Heinrich George zum 100. Geburtstag am 09.10.1993 („Rundschau“)
Mit bürgerlichem Namen hieß er Heinrich-Georg Schmidt. Er wurde am 9. Oktober 1893 in Stettin als Sohn eines ehemaligen Deckoffiziers geboren. Schauspielunterricht und erste Engagements wurden 1914 durch den freiwilligen Kriegsdienst unterbrochen. 1915 schwere Verwundung, 1917 Entlassung aus dem Militärdienst. Danach steht er auf den Theater-Bühnen in Dresden und Frankfurt/Main. 1920 erste Gastspiele in Berlin, wohin er 1922 endgültig übersiedelt. 1 Jahr davor: Debüt als Filmschauspieler in dem Streifen „Der Roman der Christine von Herre“. Von 1925 bis ’28 ist er an der Berliner Volksbühne bei Erwin Piscator. Dabei und daneben ständige Auftritte in deutschen Stummfilmen, so auch 1925 in „Metropolis“ von Fritz Lang. In den Filmen der Weimarer Republik wird Heinrich George, wie er sich seit 1932 nennt, vor allem durch die Darstellung von Charakteren bekannt, die ihr sensibles Wesen durch brutales Auftreten und Verhalten zu überspielen suchen. Seine “wuchtige Erscheinung“, seine “Urkraft“, bleiben in fast keiner zeitgenössischen Kritik unerwähnt. Georg, der seine Schauspieltechnik einmal als “kontrollierte Trance“ bezeichnet, hat seine besten Szenen immer dann, wenn er lange Passagen durchspielen kann. Der Erfolg seiner ersten Tonfilme „Der Andere“ und „Dreyfuss“, beide von 1930, führen ihn im Januar 1931 nach Hollywood, wo er an zwei deutschsprachigen Filmen der MGM-Produktion mitwirkt. Nach seiner Rückkehr heiratet er die Schauspielerin Berta Drews. Er spielt den Franz Biberkopf in dem „Berlin-Alexanderplatz“-Film von Phil Jutzi und gilt als Sympathisant der Linken im Lande. Doch dann erliegt er schnell dem drängenden Werben der Nazis.
In „Hitlerjunge Quex“ von Hans Steinhoff, 1933, einem der ersten Filme, der die braune Machtübernahme offen feiert, spielt er einen zum Nationalsozialismus bekehrten Kommunisten. In den folgenden Jahren wird Heinrich George zu einem herausragenden Repräsentanten des NS-Films, wobei er sich als überaus wandlungsfähiger Darsteller erweist: In historisch-biographischen Filmen wie „Das unsterbliche Herz“ und „Andreas Schlüter“ verkörpert er Führer-Persönlichkeiten, die unbedingten Gehorsam fordern. In „Jud Süß“ von Veit Harlan/1940 liefert er als dekadent-vergnügungssüchtiger Herzog sein Land bedingungslos seinem jüdischen Finanzberater aus. In dem Durchhaltefilm „Kolberg“ von 1943/44 ruft er als Bürgermeister der von Napoleons Truppen belagerten Stadt zur Verteidigung um jeden Preis auf. Heinrich George, ein Künstler zwischen Größe und Verstrickung. Als er 1938 Intendant des Berliner Schiller-Theaters wird, kommt in seiner Erklärung etwas von seiner Besessenheit und Spielleidenschaft heraus.Im Juni 1945 wird Heinrich George von den Sowjets verhaftet und in Sachsenhausen interniert. Dort stirbt er am 25. September 1946 an den Folgen einer Blinddarmentzündung. Seine Grabstätte ist bis heute unbekannt geblieben. Sohn Götz, der in seine Fußstapfen getreten ist und zu den besten und populärsten Schauspielern im Lande zählt, wirbt heute für seinen Vater um Verständnis.