DIE GROSSE VERSUCHUNG

DIE GROSSE VERSUCHUNG“ von Don McKellar (Kanada 2012; B: Michael Dowse, Ken Scott; K: Doug Koch; M: Francois-Pierre Lue, Maxime Barzel, Paul Étienne Coté; 113 Minuten; Start D: 10.07.2014); im Original von 2003 hieß der Streifen originalübersetzt „Die große Verführung“ („La grande séduction“), war damals, im Sommer 2003, ein großer Publikumserfolg in Quebec und wurde beim renommierten „Sundance Festival“ mit dem „Publikumspreis“ bedacht. Das Remake, das für vier kanadische „Oscars“, den „Screen Awards“, nominiert war und dem alten kanadischen Haudegen GORDON PINSENT in der Rolle des verschrobenen Simon die Nebendarsteller-Trophäe einbrachte, wurde nun im hiesigen Titel auf „Die große Versuchung“ scherzbetonend umgepolt und schwächt damit die hintergründigen Absichten der Dorfbewohner in einem ziemlich „anfälligen“ Kaff in Neufundland um „das Frivole“ ab.

Aber der Reihe nach: Wenn Sie mal vor vielen Jahren die britisch-irische Köstlichkeit „Lang lebe Ned Devine!“ gesehen und gemocht haben (GB/Irland 1998), dann werden Sie auch bei dieser verschrobenen Kauzigkeit Vergnügen empfinden. Wir befinden uns abseits der Welt. In Teakle Head, einem Küsten-Ort auf einer Insel vor Neufundland. „Es ist ein Hafen, kein Dorf“, heißt es hier gegenüber Gestrandeten. Nachdem die Fischerei aus Mangel an Fischen vor längerer Zeit aufgegeben werden musste, leben die überschaubaren Einwohner, mal sind es 151, dann aber auch schon mal „mehr“, vom monatlichen Sozialscheck. Ansonsten ist vieles, eigentlich alles hier, trist. Annonciert zwischen Resignation und Alkohol. Deshalb hauen DIE, die die Chance kriegen, ab. Um auf dem Festland zu arbeiten. Als ein Ölkonzern ankündigt, dass er unter bestimmten Bedingungen bereit wäre, eine Fabrik auf der Insel errichten zu wollen und damit für Arbeit und Lohn zu sorgen, ist Ortsvorsteher Murray French (BRENDAN GLEESON) aufgescheucht. Der listige Grantler, der seine Ehefrau gerne wieder zu Hause und nicht in der fernen Stadt arbeiten wüsste, will die „Herausforderungen“ annehmen, um diese vermaledeiten Bedingungen – egal wie – zu erfüllen. Als da wären:

A) Es muss ein Arzt hier her. Nicht für kurze Zeit, sondern für immer.
B) Die Anzahl der Inselbewohner muss mindestens 220 umfassen.
Und C) Für den Zuschlag erwartet der Boss des Ölmultis ein reichliches Schmiergeld. 100.000 Dollar.

Zufälligerweise arbeitet der ehemalige Bürgermeister von Teakle Head jetzt auf dem Festland bei der Flughafenpolizei. Erwischt dort den jungen dynamischen wie mondänen Schönheitschirurgen, Dr. Paul Lewis (TAYLOR KITSCH), mit Koks im Gepäck. Vereinbart mit ihm einen Deal: Vier Wochen quasi „Sozialdienst“ auf Teakle Head und alles ist übersehen. Der Doktor bewegt sich Richtung „Insel-Paradies“, wo die guten Bürger sich daranmachen, ihn erst per Internet (mühsam) und dann bei seinen Festnetz-Telefonaten (rätselhaft) nach seinen „Wünschen“ abzuklopfen. Damit er sich stets wohlfühlt und schließlich hierbleiben möge. Also wird auf Teakle Head plötzlich wie leidenschaftlich gern „Kricket“ gelernt und, na ja, gespielt, weil doch Dottore in seiner Freizeit ein begeisterter Kricket-Champion ist. (Dabei, wir befinden uns in Kanada, wo ist wahre Lieblings(zuseh)sport natürlich Eishockey ist).

Und es ergeben sich weitere kuriose Aktionen, zum Beispiel in Sachen Kochen. Sprich: das missverstandene Lieblingsessen. Oder DAS mit dem Fischen. Auf See. Motto: Ein (ein-)gefrorener Fisch wird per Tauchaktion an die Angel von Paul „befördert“. Oder auch DAS mit den liebreizenden Andeutungen. In Richtung schöne, alleinlebende und vermeintlich paarungswillige Postmamsell. (Die davon nichts ahnt). Zudem wird auch der einzige Bankbeamte hier zünftig in die Mangel genommen, um die Foppereien und Träumereien der Gemeinschaft in die gewünschten Finanz-Bewegungen zu kriegen. Aber, es gilt nicht nur den guten Doktor bei Laune zu halten, sondern auch die anreisenden Manager der Ölfirma zu überzeugen.

Ein bisschen (zu) glatt, gewiss, aber hübsch knurrig- launig erzählt. Und mit prächtigen schrulligen Folk-Typen durchtränkt. Die lakonisch wie trickreich „ihr Ding“ durchziehen. Obwohl sie oft nur „Bahnhof“ (miss-)verstehen, aber tapfer mit- und durchhalten. BRENDAN GLEESON, unvergessen in „Brügge sehen…und sterben?“ (2008) oder als rotziger irischer Insel-Bulle in „The Guard – Ein Ire sieht schwarz“ (2011) eine großartige schwarzironische Kraftperle, führt diese Figurenmischung aus Insel-Muppets und Schlaumeier-Prekariat pfiffig-lakonisch an. Hält Thema und Laune „bei der Stange“. Obwohl es bisweilen zu sehr nach Gut-Menschen und Heile Weltlösung riecht.

Der auch als Schauspieler („Roadkill“; „eXistenZ“), Drehbuch-Autor („Die Stadt der Blinden“) tätige Regisseur Don McKellar, 50, seine bekanntesten Filme sind „Die rote Violine“ (1998), vor allem „Last Night“ (1998) und „Childstar“ (2004), schuf einen gefälligen subversiven Unterhaltungsfilm (= 3 PÖNIs).

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