“/50/2015).

Der Dauer-Erfolg beim Publikum sowie die sicherlich „lohnenden“ Gagen haben ihn davor bewahrt, alles einfach hinzuschmeißen. Und die vielen Jahre schlämmer-haft „durchzuhalten“. Sein zeitloser Film „KEIN PARDON“ ist heute aktueller denn je. Motto: Die sich eher vermehrt habenden Schleimspuren und Drecksgestalten beim bekloppten „Business“-Fernsehen. Man schaue sich nur an, was derzeit Oliver Kalkofe darüber regelmäßig bei „Tele 5“ mit „Kalkofes Mattscheibe Rekalked“ satirisch-spöttisch-abgefahren-unfassbar berichtet. Da hat es HAPE KERKELING sicherlich in „seinen Zeiten“ noch halbwegs „gut“ gehabt. Heute zählen „Störungen“ und „Gestörte“ zum festen täglichen TV-Betriebs- und Sende-Plan.

ER ist also jetzt wieder ein Thema. Im Kino. Obwohl Hans-Peter Wilhelm „Hape“ Kerkeling, geboren am 9. Dezember 1964 in Recklinghausen, weder als Produzent noch als Drehbuch-Autor oder als Regisseur mitwirkt. Und schon gar nicht als Schauspieler. HAPE KERKELING, inzwischen Wahl-Berliner, veröffentlichte bekanntermaßen am 22. Mai 2006 ein Buch, das dann zum Bestseller mutierte (mehr als fünf Millionen Käufer). Darin enthalten: seine Erinnerungen an seine Pilgerreise auf dem so genannten „Jakobsweg“; 791 Kilometer im Sommer 2001, vom französischen Saint-Jean-Pied-de-Port bis nach Santiago de Compostela in Spanien. Auslöser: Burnout. Die Folgen: Hörsturz und Entfernung der Gallenblase. Ruhe, Nachdenken und Sinn-Suche waren angesagt. Erst alleine, dann mit Begleiter/Innen. „Sonderlinge und Exoten“ ziehen ihn automatisch an wie eine heiratswillige Südamerikanerin, ein sexlüsterner Mitwanderer, die üblichen Spießer, Kirchen-Kritiker oder Esoteriker und Spiritisten. Das tägliche Tagebuch nennt amüsant Figuren und Spuren. Und die vielen „Ungemütlichkeiten“, die es „bei so etwas“ wegzustecken gilt. Und beschreibt das eigene Verhalten. Erlebte. Die persönlichen Deutungen. Ein Spielfilm folgt jetzt nochmal dem individuellen Lauf des komischen Charmeurs und Humoristen Hape Kerkeling.

DEVID STRIESOW, Jahrgang 1973, mimt Hape Kerkeling phantastisch. Striesow, bekannt aus Kinofilmen wie „Yella“, „Der Fälscher“, „Zeit der Kannibalen“, hat mich – als bekennenden „Tatort“-Fan – als saarländischer Hauptkommissar Jens Stellbrink seit Januar 2013 oft zur Weißglut-Wut gebracht. Als pausbäckiger „Hape Kerkeling“ ist er voll in Ordnung. Adaptiert dessen inneres Leuchten. Besitzt als Hape eine physische wie psychische Körpersprachlichkeit und Präsenz, die Vergnügen bereitet. Schmunzeln lässt. Gestik, Stimme und vor allem lakonische Pointen passen. Sitzen Charme-genau. Atmen das aus, was man klugen zweideutigen Humor nennt.

Was man vom Hintergrund und vom Nebenbei nicht immer behaupten kann. Das Gedöns, die täglichen Abend-Erkenntnisse, sucht Gott mich oder ich ihn, nerven in der Häufigkeit. Hierbei bin ich ein Woody Allen-Jünger: „Religionen sind mir keinen Pfennig wert. Ich glaube nicht an Gott und finde ohnehin alle Religionen dumm.“ Die beiden Mädels, die sich ihm im Film nähern bzw. er sich ihnen (im Buch sind es vier), die traumatisierte Stella (MARTINA GEDECK) und die Journalistin Lena (KAROLINE SCHUCH), wirken nur wie Marionetten, Abziehbilder, die eigentlich den Ablauf entweder simpel aufhalten oder stören. Meistens zäh-beides. Langeweile verbreiten. Bevor es dann (endlich) wieder zu „ihm“ geht. Mehr Hape-„Fleisch“ wäre filmisch vorteilhafter gewesen. Denn Devid Striesow besitzt eine ungeheure schöne schlitzohrige Hape-Kraft zwischen Hilflos-Nett und auf der Suche-List-Lust. Ein weiser Clown: mit feinem, cleveren Humor für Sinn und Fröhlichkeit. Ein Sympath durch und durch. DEM allein die Performance gehört. Und der allein diesen Film zu etwas Unterhaltungs-Besonderem führt (= 4 PÖNIs).

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