DIE HERZOGIN

DIE HERZOGIN“ von Saul Gibb (Co-B+R; GB,FR,It 2007; 110 Minuten; Start D: 26.03.2009); ist – nach „Bullet Boy“ (2004) – der zweite Kinospielfilm des 1968 geborenen ehemaligen Dokumentarfilmers. Ein eleganter Historienfilm, basierend auf der 1999 veröffentlichten Biographie „Die Herzogin von Devonshire – Das Leben einer leidenschaftlichen Frau“ von Amanda Foreman, einer promovierten Historikerin. In diesem, bei uns 2003 veröffentlichten Bestseller-Porträt geht es um die außergewöhnliche Georgiana Cavendish, geborene SPENCER, Duchess of Devonshire (1757-1806), einer Vorfahrin der in England so innig verehrten und früh verstorbenen Lady Diana, Prinzessin von Wales.

Georgiana ist 17, sehr hübsch, überaus lebenslustig und entstammt einer wohlhabenden adligen Familie im England des Jahres 1774. Eine „gute Partie“, doch Lady Spencer, die resolute Mutter (CHARLOTTE RAMPLING), hat für ihre Tochter bereits einen Ehevertrag mit dem ebenso mächtigen wie reichen Herzog von Devonshire ausgehandelt. DER ist wesentlich älter als seine Auserwählte, „benötigt“ aber einen Sohn und Erben. Georgiana hat gegen das Ehegeschäft ihrer Mutter nichts einzuwenden, im Gegenteil, sie ist sogar angetan davon, einen derart „hochrangigen Ehemann“ zu bekommen. Doch nach der prunkvollen Hochzeit folgt bald schon die Ernüchterung. Der ihr gegenüber äußerst gefühlskalt auftretende Herzog vergnügt sich ungehemmt mit anderen Frauen und widmet seinen Hunden mehr Aufmerksamkeit als ihr. Sogar mit ihrer besten Freundin, Lady Bess Foster (HAYLEY ATWELL), pflegt er ein „inniges Verhältnis“, holt sie sogar als Zweitfrau auf das pompöse Anwesen. Georgiana tröstet sich mit allerlei gesellschaftlichen Aktivitäten und auffälliger Garderobe, wird schwanger, bringt aber „nur“ zwei Töchter zur Welt. Beginnt ihrerseits eine Affäre mit einem jungen Verehrer, dem republikanischen Politiker Charles Grey (DOMINIC COOPER), was zum dramatischen Konflikt kulminiert. Und: Sie muß sogar das gemeinsame Kind aus dieser Beziehung an Greys Familie „übergeben“. Von den Wirren und den Fortschrittsideen der einsetzenden Französischen Revolution noch unberührt, hält die britische Aristokratie fest an ihren Traditionen. Doch Georgiana – obwohl sie in ihrem Leben unfrei bleibt – wird zu einem gefeierten öffentlichen Idol ihrer Zeit. Die die Politik ihres Landes maßgebend mit-beeinflußt hat, obwohl sie selbst keine Macht über ihr Schicksal hatte.

Der Film „Die Herzogin“ ist ein ungemein packendes Sittenbild und Frauen-Drama. Bedeutenden Anteil daran hat natürlich Englands derzeit größter weiblicher Star: Die 24jährige Londonerin KEIRA KNIGHTLEY („Kick it like Beckham“/2002; „Fluch der Karibik 1-3“/2003-2007); „Stolz und Vorurteil“/2005; „Abbitte“//2007). Die schmale Schauspielerin mit dem energischen Kinn und den kecken Augen wirkt in ihrem neuerlichen Kostümfilm ausgesprochen sensibel-spannend, glaubwürdig, „frisch“ wie „differenziert“. Sie versteht es außerordentlich, diese von den Konventionen gebeutelte und dennoch stets sehr selbstbewußte wie unverblümt emotionale Frau körpersprachlich auf den Seelen-Punkt zu zerfeinern. Die als couragierte Kämpfernatur und mit mutigem Modegeschmack zur Ikone der damaligen Frauen-Britenwelt avancierte. DIE KNIGHTLEY ist grandios. Inmitten eines prächtigen Ensembles. Und: An ihrer Seite wird sogar ein RALPH FIENNES (gerade: „Der Vorleser“) zum vorzüglichen Stichwortgeber „degradiert“. Zudem sind die Schauwerte enorm: Verschwenderisch-schön werden die üppigen Ballgarderoben präsentiert und die landschaftliche Schönheit des südwestlichen Englands in malerischen Panoramen eingebunden. Kostüm-Designer Michael O´Connor bekam kürzlich für das „Beste Kostümdesign“ die „Oscar“-Trophäe. Erneut: Ein britischer Historienfilm als modernes Gefühlskino, mit ebenso feinen, leisen Zwischentönen wie mit viel Pomp, Glanz und Wucht. Wenn man so will: Eine angenehm „entstaubte“ britische Effi-Briest-Performance… als kraft- bzw. niveauvolles Klasse-Unterhaltungskino (= 4 PÖNIs).

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