HalloHallo Kritik

HALLOHALLO von Maria Blom (B + R; Schweden 2013; K: Ari Willey; M: Anders Nygards; 98 Minuten; Start D: 19.11.2015); in diesen Tagen und Wochen „brüllt“ es förmlich in den meisten Kinos; Hitler, Bond, Panem, demnächst: Star Wars, da haben es kleine, ruhige, aber nicht minder spannende, allerdings nicht Material-, sondern Menschen-spannende Filme extrem schwer, ans Publikum zu gelangen. Solch eine Entdeckung ist dieser schwedische Kinofilm. Über 800.000 Kino-Besucher zuhause, drei Schwedische Filmpreise.

Sie heißt Disa (MARIA SID) und funktioniert. Disa hat sich in ihrem Leben immer lächelnd „eingefügt“. Eingeordnet. Unauffällig, eher leise. Diskret unsicher. Wenn man sie genau betrachtet, fällt diese Verunsicherung eigentlich auf. Eigentlich. Doch wer schaut schon „genau“ bei und zu ihr hin. Zudem, sie meldet sich ja auch kaum einmal „zu Wort“. Ein „Luft-Mensch“. Gut, Ehe, zwei kleine Kinder, dies hat kleinbürgerlich geklappt. Aber – das war’s wohl schon. Aber, denkste: Auf die „defensive“ Krankenschwester Disa, Anfang 40, fällt plötzlich die Realität. Ehemann ist weg. Hat woanders „Appetit“ bekommen. Auf der Arbeit bespuckt sie eine todkranke Patientin. Ihre Eltern, vor allem ihre Mutter, mäkelt wie immer an ihr herum. Kurzum: Irgendwann läuft der Seelenkübel bei Disa über.

„Ich schäme mich ja selbst. Ich habe mich mein ganzes Leben für mich geschämt. Jetzt ist es ‚raus. Ich hab‘ mich immer irgendwie falsch gefühlt“, sagt „die Niete“ Disa. Aber, signalisiert die Drehbuch-Autorin und Regisseurin Maria Blom: Du kannst dich ändern. An jedem Tag. Wann und wo immer du es möchtest. Willst. Brauchst dafür „nur“ Erkenntnis. Diese führt zu Mut. Und ersten „Veränderungen“. Nichts tolles, nur erst einmal die Bereitschaft, nicht nur im Wald die gepeinigte Seele abzuschreien, sondern auch dort, wo die Anderen“ sind. Die dich bisher entweder nicht beachtet oder gekränkt haben. HalloHallo, ich bin hier. Hatte bisher meine Seele versteckt. War nie so, wie ich wirklich bin. Und bin jetzt bereit. Zum Ändern. Verändern. Laut, deutlich, vernehmbar.

Was Amis aus solch einem Stoff gemacht hätten, ahnen wir: Kitsch as Kitsch can. Rührseligkeit pur. Mit musikalischem Schmalz. In ihrem vierten Spielfilm entwirft die schwedische Filmemacherin Maria Blom eine ebenso einfühlsame wie vor allem psychologisch ausgefeilte Komödie. Nicht eine sperrige Drama-Beklemmung soll es hier sein, mit düsteren, schweren Schuldzusprüchen, sondern eine quirlige, sehr unterhaltsame Geschichte, die nicht überfallartig daherkommt, sondern mit exquisitem Bedacht voran spaßt. Liebevolle und clever ausgedachte, humane wie pointierte Überraschungen parat hat. Und überhaupt nicht plumpe Lösungen anbietet. Im Detail: Gut, dass du dich viel um das Wohlbefinden der Anderen kümmerst, aber du solltest dich auch vermehrt um dich selbst kümmern. Sonst stimmen die seelischen Lebensproportionen nie.

„Ich glaube sehr an Humor“, erklärt die Drehbuch-Autorin und Regisseurin Maria Blom im Pressematerial. Und: „Wenn es immer nur düster zugeht, verschließe ich mich“. (Wir sind offensichtlich Seelenverwandte/Pöni privat). „Humor ist raffinierter, er geht tiefer und macht den Zuschauer offen“.

MARIA SID als Disa, zum In-den-Arm-Nehmen köstlich. Ohne Plastik-Charme, mit viel glaubhaftem Groß-Herz. Es ist ein immenses Vergnügen, sie zu erleben. Übrigens – auch das Ensemble um sie herum wirkt sorgfältig „gebucht“ und prächtig eingesetzt. Denn „die Stichworte“ beziehungsweise die Stichwortgeber sind hier sorgfältig ausgedrückt und ausgewählt. „Für mich ist ‚HalloHallo‘ ein emotionaler Action-Film“, lässt Maria Sid verlauten. Stimmt stimmungsvoll (= 4 PÖNIs).

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